Man merkt deutlich, dass Jonas zur „alten Garde“ der politischen Kabarettisten gehört, wie Gerhard Polt, oder einst Dieter Hildebrandt, und nicht nur den Finger in die Wunde der Gesellschaft legt, sondern gefühlt die ganze Hand.
So erzeugt er nicht nur einmal das gruselige Gefühl, dass sich die von ihm angesprochenen Mechanismen in unserem Land vor langer Zeit schon einmal in einem anderen Gewand gezeigt haben. Beispielsweise das Demokratiefördergesetz, durch welches man nun in Berlin unter anderem eine „Verhöhnung des Staates“ bei „mit öffentlichen Geldern finanzierten Denunzianten-Stellen“ melden könne. „Wenn da jemand zum Beispiel behauptet, dass es nur zwei Geschlechter gibt, dann ist das schon eine meldepflichtige Angelegenheit“, gibt der 71-Jährige zu bedenken.
Bruno Jonas vergleicht in Karlsruhe Scheiterhaufen mit Shitstorms
Im Gegensatz zum Wohlgefühl vieler, wenn in Filterblasen und Echokammern nur ihre eigene Meinung bestätigt werde, findet Jonas nach eigener Aussage Zweifler immer interessanter als Dogmatiker. Die Katholische Kirche habe das Dogma eingeführt, um nicht mehr diskutieren zu müssen und den Diskurs einzufrieren. Wenn dann trotzdem noch einer habe diskutieren wollen – Exkommunikation. Und wenn das nicht ausgereicht habe, ging es auf den Scheiterhaufen. Heute sei dies der Shitstorm.
Während der Delinquent auf dem Scheiterhaufen jedoch noch gesegnet worden wäre, sei der weltliche Tugendgerichtshof nicht so human. Da bekomme man nicht nur einen Shitstorm, sondern werde auch noch als Nazi markiert, in die rechte Ecke gestellt und gecancelt, echauffiert sich Jonas und schlägt mit einer Aussage die Brücke zwischen Gegenwart und Vergangenheit: „In den Social-Media-Kanälen hat sich der Volksgerichtshof ein neues Terrain erobert“.
Auch an Klimakrise, Gendern oder der Politik arbeitet sich der Kabarettist ab, und sichert sich mit mehreren Nebelkerzen geschickt gegen die metaphorischen Fackeln und Mistgabeln ab, die sich bereits am Horizont erahnen lassen. „Falls manche von ihnen sich nicht ganz sicher sind, wie etwas gemeint ist, das ich heute Abend sage: Sie sind auf der sicheren Seite, wenn Sie es nicht ernst nehmen. Komischer ist es allerdings, wenn Sie es ernst nehmen“.
Zudem würden im Wesentlichen vier Zitate den Abend überhüllen. „Whatever it is, I’m against it“ (Groucho Marx), „Ich bin nur noch an meiner eigenen Meinung interessiert“ (Karl Lagerfeld), „Kabarett ist, wenn man trotzdem denkt“ (Bruno Jonas) und ein Zitat aus dem Roman „Der Mann ohne Eigenschaften“ (Robert Musil), der da schrieb: „Wenn die Dummheit nicht von innen dem Talent zum Verwechseln ähnlich sähe, wenn sie nicht von Außen als Fortschritt, Genie, Hoffnung, Verbesserung erscheinen könnte, würde wohl niemand dumm sein wollen.“