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Städtische Galerie Karlsruhe

Hanna-Nagel-Preis: Warum Sasha Koura für ihre Kunst altes Papier neu verwendet

Der Hanna-Nagel-Preis in Karlsruhe geht an eine Spurensucherin: Die Künstlerin Sasha Koura montiert aus weggeworfenen Papiererzeugnissen teils großformatige Wandarbeiten.

Sasha Koura, Hanna-Nagel-Preisträgerin 2023.
Spurensuche betreibt die Hanna-Nagel-Preisträgerin Sasha Koura in ihrer Kunst, die nun in der Städtischen Galerie Karslruhe zu sehen ist. Foto: Städtische Galerie Karlsruhe

Papier, so weit das Auge reicht: Buchrücken, Zeugnisse und Umlaufmappen sind nur einige Beispiele für die Fundstücke, die Sasha Koura in ihren Kunstwerken weiterverarbeitet, die nun in der Städtischen Galerie Karlsruhe zu sehen sind. Die 1970 in London geborene Künstlerin, die seit 2010 in Baden-Baden lebt und arbeitet, ist diesjährige Preisträgerin des Hanna Nagel-Preises. Mit der Auszeichnung geht nicht nur das Preisgeld, sondern auch die Ausstellung und die Herstellung des Katalogs einher. Der 1998 erstmals verliehene Preis richtet sich an Künstlerinnen, die im Regierungspräsidium Karlsruhe wohnen und älter als 40 Jahre sind.

„Trace Evidence“ lautet der Titel der Ausstellung. Frei übersetzt bedeutet dies „Spuren des Seins“. Das ist insofern passend, als Koura auf künstlerische Art und Weise das, was Menschen einst wichtig gewesen ist, wachhält und den Betrachter gleichzeitig dazu einlädt, diesen Spuren nachzuspüren. Wobei die Erzeuger selbst im Ungefähren bleiben.

Für Sasha Koura spielt Recycling eine große Rolle

Das hängt elementar mit der Arbeitsweise der Künstlerin zusammen: Sie findet Papiererzeugnisse auf dem Sperrmüll und folgt in ihrem künstlerischen Schaffen der Idee von Reversibilität, also Umkehrbarkeit. Hierbei ist sie von dem zeitgemäßen Wunsch beseelt, durch ihr Kunstschaffen die Menge menschlicher Hinterlassenschaften nicht weiter anwachsen zu lassen.

Das Thema Recycling spielt für sie daher eine Rolle. Zugleich nennt sie selbst die Concept Art als wichtigen Ideengeber, was bei der zurückhaltenden Farbigkeit, des interpretatorischen Spielraums und der Projektionsflächen, die sie lässt, nachvollziehbar ist. Indem sie konsequent den Bilderrahmen verweigert, macht sie zudem die Flüchtigkeit des Seins und die eigene Unendlichkeit auf höchst ästhetische Weise erfahrbar.

Sasha Koura folgt ihren Prinzipien

Aktenordner mit Zeugnissen waren Ausgangspunkt für ihre Wandarbeiten, denen sie den treffenden Titel „Tücher“ gegeben hat. Denn indem sie die Einzelblätter Stoß an Stoß zu einer großen Fläche zusammenfügt, wirken sie auf die Ferne zumindest wie Stoffbahnen. Bei näherem Hinsehen drückt sich das Wort „Zeugnis“ an verschiedenen Stellen durch, ebenso „Düsseldorf“ und „Winterhalbjahr 1910/11“.

Unverändert verwendet und doch durch die rückseitige Präsentation zumeist nicht lesbar – das ist eines der Prinzipien, denen die Künstlerin beharrlich folgt. So auch in der monumentalen Installation „Deutsche Märchen“. Hier ziehen einzelne Papierseiten ins Thema hinein, der Rest ist dann freie Assoziation. An den nachlässig abgerissenen Buchdeckeln, ebenfalls rückseitig präsentiert, wird Widerstand wach. Und doch führt Koura nur vor Augen, dass die mehr oder minder nachlässige Entsorgung nicht nur von Dokumenten, sondern auch von Büchern längst gängige Praxis ist. Ihr „großes Glück“, so Koura, denn nur so kommt sie an die Materialien für ihre Kunstwerke heran und betätigt sich damit als Spurensucherin unseres Alltags.

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