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Noroviren-Vorfall in Stuttgart

Risiko Festzelt: Sind Masseninfektionen auch in der Region Karlsruhe möglich?

Wie schnell sich Noroviren ausbreiten können, zeigen Hunderte Infektionen in einem Festzelt in Stuttgart. Ein Einzelfall? Nein, sagt ein Mediziner.

Ein Schild heißt die Besucher eines Festzelts willkommen.
Zahlreiche Menschen klagten nach dem Besuch des Festzeltes auf dem Cannstatter Frühlingsfest über Magen-Darm-Beschwerden. Foto: Bernd Weißbrod/dpa

Viele Menschen auf engem Raum in einem Festzelt: Das sind perfekte Bedingungen für die Verbreitung von Keimen – auch für Noroviren. „Das geht ziemlich schnell, das lehrt uns die Erfahrung“, sagte Mediziner Manfred Schmid in Bad Cannstatt.

Wie am Mittwoch bekannt geworden war, hatten sich am vergangenen Wochenende mehre Hundert Besucher im Göckelesmaier-Festzelt mit einem Magen-Darm-Erreger infiziert. 

Die Zahl der Erkrankten ist mittlerweile (Stand Donnerstag, 25. April) auf 727 Menschen gestiegen. Alle Betroffenen hätten dasselbe Festzelt besucht und danach über Erbrechen, Übelkeit und Durchfall geklagt.

Ein Sprecher der Stadt Stuttgart sagte, man gehe bei den Betroffenen von einer hohen Dunkelziffer aus, weil die Infektion sicherlich innerhalb der Familie weitergegeben werde. Bislang wurde bei inzwischen fünf Erkrankten das Norovirus nachgewiesen.

Gibt es gemeldete Fälle im Stadt- und Landkreis Karlsruhe?

Im Gesundheitsamt Karlsruhe liegt aktuell kein auffälliger Anstieg von Fällen des Norovirus vor. Die Mitarbeiter sind aber sensibilisiert.

Personen mit einer nachgewiesenen Viruserkrankung, so eine Sprecherin auf Nachfrage, würden aufgrund der derzeitigen Lage auch gefragt werden, ob die Infektion in Zusammenhang mit einem Aufenthalt in Stuttgart aufgetreten sein könnte.

Noroviren im Göckelesmaier-Zelt stammen nicht von den Lebensmitteln

Lag es am Essen? Nein. Seit Donnerstag steht fest: Die Lebensmittel, die in dem Festzelt serviert wurden, haben das Virus wohl nicht verbreitet.

Denn: Bei Proben von Essen, Besteck oder auch von Tellern wurde das Virus demnach nicht gefunden. Es werde davon ausgegangen, dass es die Ansteckung von Mensch zu Mensch erfolgt sei. Der betroffene Wirt kann also aufatmen, das Göckelesmaier-Zelt darf geöffnet bleiben.

Das sofortige Einschreiten der Lebensmittelüberwachung und des Gesundheitsamtes habe eine weitere Ausbreitung verhindert. Der Betreiber des betroffenen Festzeltes tue alles, um die Hygiene zu gewährleisten. Es gebe eine tägliche Grundreinigung, und es werde alles unternommen, um ein Wiederauftreten des Virus zu verhindern.

„Wir arbeiten eng mit der Stadt und den Lebensmittelbehörden zusammen“, teile eine Sprecherin des Betreibers mit. Es gebe keinen Hinweis darauf, dass das Virus von Mitarbeitern eingeschleppt worden sei. „Es sind nur Mitarbeiter im Einsatz, die symptomfrei sind und uns gegenüber dies auch schriftlich bestätigt haben.“

Der Betreiber des betroffenen Zeltes sagte den „Stuttgarter Nachrichten“ und „Stuttgarter Zeitung“ (Donnerstag): „Wir hatten alle Abläufe gewissenhaft kontrolliert“ - und fügte hinzu, „nach den Verdachtsfällen noch mehr als zuvor.“ Seit Tagen seien keine Krankheitsfälle mehr gemeldet worden. Es habe keine Stornierungen gegeben.

Wie wird das Norovirus übertragen? 

Mediziner Manfred Schmid zufolge wird das Virus über Berührungen und Speichel übertragen. „Also wenn man gemeinsame Gegenstände berührt, aus dem gleichen Glas trinkt und das gleiche Geschirr benutzt.“

Was in einem Festzelt auf der Bierbank öfter mal passiere. Desinfektionstücher seien da nur bedingt hilfreich, weil man ständig alles abwischen müsse. Und das sei in der Party-Situation wohl eher wenig praktikabel.

