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Musik mit gesellschaftlicher Botschaft

Israelische Band gibt Gastspiel voller Energie in Karlsruhe

Die Formation Haze’evot ist keine gewöhnliche Rockband: Sie kommt aus Israel uns ist rein weiblich besetzt. Nach einem Konzert im P8 Karlsruhe sprachen die Musikerinnen über ihr Selbstverständnis, Israel und die Rolle der Musik.

Die israelische Frauenband Haze’evot im P8 Karlsruhe.
Songs mit viel persönlichem Ausdruck bietet die israelische Frauenband Haze’evot, die oft durch Deutschland tourt und nun in Karlsruhe im P8 Station machte. Foto: Paul Needham

Wölfinnen nennen sie sich, Haze‘evot. „Sehr passend“, meint Yifat Balssiano, Sängerin und Gitarristin der israelischen Band, „denn unser Weg ist wie der Weg von Wölfen, wir sind wie ein Rudel. Halten zusammen, verteidigen uns.“

Und Talia Ishai, die Bassistin, wirft ein: „Und bei Vollmond verändern sie sich“. Alle lachen: Vollmond war am Tag vor ihrem Auftritt im Karlsruher P8, aber zu Werwölfinnen sind sie nicht geworden.

Nicht zum ersten Mal sind sie hier, durch Deutschland tourt die Band regelmäßig. Ihre Bühnenenergie springt sofort über, ihre Musik speist sich aus Punk und hartem Rock, gemischt mit etwas Indie, Funk und Disco. Ihre Texte sind allerdings nicht auf Englisch, sondern auf Ivrit: „Das ist unsere Sprache“, sagt Talia, „wir reden in ihr, wir träumen in ihr.“

Die Band sieht Musik als internationale Sprache

Yifat, die die meisten Songs schreibt, sagt noch: „In einem neuen Lied haben wir sogar ein deutsches Wort, da heißt es: I will not let you touch my Schmetterling.“ Und wieder lachen alle. „Aber die Sprache ist kein Problem, die Menschen, die uns erleben, verstehen die Energie. Es geht uns genauso: Wenn wir Bands aus Schweden oder der Ukraine hören, verstehen wir die auch ohne die Worte.“

Es geht vor allem darum, wie ich als Mensch durch die Welt gehe.
Yifat Balssiano
Sängerin bei Haze’evot

Es geht in ihren Liedern um zwischenmenschliche Beziehungen, um Sex und sexuelle Belästigungen, um Träume und Gefühle, alltägliche Beobachtungen und das Leben junger Frauen. „Es geht vor allem darum, was ich sehe, was ich fühle. Wie ich als Mensch durch die Welt gehe“, sagt Yifat, „um die Spannung zwischen meinem Inneren und der Welt draußen.“

Die weibliche Perspektive der Songs schließt Männer nicht aus

Natürlich schreibt sie aus einer weiblichen Perspektive, aber sie schließen Männer nicht aus: „Jeder hat sein Gepäck zu tragen, Männer dürfen nicht weich sein, nicht weinen. Israelis, die beim Militär waren, kommen manchmal mit einem Trauma zurück und werden damit alleingelassen.“

Beide Geschlechter sind in ihren Rollen eingesperrt. Deswegen mögen sie es auch nicht, als Frauenband bezeichnet zu werden: „Was ist denn weibliche Rockmusik?“, fragt Hen Yair, die Schlagzeugerin.

Die traditionellen Rollen wollen sie aufbrechen. Deshalb ist das Wichtigste für sie, authentisch zu sein: „Im Text, in der Art, wie wir leben und arbeiten und auch, wie wir auf der Bühne sind.“ Mit ihrem Auftreten und ihren Auftritten wollen sie die Menschen überzeugen, sie selbst zu sein, sich auszudrücken, wann und wie sie können.

So kann es auch vorkommen, dass auf der Bühne plötzlich eine der anderen Musikerinnen singt, wenn sie Lust dazu haben: „Und da bricht die Show auch nicht zusammen“, sagt Hen: „Alles kann passieren.“

Unsere Musik ist dazu da, das Bewusstsein zu verändern.
Nofar Tan
Gitarristin bei Haze’evot

Dass sie mit den Regeln spielen und immer wieder durchbrechen, ist Teil des Programms und ihrer Persönlichkeiten. Das sehen sie auch als ein politisches Statement: „Wir stehen auf der Bühne und machen, was wir wollen“, sagt Yifat, „wir entschuldigen uns nicht für das, was und wie wir sind: Wir sind verletzlich und voller Power.“

Und hoffen, damit eine Art Vorbild zu sein: „Unsere Musik ist dazu da, das Bewusstsein zu verändern“, sagt die Gitarristin Nofar Tan, „die Kultur und das Verhalten der Menschen.“

Band sieht etliche Probleme in ihrem Heimatland Israel

„Israel is a mess“, sagt Talia vehement: „Israel ist ein Durcheinander, ein Schlamassel.“ Es gibt viele Probleme mit religiösen Gruppen, in Deutschland sei man da viel weiter. Sie selber haben Glück: „Wir sind frei, wir können das tun, was wir wollen.“

Natürlich ist es schwierig, Geld und Unterstützung zu bekommen, und es gibt Städte, in denen sie nicht auftreten würden. Dabei ist es ihnen egal, wie andere leben, aber wenn jemand über andere bestimmen will, wehren sie sich.

Deswegen leben sie in Tel Aviv, einer offenen Stadt, und sie leben und arbeiten zusammen, lernen voneinander, auch musikalisch: Musik hat keine von den 27- bis 31-jährigen Frauen studiert.

Terroranschlag vom 7. Oktober: „Das war ein Horror“

Der Terroranschlag der Hamas am 7. Oktober hat ihnen auch gezeigt, wie wichtig es ist, Respekt zu zeigen. Ende Oktober tourten sie durch Deutschland, und in Berlin hat ein Zuhörer gefordert, sie sollten „Free Palestine“ sagen. „Ich habe ihn verstanden“, erzählt Talia, „ich habe ihn gefragt, was mit der Ukraine oder dem Iran ist.“

Sie haben sich lange unterhalten, das Gespräch endete mit einer Umarmung. Dennoch: „Der 7. Oktober war ein Horror. Das hat so viel verändert.“ Unschuldige Zivilisten auf beiden Seiten, die nichts damit zu tun haben, würden leiden. Sie wollen Freiheit für alle.

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