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Ausstellung im Karlsruher Oberlandesgericht zeigt Rastatter Prozesse

Die Prozesse wurden in Rastatt ab 1945 vor Richtern der französischen Besatzungsmacht durchgeführt. Eröffnet wurde die Ausstellung mit einem Vortrag der Freiburger Rechtsassessorin Marlene Kottmann.

Eine Frau und ein Mann stehen vor einer Wand mit mehreren Aufstellern zu den Rastatter Prozessen.
Im Oberlandesgericht Karlsruhe zeigt eine Ausstellung die Prozesse gegen die Nazis, die in Rastatt ab 1945 vor Richtern der französischen Besatzungsmacht durchgeführt wurden. Foto: Jörg Donecker

Die Nürnberger Prozesse sind bekannt, auch die Frankfurter Auschwitz-Prozesse zwei Jahrzehnte später, die einen wichtigen Beitrag zur Aufklärung über die Vernichtungslager leisteten.

Weniger bekannt ist, dass auch an vielen anderen Orten in Deutschland Prozesse geführt wurden, die die Taten des NS-Regimes aufklärten und die Verbrechen sühnten: „Den Alliierten verdanken wir nicht nur die Befreiung, sondern auch die juristische Aufarbeitung“, sagte am Freitagnachmittag der Präsident des Oberlandesgerichts Karlsruhe, Jörg Müller.

Mit sachlichen, scharfen Worten eröffnete er eine Ausstellung, die sich mit den Rastatter Prozessen beschäftigt: „Warum gibt es diese Ausstellung jetzt? Es gibt viele aktuelle Anlässe: das Erstarken rechter Kräfte, die gegen alles sind, was anderes aussieht, anders glaubt, anders lebt“, stellte er fest: „Unsägliches wird schamlos propagiert, der Holocaust wird als ‚Fliegenschiss‘ verharmlost, Vertreibung von Millionen wird diskutiert, das Hinausdefinieren von Menschen hat wieder begonnen.“ Und das Schlimmste: „Diese Gedanken fressen sich immer tiefer in die Mitte unserer Gesellschaft hinein.“

Verbrechen geschahen auch hier in der Region

Die Ausstellung über die Rastatter Prozesse, die vom Bundesarchiv organisiert wurde, zeigt auf 20 Stellwänden ihre Geschichte, dem Kontrollratsgesetz Nr. 10, der Rolle der verschiedenen Besatzungsmächte, vom Außenlager des KZ Natzweiler in Iffezheim, nur 700 Meter vom Dorf entfernt.

„Wie in vielen anderen deutschen Städten und Gemeinden ist die Bevölkerung Zeuge von Repression und Ausbeutung“, so steht es auf einer Tafel. Denn die Häftlinge mussten etwa für Mercedes-Benz Zwangsarbeit leisten und unter anderem im Bahnhof Baden-Oos Züge beladen.

Auf anderen Tafel wird von der Aufmerksamkeit der Medien in Frankreich und Deutschland berichtet, bis hin zum „Spiegel“ und der Neuen Berliner Illustrierten, deren Überschrift lautete: „555 Henker vor ihren Richtern“.

Der Eröffnungsvortrag von Marlene Kottmann beleuchtete die historischen und rechtspolitischen Hintergründe. Sie machte klar, dass die Rechtsgrundlagen für Prozesse wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit kurz zuvor erst geschaffen worden waren.

Sehr detailliert und informativ beschrieb sie die Lager, in denen etwa für Daimler-Benz Zwangsarbeit geleistet werden musste, die Vorgehensweise in der französischen Besatzungszone, die sich von der in der englischen und amerikanischen unterschied, wo es etwa keine Berufungsmöglichkeit gegeben hat.

Sie referierte den Aufbau der Gerichte, die Zahl und Art der Urteile, dass es anfangs mehr Todesurteile gegeben hat, dass die deutsche Justiz später bei Gnadengesuchen geholfen hat, oder, dass es auch deutsche Gerichte gegeben hat, die NS-Verbrecher den Prozess machen konnten. Und dass es Richter gegeben hat, die noch auf der Grundlage der Gesetze von 1933 urteilen wollten. Die Ausstellung ist zu den normalen Öffnungszeiten zugänglich.

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