Aufsehen erregt der weiß gedeckte, elf Meter breite Tisch hinter der Pyramide am Karlsruher Marktplatz, an dem zwölf Personen unterschiedlicher Ethnien Platz genommen haben und Richtung Rondellplatz blicken. Der dreizehnte Stuhl in ihrer Mitte bleibt leer. Brot, Krüge und Becher stehen zur Speisung bereit.
Dann heben die Zwölf die Arme, beugen sich zueinander, schauen erstaunt – und erstarren. Als „Friedensbotschafter“ stehen sie für die zwölf Jünger Jesu und sind Teil der inszenatorischen Nachstellung des berühmten Gemäldes „Das letzte Abendmahl“ von Leonardo da Vinci. Pizzicato Blue aus der Südstadt spielen „Hevenu Shalom Alechem“ und weitere orientalisch-jiddische Weisen.
Urheber der Aktion „Vereint am Tisch des Friedens“ am späten Gründonnerstagnachmittag sind Pfarrer Dirk Keller und Pastoralreferent Alexander Ruf von der Ökumenischen Citykirchenarbeit „Fächersegen“. „Friede sei mit dir!“ sagen Friedensbotschafter, wie Hans-Joachim Burgert – „ein älterer Jünger“ – den Menschen, die vorübergehen oder aus Neugierde stehengeblieben sind.
Friedensbotschafter verteilen Brotstücke
Auf einer „Kleinen Gesprächsspeisekarte“ zum zwanglosen Gesprächseinstieg steht „An Jesus fasziniert mich...“ oder „An Ostern gefällt mir besonders...“. Dann gehen sie an den Tisch und überreichen Brotstücke, die wie das große Prachtbrot mit Kreuz, Alpha und Omega von der Bäckerei Schmidt gespendet wurden. Simone Steimle mit Schwester und Freundin Leonie Hauser sagt: „Eine gute Aktion, die das Osterfest näherbringt und unsere Kultur zeigt.“
Auch Hausers Sohn, dem zehn Monate alten Emil, schmeckt das Brot offensichtlich. Pauline Kolke und Cosima Weller, zwei Schülerinnen, sagen unisono: „Wir sind wegen der Band stehen geblieben, obwohl wir eher auf Rockmusik stehen.“ Helmut Thyssen meint: „Bemerkenswert, sehr gut organisiert.“ Gabriela Lang fasziniert „die großartige Idee, ein Kunstwerk live nachzustellen“.
Wir müssen aus den Kirchenräumen raus und wie hier hin zu den Leuten.Dirk Keller; Organisator
Organisator Dirk Keller freut sich über „super motivierte Leute“ und ist sich sicher: „Wir müssen aus den Kirchenräumen raus und wie hier hin zu den Leuten.“ „Wichtig war uns, mitten in der Stadt ein friedliches Gegenbild zu den Kriegsbildern zu setzen und dass unsere Jünger aus verschiedenen Nationen kommen“, so Alexander Ruf.
Teilnehmer kommen mit Passanten ins Gespräch
So wie Roberto aus Spanien, der sonst in der Tourist-Information arbeitet: „Gesellschaftliche Veränderung und Glaube gehören für mich zusammen.“ Pater Peter Ekutt aus Nigeria bekräftigt, auch mit Blick auf Judas, der mit am Tisch saß: „Das Brot ist für alle – egal, ob arm oder reich, gut oder schlecht.“ Pious Joseph aus Indien meint: „Viele haben keine Zeit oder fragen: ‚Abendmahl, was ist das?‘ Mit der Aktion können wir den Frieden ausstrahlen lassen, den Rest macht Gott.“
Der junge Vietnamese Thong Cao betont: „Die meisten reagieren positiv. Nur einer wollte das Brot nicht und sagte ‚Ich habe keine Religion‘“. Gegen 18 Uhr haben Hubert Streckert und Thomas Schalla den Arbeitstag beendet und kommen zum Marktplatz. „Vieles ist nur noch oberflächlich, dabei ist ein Fundament nötig. Abendmahl steht auch für Gastfreundschaft, da geschieht schon was“, konstatiert der katholische Dekan Streckert und freut sich darüber, dass „wir gut ökumenisch was zum Laufen gebracht haben“.
Sein evangelisches Pendant, Dekan Schalla, sagt: „Man kommt ins Gespräch über Krieg und Frieden. Denn Ostern ist das Zeichen der Hoffnung für das Zusammenleben der Kulturen“.