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Überrascht vom Ausgang

So erklären sich Italiener in Ettlingen den Wahlsieg des Rechtsbündnisses

Politischer Rechtsruck in Italien – was nun? Italiener in Ettlingen äußern ihre Meinung zum Ausgang der Parlamentswahl und versuchen zu erklären, warum es aus ihrer Sicht soweit gekommen ist.

Diskussion
Diskussionsstoff: Kfz-Meister Pietro Laudicino (links) im Gespräch mit Kunde Markus Pfeil zum Ausgang der Italien-Wahl. Foto: Rainer Obert

Pietro Laudicina zuckt mit den Schultern. Auf den Ausgang der Parlamentswahl in Italien angesprochen, sagt der Chef vom Ettlinger Autoservice-Laudicina: „Ich habe gehofft, dass es nicht passiert.“

Aber es ist passiert und beschäftigt auch die Italiener in Ettlingen: Dass die Wahlallianz aus Giorgia Melonis Fratelli d’Italia („Brüder Italiens“), der Lega Matteo Salvinis und Silvio Berlusconis Forza Italia mit großer Mehrheit die Wahl gewonnen hat, sei für ihn weniger Protest.

„Italiener sind halt käuflich“, meint er und zieht die Augenbrauen hoch. „Das war schon bei den Alten Römern so.“ Viele Versprechungen habe Giorgia Meloni gemacht und werde dann gewählt – das sei schon bei Berlusconi damals so gewesen. „Und da ist auch nichts dahinter.“

Perspektivlosigkeit ist ein Punkt

Probleme habe Italien genug, betont Laudicina auch im Gespräch mit Kunde Markus Pfeil. Erzählt von seiner Schwägerin, die in Italien im Supermarkt arbeitet, Schichten schiebt die ganze Woche und nur so viel verdiene wie ein Lehrling. Viel werde in seiner Heimat am Staat vorbeigeschafft, viele Junge sähen keine echte Perspektive.

Das hält nicht länger als vier bis sechs Monate.
Michele Poerio, Unternehmer in Ettlingen

Wie Laudicina hofft und glaubt auch der Ettlinger Michele Poerio, dass die politische Machtsituation nicht wirklich von Dauer ist, wie dies schon öfter in Italien der Fall war. „Sie wissen doch, wie das in Italien ist. Das hält nicht länger als vier bis sechs Monate. Das ist das einzig beruhigende.“ Mit Mario Draghi habe man „den besten Politiker der Welt“ schon als Ministerpräsident gehabt, bis der zurücktrat, „ein stolzer Mann.“

Eiscafe Betreiber
Enttäuscht: Roberto Renon, Betreiber des Eiscafé Pierod, bewertet die Wahl. Foto: Rainer Obert

Den ehemaligen Präsidenten der Europäischen Zentralbank hätte auch Roberto Renon gerne wieder als Wahlmöglichkeit gehabt. „Es war dieses Jahr schwierig, was man wählen soll“, betont der Betreiber des Eiscafé Pierod am Ettlinger Kirchplatz, dessen Familie aus der Lombardei kommt.

Holt die Wirklichkeit die Regierung schnell ein?

„Ganz viele Leute sind in Italien nicht zufrieden.“ Renon sieht Protestwähler einerseits und Nichtwähler andererseits als Ursache des Wahlergebnisses. Vorher könne man 1.000 Sachen sagen, doch in der Politik müsse man auch liefern. Die Menschen würden schnell merken, wie die Realität aussieht.

„Das hat sich schon seit drei, vier Wochen angedeutet“, sagt Alessandro Cataldi aus Ettlingen-Spessart zum Wahlergebnis. Ein so großer Vorsprung sei überraschend. Cataldi stammt aus Apulien und sieht unter anderem ein großes Schwarzgeld- und Steuerhinterziehungsproblem im Land.

Verstärkter Populismus wird erwartet

Die Linke habe vor der Wahl keine tragbare Koalition präsentiert. Eigentlich sei Italien ja „politisch ein Land der Mitte und der Pragmatiker.“ Eine rechtsradikale Politik erwartet Cataldi von der neuen Regierung nicht, das könne die sich gar nicht erlauben. „Aber populistische Parolen wird man hören.“

Momentan sehe es düster aus, doch wolle er möglichst positiv bleiben. Auf große Stammwählerschaften wie in Deutschland könnten die Parteien in Italien ohnehin grundsätzlich nicht verlassen. „Es kann relativ schnell gehen bis zur nächsten Wahl.“

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