Skip to main content

Verschiedene Spendenaktionen

„Meine Heimat ist kaputt“: Auch in Karlsruhe wird für die Erdbebenopfer gesammelt

Nach dem schweren Erdbeben im türkisch-syrischen Grenzgebiet sind zahlreiche Hilfsaktionen angelaufen. Auch in Karlsruhe helfen die Menschen – manche von ihnen sind persönlich betroffen.

Kisten packen für die Erdbebenopfer: Foto: Musa Kara, Caner Ulusoy und Onur Icel haben die Sammelaktion auf dem Karlsruher Großmarkt organisiert.
Kisten packen für die Erdbebenopfer: Musa Kara, Caner Ulusoy und Onur Icel (von links) haben die Sammelaktion auf dem Karlsruher Großmarkt organisiert. Foto: Jörg Donecker

Der Stapel an Kartons in der Halle auf dem Karlsruher Großmarkt wächst kontinuierlich. „Dort drüben ist die Babykleidung, da die Hygieneartikel, hier das Milchpulver“, zählt Musa Kara auf und zeigt nach links.

Gemeinsam mit seinen Freunden Caner Ulusoy und Onur Icel organisiert er die Sammelaktion für die Erdbebenopfer in der Türkei und in Syrien. Noch bis Freitagabend sammeln sie auf dem Großmarkt Hilfsgüter. Hygieneartikel, warme Decken und Babynahrung sind besonders begehrt. Am Samstag soll der Lkw in Richtung Krisengebiet starten.

Wirbel um gebrauchte Kleidung

Immer wieder kommen Menschen mit Tüten und Kartons vorbei. Musa Kara und die anderen nehmen alles an – erst einmal. Gebrauchte Kleidung könne derzeit nicht über die Grenze in die Türkei geschafft werden, heißt es. So recht weiß keiner, was dahintersteckt.

„Es liegt wohl daran, dass vor Ort derzeit einfach andere Dinge dringender benötigt werden“, sagt Caner Ulusoy. Eben hat er mit einem Freund telefoniert, der bereits vor Ort ist. Von ihm hat er diese Information. An anderer Stelle wiederum heißt es, dass viele Spender ihre mangelhafte alte Kleidung abgeben und schlicht keine Zeit sei, diese auszusortieren.

Viele Freunde und Nachbarn sind tot.
Filip Bicer, sammelt Spenden

Kara und die anderen haben keine direkten Verwandten in dem Erdbebengebiet, „aber viele Freunde von uns“, sagen sie. Einer von diesen Freunden ist Filip Bicer. Er steht an diesem kalten Morgen in seiner Bäckerei in der Nordstadt und sammelt ebenfalls Spenden für den Lkw, der am Samstag in die Türkei aufbrechen wird.

Will helfen: Filip Bicer aus Karlsruhe hat viele Menschen bei dem Erdbeben verloren.
Will helfen: Filip Bicer aus Karlsruhe hat viele Menschen bei dem Erdbeben verloren. Foto: Tina Mayer

„Meine Heimat ist kaputt“, sagt Bicer und zückt sein Handy. Er hat zahlreiche Videos gespeichert, sie sind ihm aus der Türkei geschickt worden, die meisten zeigen seine Heimatstadt Hatay. Immer wieder sind auch Bilder darunter, auf denen Menschen zu sehen sind, die nach Tagen aus den Trümmern geborgen werden. „Und es ist noch nicht vorbei“, sagt Bicer und wirft einen prüfenden Blick auf die Erdbeben-App, die er auf seinem Handy hat. Allein am Freitagmorgen habe es bereits mehrere kleine Erschütterungen gegeben.

„Viele Freunde und Nachbarn sind tot“, erzählt Bicer. Die Verwandten hätten glücklicherweise überlebt, Bicer steht mit ihnen in Kontakt – so wie es eben geht. Die Situation vor Ort sei grauenhaft.

Bicers Mutter Hilen war kürzlich noch bei einer Beerdigung in Hatay, seit vergangener Woche ist sie wieder zurück in Karlsruhe. Sie habe Glück gehabt, sagt sie und packt weiter Kisten. Windeln, Babynahrung, warme Kinderkleidung, alles wandert hinein. „Ich war gestern noch einkaufen, habe Babydecken und Schlafsäcke besorgt“, erzählt sie. Es herrscht geschäftiges Treiben in den Bäckerei, sie alle sind froh, etwas tun zu können.

Stadt Karlsruhe will Betroffene unterstützen

Aktionen wie die am Großmarkt und bei den Bicers gibt es in Karlsruhe in diesen Tagen einige. Auch die Stadt will die Betroffenen unterstützen und erweitert ihre Aktion „Karlsruhe hilft“. Zusätzlich zur weiterhin laufenden Ukraine-Hilfe ermöglicht „Karlsruhe hilft“ nun auch gezielte Spenden für die Erdbebenhilfe.

Unterdessen empfehlen viele Experten eher Geld- als Sachspenden. Dies sei die „sinnvollste und schnellste Hilfe“, heißt es etwa von der Hilfsorganisation Caritas International.

Es ist eine Katastrophe.
Filip Bicer, will helfen

Filip Bicer lassen die Bilder aus seiner Heimat nicht los. „Hatay hat es so schlimm getroffen, das ist mit Worten nicht zu beschreiben“, sagt er. „Es ist eine Katastrophe.“

„Viele unserer Verwandten haben die Stadt verlassen“, erzählt seine Mutter Hilen Bicer. „Aber nur die Frauen, die Männer sind alle daheim geblieben“, sagt sie, während sie Babydecken und warme Strampler zusammenlegt und in eine Kiste packt. In der Türkei ist es kalt, erzählen sie, die Menschen dort hätten teilweise mit Minusgraden zu kämpfen.

„Als ich heute Morgen hierherkam, war es so kalt“, sagt Filip Bicer und reibt sich die Hände. „Dann habe ich an die Erdbebenopfer gedacht und mich geschämt, dass mir kalt ist.“

nach oben Zurück zum Seitenanfang