
Wie können Kinder in Kitas vor Grenzverletzungen geschützt werden? Einen Leitfaden hierzu liefert das sogenannte Gewaltschutzkonzept, das seit vergangenem Jahr in den Kitas in Baden-Württemberg sukzessive umgesetzt wird.
„Kinder müssen in Kindertageseinrichtungen vor seelischer, geistiger, körperlicher und sexueller Gewalt geschützt werden und bei ersten Anzeichen einer Kindeswohlgefährdung Hilfe bekommen“, heißt es dazu in einem entsprechenden Papier des baden-württembergischen Kultusministeriums.
Mögliche Gefahrenquellen wurden in Karlsruhe untersucht
In den evangelischen Kitas in Karlsruhe ist der Prozess bereits abgeschlossen. „Nach einem Jahr intensiver Arbeit wurde ein Kita-individuelles Gewaltschutzkonzept erarbeitet“, sagt Ulrike Pönisch von der Evangelischen Kirche in Karlsruhe.
Als Anerkennung für die Arbeit hat die Kirche den Erzieherinnen und Erziehern jetzt entsprechende Zertifikate überreicht.

In jeder Einrichtung wurde individuell ein Schutzkonzept entwickelt. „Dafür wurden beispielsweise die Räume der Einrichtung durchgegangen, um zu sehen, ob hier potenzielle Gefahrenquellen liegen“, erklärt Pönisch.
Gerade in Schlaf- oder Wickelräumen müssten die Kinder besonders geschützt sein.
So sei es etwa im Wickelraum wichtig, einerseits das Kind vor Blicken zu schützen. Gleichzeitig müsse die Fachkraft „unter Aufsicht“ sein, indem der Raum offen zugänglich ist – „auch zum Selbstschutz der Fachkraft“, wie Pönisch sagt.
Zudem gehe es auch um das korrekte Verhalten dem Kind gegenüber, hier sei entscheidend, wie mit dem Kind gesprochen wird. Die Frage sei: „Welche Ansprache ist grenzverletzend?“
Ein entsprechender Verhaltenskodex wurde in dem Gewaltschutzkonzept festgeschrieben. Auch zum Verhalten der Kinder untereinander gibt es Richtlinien. Zudem wurde ein Beschwerdeverfahren für Kinder, Eltern und Fachkräfte erarbeitet.
Umgesetzt werden muss das Konzept in sämtlichen Karlsruher Kitas. „Wir arbeiten parallel am Gewaltschutzkonzept“, sagt Ulrike Tiedtke, Sachgebietsleiterin Tageseinrichtungen für Kinder bei der Katholischen Gesamtkirchengemeinde Karlsruhe. Der allgemeine Teil werde zentral unter Beteiligung der Leitungskräfte geschrieben und dann überall eingeführt. Eine Fertigstellung sei noch im November geplant.
Die Kindergärten erarbeiteten parallel die spezifischen Teile und sollen bis Jahresende fertig sein. „Dann wird alles zusammengefügt“, so Tiedtke weiter. Einzelne Inhalte wende man aber seit Längerem schon an, so gebe es etwa Schulungen zum „grenzachtenden Umgang“.
Wir wollen Handlungssicherheit für die Fachkräfte schaffen.Ulrike Tiedtke
Katholische Gesamtkirchengemeinde
Laut Tiedtke enthält das Gewaltschutzkonzept Ablaufschemata zur Intervention genauso wie rechtliche Rahmenbedingungen, ein Beschwerdekonzept und ein sexualpädagogisches Konzept. „Wir wollen Wissen vermitteln und Handlungssicherheit für die Fachkräfte schaffen“, erklärt Tiedtke. Als einziger Träger in Baden-Württemberg habe man auch die Eltern an der Erstellung beteiligt.
„Kinderschutz ist in unserer Arbeit mittlerweile zentraler Dreh- und Angelpunkt“, so die Sachgebietsleiterin weiter. Dies sei besonders in herausfordernden und belastenden Situationen bei Personalmangel unabdingbar.