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Neues Gehege im Oberwald

Karlsruhe bekommt eine Auswilderungsstation für Luchse – und vielleicht auch bald Raubkatzen-Babys

Bei der Wiederansiedlung von Luchsen soll Karlsruhe nun eine wichtige Rolle übernehmen: Der Zoo bekam die Zusage für ein neues Auswilderungsgehege. Jungtiere von hier könnten bald durch den Schwarzwald und andere Naturregionen streifen.

Luchs Viorel
Luchs Viorel lebt im Karlsruher Zoo. Seine möglichen Nachkommen könnten dazu beitragen, die Luchspopulation in der freien Natur stützen. Foto: Zoo Karlsruhe/Timo Deible

Der Karlsruher Zoo wird künftig Luchse auf die Auswilderung vorbereiten. Die Tiere könnten schon bald durch den Schwarzwald streifen. Ein 5.000 Quadratmeter großes Gehege soll noch in diesem Jahr im Tierpark Oberwald für die „Pinselohren“ gebaut werden, wie der Tiergarten bekannt gab. „Wir sind extrem stolz darauf, mit der Anlage diesen wichtigen Baustein für künftige Bestandsstützungen des Luchses bauen und dann auch betreuen zu dürfen“, ließ Zoo-Direktor Matthias Reinschmidt per Pressemitteilung wissen.

Verstärkung für Luchsdame Finja

Die Zusage kam vom Stuttgarter Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz von Peter Hauk (CDU). Es war auch verantwortlich für die Freilassung von Finja – so heißt das erste ausgewilderte Luchsweibchen im Land. Vorigen Dezember wurde es im verschneiten Schwarzwald freigelassen, und zwar im Streifgebiet des einsamen Luchsmännchens Toni. Die Hoffnung ist, dass die beiden den ersten frei lebenden Nachwuchs im Südwesten zeugen.

Aktuell gibt es zwei bis fünf männliche Luchse, sogenannte Kuder, im Schwarzwald.
Eva Klebelsberg
Leiterin von „Luchs Baden-Württemberg“

Verstärkung soll folgen: Bis zu zehn Luchsdamen werden bis 2027 im Schwarzwald ausgewildert, denn bisher leben nur Luchs-Junggesellen hierzulande. „Aktuell gibt es zwei bis fünf männliche Luchse, sogenannte Kuder, im Schwarzwald“, erklärte Eva Klebelsberg, Leiterin von „Luchs Baden-Württemberg“ an der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt (FVA) anlässlich der Karlsruher Neuigkeit. Aus der Schweiz seien die Tiere nach Baden-Württemberg eingewandert. Ohne Anschub durch den Menschen schafft es der Luchs kaum, den Schwarzwald wieder zu besiedeln, fürchten die Luchsförderer. Vor rund 200 Jahren hat der Mensch die Raubkatze mit den Pinselohren hier ausgerottet.

Luchskatze Finja
Luchskatze Finja rennt nach dem Öffnen der Transportbox in den verschneiten Schwarzwald. Mit der Auswilderung des ersten Luchsweibchens in Baden-Württemberg ist im Dezember 2023 der Aufbau einer Luchspopulation gestartet worden.

Wie schlägt sich ein Luchs allein in der Wildnis durch? Darauf sollen sich die Tiere im Karlsruher Waldgehege vorbereiten. Nicht unbedingt für ein Leben im Schwarzwald. Auch naturnahe Landschaften anderer Bundesländer und europäischer Staaten kommen in Frage. Anstoß für das Projekt in Karlsruhe ist zwar das Luchs-Wiederansiedlungsprogramm des Landes Baden-Württembergs, doch es ist zugleich in das Zuchtprogramm des Europäischen Zooverbands (EAZA) eingebunden.

Ursprünglich war nur vorgesehen, dass Karlsruhe wissenschaftlich die Luchs-Aussiedlungen mit betreut. Doch möglicherweise sorgen die Luchse Eva und Viorel im Karlsruher Zoo für einen ersten Bewohner der neuen Anlage.

