Der KSC-Kult-Trainer Winfried Schäfer schätzt das anstehende Bundesliga-Finale ein, spricht über Psychologie und seine Situation.
Nach zehn Jahren Bayern München wird vielleicht Dortmund Meister – gut so?
SchäferDass es wieder spannend wird, ist überfällig. Die Bayern haben sich immer verstärkt, damals schon beim KSC Spieler aufgekauft, und sie konnten mit Drucksituationen umgehen. Du musst bereit sein, wenn die Bayern schwächeln, aber die anderen haben nie wirklich nachgezogen. Eine Dominanz über so lange Zeit ist nicht gut. Es wäre wichtig, auch für den Fußball in den unteren Klassen, für die Jugend, dass mal jemand anderes Meister wird. So ein Finale ist super.
Das heißt, Sie drücken Dortmund die Daumen, welche Taktik empfehlen Sie?
SchäferNaja, ich würde es mir wünschen. Geld macht keine guten Spieler, die Bayern haben bei der Einkaufspolitik Fehler gemacht, haben nicht die Anführer, die es braucht – dann kracht es in der Kabine. Sie haben auch keinen Neuner wie Lewandowski. Im Dortmunder Stadion wird die Hölle los sein, aber der BVB muss gegen Mainz sofort drauf gehen. Wie wir damals gegen Valencia, dass der Gegner denkt „Was ist denn hier los?“ (Anmerkung der Redaktion: 7:0-Sieg des KSC gegen FC Valencia 1993 im Uefa-Pokal-Achtelfinale). Sonst werden sie nervös, dann machst du einen Fehler und Bayern wird wieder Meister. Am Ende ist es reine Nervensache.
Oliver Kahn, ihr einstiger Ziehsohn beim KSC und heutiger Bayern-Aufsichtsratsvorsitzender, gilt als angezählt. Zu Recht?
SchäferNein, die Mannschaft ist seit der Trennung von Julian Nagelsmann unter Trainer Tuchel schlechter geworden. Aber man hatte schon vorher in Spielen das Gefühl, dass einige Spieler denken, dass es sowieso gegen die da oben geht, wenn es nicht läuft. Die Einkäufe waren nicht die Spieler, die Bayern gebraucht hat, und Oli ist nicht für den Einkauf zuständig. Ich fände es schade, wenn er über so was stolpern würde. Bayern München stand in der Tabelle auch mal hinter uns als KSC – dann hätte damals Uli Hoeneß auch zurücktreten müssen.
Zurück zum Finale: Sie sind in Ettlingen – wo und wie wird geschaut?
SchäferJa, ich bin momentan in Ettlingen. Nach meiner Station bei Al Khor SC in Katar ist noch kein neues Engagement spruchreif, aber ich habe Anfragen aus dem arabischen Raum. Ich werde voraussichtlich daheim schauen. Eigentlich sollte man die beiden Spiele beim Bundesliga-Fernduell auf zwei Fernsehern nebeneinander laufen lassen. Das wird ein Lehrstück für den Fußball.