„Offensichtlich hat uns da jemand das Norovirus mitgebracht“.
Die Stadt Stuttgart hatte den Norovirus-Betroffenen geraten, sich an das Gesundheitsamt und ihren Hausarzt zu wenden. Foto: Marijan Murat/dpa

Noroviren verursachen Übelkeit, Erbrechen und Durchfall, sind sehr ansteckend und verbreiten sich rasend schnell. Norovirus-Ausbrüche in großem Stile gebe es immer wieder. In Pflegeheimen seien bei einem Ausbruch häufig innerhalb von zwei Tagen ganze Stationen betroffen. Auch auf Kreuzfahrten werden große Ausbrüche beobachtet.

Die Inkubationszeit betrage ein bis zwei Tage. Für Menschen mit einem intakten Immunsystem sei die Infektion in der Regel nicht gefährlich. Angeschlagene Menschen könnten auch schwerwiegend erkranken.

Was tun, wenn es mich erwischt hat?

Bei einer Infektion solle man viel trinken und sich von anderen Menschen fernhalten. Die Stadt Stuttgart hatte den Betroffenen geraten, sich an das Gesundheitsamt und ihren Hausarzt zu wenden. Erkrankte sollten die empfohlenen Hygienemaßnahmen beachten, um die weitere Ausbreitung zu unterbinden.

Erkrankten wird empfohlen, Elektrolyt-Lösungen zu sich zu nehmen. Denn das Gefährliche an einer Infektion mit dem Norovirus oder anderer Arten von Magen-Darm-Erkrankungen ist der Flüssigkeitsverlust.

Wie kann ich mich schützen?

Eine Impfung dagegen gibt es nicht, Antibiotika helfen laut Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) nicht. Übertragen werden die Viren oft durch unsaubere Hände oder Gegenstände wie Türgriffe.

Deshalb empfiehlt die Behörde, nach der Toilette oder vor der Zubereitung von Essen die Hände immer sorgfältig mit Wasser und Seife zu waschen.

Nach Noroviren-Vorfall: Untersuchung von Lebensmittelproben

Nach Angaben des Sozialministeriums wurden bei zwei Erkrankten inzwischen Noroviren in Stuhlproben festgestellt. Unter den Betroffenen seien sowohl Besucher des Festes als auch Bedienstete des betroffenen Zeltes. 

Das Landesgesundheitsamt sei bereits im engen fachlichen Austausch mit dem Gesundheitsamt Stuttgart. Derzeit würden Stuhlproben von Erkrankten im Labor des Landesgesundheitsamtes auf Darm-Erreger untersucht.

Hunderte Besucher klagten nach dem Besuch eines Festzeltes (nicht im Bild) auf dem Stuttgarter Frühlingsfest über Magen-Darm-Beschwerden.
Das 84. Stuttgarter Frühlingsfest hat am 20. April mit dem traditionellen Fassanstich begonnen.  Foto: Bernd Weißbrod/dpa

Das Landesgesundheitsamt stehe auch in enger Verbindung mit den Chemischen und Veterinäruntersuchungsämtern Stuttgart (CVUA). Dort seien Untersuchungen von Lebensmittelproben angelaufen.

Über das Landesgesundheitsamt würden alle Gesundheitsämter im Südwesten und das Robert Koch-Institut über das Ausbruchsgeschehen informiert, teilte das Sozialministerium weiter mit.

Die Lebensmittelüberwachung und das Gesundheitsamt seien sofort nach Eintreffen der ersten Meldungen vor Ort gewesen und hätten in dem Zelt die Hygiene überprüft und Proben der Lebensmittel genommen.

Es gehe nun in erster Linie darum, das Ausbruchsgeschehen einzudämmen und die Quelle der Infekte zu finden. Der Schwerpunkt liege auf den zentralen Servicebereichen des Zeltes. 

Stuttgarter Frühlingsfest geht noch bis 12. Mai

Das 84. Stuttgarter Frühlingsfest hat am 20. April mit dem traditionellen Fassanstich begonnen. An 23 Tagen haben die Schausteller ihre Fahrgeschäfte, Buden und Imbisse geöffnet, in den Festzelten wird ausgeschenkt und aufgespielt.

Die Veranstalter sind zurückhaltend und erwarten nach eigenen Angaben mehr als eine Million Besucher. „Wir sind eine Open-Air-Veranstaltung und vom Wetter abhängig“, teilte die in.stuttgart Veranstaltungsgesellschaft im Vorfeld mit.

Im vergangenen Jahr waren 1,4 Millionen Menschen gezählt worden, es war eines der bestbesuchten Frühlingsfeste der vergangenen Jahrzehnte. 

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