Das Karlsruher Luchspaar Eva und Viorel ist in der Vorauswahl

 „Mit dem neuen Paar sind wir in der Vorauswahl“, erklärt Zoo-Sprecher Timo Deible im Gespräch mit dieser Redaktion. Die Luchsdame und ihr Kuder bringen die geeigneten Gene mit. Ob ein gemeinsames Jungtier der beiden am Ende tatsächlich für die Auswilderung ausgewählt wird, sei aber offen, betont Deible: „Das weiß man nicht.“ Denn: Mehr als 20 Zuchtpaare gehören europaweit zu den Kandidaten für Luchsauswilderungen.

Gibt es bald Luchs-Babys im Zoo? Ein blutiger Nackenbiss zeugt von einer Paarung

Das Männchen Viorel zog erst im Februar aus dem Zoo Magdeburg nach Karlsruhe um. Nahe gekommen ist der Kuder seiner Eva jedenfalls schon. „Eine Paarung wurde bislang beobachtet“, sagt Zoo-Sprecher Deible. Das Luchsweibchen trägt auch blutige Spuren davon: Bisswunden im Nacken. Bei Katzen gehört ein Nackenbiss zum instinktiven Paarungsverhalten – das Männchen hält sich auf diese Art fest.

Luchsbabys könnten also im Mai oder Juni im Karlsruher Zoo zur Welt kommen. „Es wäre schön, wenn Nachwuchs käme“, sagt Deible – ob die Paarung erfolgreich war, ist aber derzeit offen. Das Zeitfenster für Fortpflanzungsversuche schließt sich bald wieder: Die sogenannte Ranzzeit der Luchse dauert von Februar bis Ende März.

Für die Auswilderung kommen nur Jungtiere in Frage.
Timo Deible
Sprecher des Karlsruher Zoos

Ob nun ein Kind von Eva und Viorel oder andere Tiere in das neue Gehege einziehen – eines ist klar: „Für die Auswilderung kommen nur Jungtiere in Frage“, erklärt Deible. Bei der Mutter bleiben die kleinen Luchse etwa sechs bis acht Monate. Ein halbes bis ein dreiviertel Jahr lang sollen die ausgewählten Tiere dann im Auswilderungsgehege auf ein Leben jenseits von Zäunen vorbereitet werden. „Es gibt keinen direkten Kontakt zu Besuchern – und der Kontakt zu den Mitarbeitern wird auf ein Minimum beschränkt“, sagt Deible.

Ganze Rehe als Futter

Zubereitetes Futter wird es nicht geben. Möglichst naturnah sollen die Luchse ernährt werden. „Dafür kommen vor allem Rehe in Betracht, die zwar tot, aber als ganzer Körper den Tieren zur Fütterung gereicht werden“, teilte der Karlsruher Zoo-Tierarzt Marco Roller mit. Dabei arbeite der Zoo mit den Jägern in Karlsruhe und der Region zusammen: Die bekämen immer wieder Wild gemeldet, welches bei Verkehrsunfällen getötet wurde.

Auswilderungstraining in Hörweite der A5

Abseits der Besucherwege soll das Auswilderungsgehege entstehen. Von Ruhe kann generell aber nicht die Rede sein – angesichts der nahen Autobahn 5. Der Lärm störe das Projekt jedoch nicht, erklärt Zoo-Sprecher Deible. Auch an den Hängen des Schwarzwaldes halle Verkehrslärm wider. Im Sommer sei es mit dem Motorradlärm besonders schlimm. Die Luchse müssten in jedem Fall damit umgehen können. „Wir haben keine reinen Naturräume mehr“, betont Deible.

Rund 300.000 Euro soll das neue Luchsgehege mit vier etwa gleich großen Lebensräumen kosten. Neben dem Land und der Artenschutzstiftung des Karlsruher Zoos schießt auch die Naturschutzorganisation WWF Geld für die Auswilderungsstation zu. Der genaue Baubeginn in diesem Jahr steht noch nicht fest. Doch Deible versichert: „Die Ausschreibung soll relativ bald erfolgen.“

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