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Bessere Arbeitsbedingungen

Köln als Vorbild: Fraktion KAL/Die Partei will Karlsruher Straßenstrich schöner machen

Beim Thema Straßenstrich sieht das bürgerliche Karlsruhe oft weg. Allerdings arbeiten anschaffende Frauen häufig unter unwürdigen Arbeitsbedingungen. Wie sich das ändern könnte.

Prekäre Arbeitsbedingungen: Die nächtliche Tätigkeit auf dem Straßenstrich – im Bild die Ottostraße – ist für Prostituierte mit Gefahren und Zumutungen verbunden. Jetzt soll es darüber eine Debatte im Gemeinderat geben.
Die nächtliche Tätigkeit auf dem Straßenstrich ist für Prostituierte mit Gefahren und Zumutungen verbunden. Foto: Jörg Donecker

Die Zustände an den Karlsruher Spielorten der Straßenprostitution sind oft katastrophal: Unter der Bahnbrücke an der Wolfartsweierer Straße nahe der Hauptwache der Feuerwehr finden sich gebrauchte Kondome und ebensolche Feuchttücher, Müll liegt neben Glasscherben, alten Autoreifen und Exkrementen.

An Fautenbruch- und Mittelbruchstraße ist die Situation kaum besser, und auch im Gebüsch entlang der Ottostraße zeugen unschöne Hinterlassenschaften von der harten Lebenswirklichkeit der Sexarbeiterinnen.

Die stehen entsprechend den Regularien des Ordnungsamts Abend für Abend pünktlich ab 22 Uhr an den einschlägigen Örtlichkeiten parat, um mit Freiern ins Geschäft zu kommen.

„Es ist nicht hinnehmbar, unter welch unwürdigen Bedingungen die Frauen dort arbeiten“, klagt Lüppo Cramer. Der Stadtrat der Karlsruher Liste (KAL) tritt deshalb für bessere Bedingungen und mehr Sicherheit auf dem Straßenstrich ein. Die Fraktion von KAL/Die Partei will das Thema nächstens im Gemeinderat diskutieren.

Dazu haben die Fraktionsmitglieder für die Sitzung am Dienstag, 27. September, einen Antrag ersonnen, mit dessen Hilfe die prekäre nächtliche Sexarbeit zumindest ein klein wenig zumutbarer gestaltet werden könnte – sofern man das überhaupt sagen kann.

Kondom-Automaten in Karlsruhe aufstellen

Der Fraktion schwebt ein großer und zentraler Straßenprostitutionsbereich vor, der gut gepflegt und sauber ist – und den Kunden der meist südosteuropäischen Dienstleisterinnen als Anlaufstelle bekannt.

Dort solle es Mülleimer geben, Kondom-Automaten und gute Beleuchtung. Damit sexuelle Dienstleistungen nicht ausschließlich im Auto stattfinden müssen, setzt die Gemeinderatsfraktion auch auf sogenannte Arbeitsnischen. Eine solche Lösung gibt es etwa in Köln. Das hätte aus Sicht der Prostituierten Vorteile: In brenzligen Situationen gelänge ihnen so schneller die Flucht.

Außerdem wären so etwaige Hilferufe besser zu hören. Auch ein Frauencafé als Aufenthaltsort fänden die Antragsteller nicht schlecht. Dort könnte es Getränke und Essen geben, Toiletten, Duschen und Beratung.

Diese Vorschläge entsprechen exakt den Wünschen der Prostituierten. Das hat eine Umfrage erwiesen, die das Diakonische Werk Karlsruhe unter den Sexarbeiterinnen gemacht hat. Man begrüße den Antrag der Fraktion, sagt Diakonie-Direktor Wolfgang Stoll.

Das Diakonische Werk hat mit seiner Beratungsstelle „Luise“ einen engen Draht zu den betroffenen Frauen. Bei der aufsuchenden Arbeit am Straßenstrich hatten die Fachleute der Diakonie bislang Kontakt zu 192 von ihnen.

Köln-Niehl soll Karlsruhe als Vorbild dienen

Und noch etwas fordern die Antragsteller: die Gründung eines Arbeitskreises „Straßenprostitution“. Dort sollen Vertreter aus Politik, Stadtverwaltung und Beratungsstellen gemeinsam einen kontinuierlichen Blick auf die Lebenswirklichkeit am Straßenstrich haben und die dortige Lage möglichst erträglicher machen.

Die Stadtverwaltung hält einen solchen Arbeitskreis aber für entbehrlich. Mit der „Fachgruppe Prostituiertenschutzgesetz“ habe man bereits einen Arbeitskreis, in dem sich Fachleute zum Thema austauschen könnten, argumentiert man im Rathaus.

Ignorieren hilft nicht.
Michael Haug, KAL-Stadtrat

Man müsse den Prostituierten ein sicheres und menschenwürdiges Arbeitsumfeld anbieten, unterstreicht KAL-Stadtrat Michael Haug: „Ignorieren hilft nicht.“ Mit ihrem Vorstoß orientiert sich die Fraktion KAL/Die Partei an guten Erfahrungen, die die Stadt Köln mit entsprechenden Maßnahmen für Straßenprostituierte gemacht habe.

Dort hat man die Szene im Stadtteil Niehl konzentriert. Es gibt in der NRW-Metropole für die Straßenprostitution ein umzäuntes Areal mit einer kreisförmig angelegten Einbahnstraße, die als „Anbahnungszone“ dient. Ausrangierte Bushaltestellen bieten den dort tätigen Frauen Wetterschutz.

Gemeinderat soll über bessere Bedingungen diskutieren

Acht getrennte Pkw-Stellplätze fungieren als Séparées, zwei weitere Boxen sind Kunden ohne Auto vorbehalten. Dahinter gibt es einen Trakt mit Toiletten und Automaten für Kondome, Tabakwaren, Snacks und Getränke. Zu diesem Bereich haben in Köln nur die Sexarbeiterinnen sowie Mitarbeiterinnen des Projekts Zutritt.

In Karlsruhe findet Straßenprostitution in der Fautenbruchstraße, der Wolfartsweierer Straße, der Otto- Fiducia- sowie Honsellstraße, der Ettlinger Allee und am Ostring statt. Ausdrücklich fordert die Fraktion eine ausführliche Debatte im Gemeinderat.

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