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Angriff begann vor einem Jahr

Putins Krieg traf Regionalwirtschaft im Raum Karlsruhe mit Wucht

Putins Angriffskrieg hat viele Auswirkungen auch auf Unternehmen zwischen Bruchsal und Bühl. Er jährt sich nun. Die Industrie- und Handelskammer Karlsruhe zieht eine Bilanz.

Zwei Portalkräne transportieren Container. Die Ausfuhren, auch von Unternehmen der Großregion Karlsruhe, nach Russland sind massiv eingebrochen.
Exportland Baden-Württemberg: Die Ausfuhren, auch von Unternehmen der Großregion Karlsruhe, nach Russland sind massiv eingebrochen. Foto: Jonas Walzberg/dpa

Putins Angriffskrieg in der Ukraine, der sich am 24. Februar jährt, hat massive Sanktionen des Westens ausgelöst. In der Folge sind die Exporte aus der Großregion Karlsruhe nach Russland deutlich eingebrochen.

Das stellten Wolfgang Grenke, Präsident der Industrie- und Handelskammer (IHK) Karlsruhe, und der Vorsitzende des IHK-Außenwirtschaftsausschusses, Robert W. Huber, fest.

Arznei- und Nahrungsmittel werden weiter nach Russland exportiert

Huber macht dies beispielsweise an den von der IHK ausgestellten sogenannten Ursprungszeugnissen fest, die für den Warenimport in Russland benötigt werden. 2021 wurden noch knapp 1.500 dieser Urkunden ausgestellt, im Folgejahr dann nur noch rund 500.

In Russland leben nicht nur Putin-Fans.
Wolfgang Grenke, Präsident IHK Karlsruhe

Vor allem Arznei-, Nahrungs- und Futtermittel seien weiter exportiert worden, so Huber. Ein Mindestmaß an Kontakten solle man aufrechterhalten, so Grenke. „In Russland leben nicht nur Putin-Fans“, sagt er im Gespräch mit dieser Redaktion.

Bundesweit sind die Exporte nach Russland laut IHK gegenüber 2021 um 45 Prozent auf 14,6 Milliarden Euro gesunken – ein Wert, der sich auf den Südwesten durchaus herunterbrechen lasse, so der IHK-Präsident.

„Wir haben übrigens seit 2012 rückläufige Zahlen im Russlandgeschäft.“ Mittlerweile ist – bundesweit – Russland nur noch auf Rang 23 der Abnehmerstaaten deutscher Exporte. Im Jahr vor dem Krieg nahm das Land noch Position 15 ein.

Große Bandbreite der Betroffenheit

Die Betroffenheit der regionalen Wirtschaft vom Krieg hat eine große Bandbreite: vom Unternehmen, das vor Putins völkerrechtswidriger Attacke eigene Werke in Russland und der Ukraine hatte, über wegbrechende Absatzmärkte, bis hin zur Energie- und Materialpreisexplosion.

Eigene Stützpunkte in Russland oder der Ukraine hätte aber keine Handvoll Unternehmen aus dem IHK-Kammerbezirk gehabt, so Huber.

Die russischen Märkte seien derzeit für die meisten Unternehmen erwartungsgemäß kein Thema. Für weiterhin drei Viertel der Betriebe sei dieser Markt tabu.

„Als IHK informieren wir die Unternehmen natürlich über die zu beachtenden Sanktionen, zeigen aber auch alternative Zielländer auf, um neue Märkte im Export zu erschließen“, so Grenke. Das Netz an Auslandshandelskammern spiele dabei eine bedeutende Rolle. Huber ergänzt: „Eine Diversifizierung ist in letzter Konsequenz immer eine Stärkung.“

Wiederaufbau der Ukraine wird bereits geplant

Die USA und China sind ungleich wichtiger für den Warenverkehr Baden-Württembergs als Russland. So belief sich 2021 – also vor dem Krieg – der Anteil Russlands an den Gesamtausfuhren Baden-Württembergs auf 1,7 Prozent. Bei der Gesamteinfuhr lag dieser bei 1,0 Prozent.

Grenke bilanziert, dass die regionale Wirtschaft die Herausforderung infolge des Krieges gut gemeistert habe. Das Krisenmanagement der Bundesregierung war nach seiner persönlichen Meinung „besser, als es in der Öffentlichkeit angekommen ist“.

Grenke erwähnt beispielsweise, dass sehr schnell Flüssiggasterminals ihren Betrieb aufnehmen konnten – so rasch müsse Deutschland auch bei anderen Investitionsprojekten vorankommen.

Russland wächst wirtschaftlich gerade schneller als Deutschland.
Christoph Münzer, Chef des Wirtschaftsverbandes WVIB

Huber unterstreicht, wie wichtig es sei, dass bereits Pläne für den Wiederaufbau der Ukraine vorbereitet werden. „Da laufen schon große Bemühungen.“

Er erinnert an ein entsprechendes Gremium von Ukraine, EU und G7-Staaten. Europa beteiligt sich demnach mit 42 Milliarden US-Dollar am Wiederaufbau, die USA mit 48 Milliarden Dollar. Besonders bei Nahverkehr und IT-Infrastruktur können Unternehmen der Technologieregion Karlsruhe einen Beitrag zum Wiederaufbau leisten.

Die westliche Sanktionspolitik habe kaum gegriffen, sagt Christoph Münzer, Hauptgeschäftsführer des Wirtschaftsverbandes WVIB (Freiburg), in dem vor allem badische Mittelständler Mitglied sind. „Russland wächst wirtschaftlich gerade schneller als Deutschland“, sagt Münzer. Bei Gas und Öl sei Deutschlands Abhängigkeit lange viel zu hoch gewesen. „Jetzt geht das Russen-Gas halt nach China.“

Die 1.035 Mitglieder des WVIB kommen weltweit auf 1.750 Standorte. Nur 41 davon sind oder waren in Russland, fünf in der Ukraine.

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