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Hallenbau-Festival

Videokunst-Ausstellung im ZKM Karlsruhe reflektiert Gegenwart und Vergangenheit in Rom

Zwischen Film und Malerei bewegen sich die Werke von Marijke van Warmerdam, die an der Kunstakademie Karlsruhe lehrt und jetzt im ZKM neue Kurzfilme präsentiert, die in Rom entstanden sind.

Still aus „The Bride“ von Marijke van Warmerdam. Ausstellung „Then Now and Then“ im ZKM Karlsruhe. Eröffnung 28.10.2022
Poesie, die aus dem Moment heraus entsteht, prägt viele Motive der Kunst von Marijke van Warmerdam. Zu den 14 neuen Kurzfilme, die in Rom entstanden und nun im ZKM Karlsruhe als Film-Loops ausgestellt werden, gehört auch das Werk „The Bride“. Foto: Marijke van Warmerdam

„Egal ob es regnet oder nicht, man hört es in Rom immer plätschern“, sagt Marijke van Warmerdam. Wie jetzt auch im Zentrum für Kunst und Medien (ZKM) Karlsruhe.

Dort wird am Freitagabend nicht nur das Hallenbau-Festival eröffnet, sondern auch die neue Ausstellung der niederländischen Künstlerin mit 14 Kurzfilmen, die in der „ewigen Stadt“ entstanden sind.

Die Ausstellung mit dem Titel „Then Now and Then“ feiert das Heute (Now), die quirlige Vielfalt der italienischen Metropole, wo auf Schritt und Tritt die Vergangenheit (Then) mitredet. Schon allein die mitreißenden Bilder lohnen den Besuch. Sie haben aber auch über den Moment hinaus etwas zu erzählen, über das Leben und die Kunst.

Was so zufällig daherkommt, ist voller feiner Anspielungen. Sie sei mit der Frage nach Rom gekommen, wo sich das Barockzeitalter noch im heutigen Stadtbild widerspiegele, erzählt Marijke van Warmerdam. Das sei aber keinesfalls kunsthistorisch gemeint, fügt sie hinzu.

Es gehe ihr immer auch um das Abstrakte, um künstlerische Fragen, um gegensätzliche Phänomene wie Hell und Dunkel, kreisförmige Bewegungen oder endlose Geraden, Leichtigkeit und Schwere. In den Filmen erscheinen sie als Tag und Nacht, in Gestalt von Wendeltreppen und Uferstraßen, von Wasser und Stein.

Insgesamt waren es zwei Wochen, in denen sie mit Kameramann Sander Snoep durch Rom streifte. Zumindest für die zwei längeren Filme „Those days, these days“ und „Play und stay“ waren die Drehs sorgsam geplant. Doch ergaben sich auf den Fahrten viele Motive aus dem Moment heraus.

Zur Ausstellung

Bis 5. Februar im ZKM Karlsruhe, Lorenzstraße 29. Geöffnet Mittwoch bis Freitag von 10 bis 18 Uhr, Samstag und Sonntag von 11 bis 18 Uhr.

Beim Hallenbau-Festival an diesem Wochenende freier Eintritt und mehrere Führungstermine.

Der Katalog zur Ausstellung kostet 33,50 Euro und dokumentiert alle Filme der neuen Rom-Serie anhand von zusammenfassenden Texten und ausklappbaren Bildseiten.

Eine Möwe auf dem Dach des pompösen Nationaldenkmals für Viktor Emanuel II., eine Frau im Brautkleid auf einem runden Platz, umtost von weißen Fahrzeugen aller Art. Oder ein Jogger in orangefarbenem Shirt am Tiber. Während der Kamerafahrt von einem Stadtbus aus taucht er mehrfach zwischen den herbstlichen Bäumen auf.

Künstlerin Marijke van Warmerdam lehrt seit 2004 an der Karlsruher Akademie

„Das sieht aus wie ein gerakeltes Bild von Gerhard Richter“, sagt die Künstlerin über „The runner“. Sie leitet seit 2004 an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe eine Klasse für Malerei. Seit ihrem Auftritt im niederländischen Pavillon auf der Biennale von Venedig 1995 steht ihr Werk für eine Symbiose zwischen Film und Malerei.

Schon damals spielte das Wasser eine wichtige Rolle, aber auch der Gegensatz von Öffentlichkeit und Intimität. Sie filmte einen Mann unter der Dusche. Das Wasser lief und lief, aber die Kamera blieb statisch auf den männlichen Oberkörper gerichtet. Ihre Filme laufen als Loops, sie haben keinen Anfang und kein Ende.

25 Jahre später ist die Kamera mobil geworden, sie scheint am Auge der Künstlerin zu kleben, wenn sie in einem römischen Park einer langsam vor sich hin trottenden Dogge folgt, zur Gegenrichtung umschwenkt oder sich in die Lüfte erhebt.

Mit GoPro-Kamera und Puccini-Arie durch enge Gassen in Rom

Für den nur wenige Minuten dauernden Film „Vai, vai, vai!“ montierte sie eine GoPro-Kamera auf ein Motorrad. Zur Puccini-Arie „O Mio Babbino Caro“, gesungen von Maria Callas, braust ein ganzer Schwarm behelmter Fahrer und Fahrerinnen in der Dämmerung durch die engen Gassen. Es regnet, die Rücklichter werden im Film zu roten, amorphen Flecken – ein flackernder Tanz im Dunkel der Stadt.

So authentisch die Aufnahmen sind, so sorgsam sind die Filmbilder geschnitten und mit einem jeweils neu zusammengestellten Sound versehen: Verkehrsgeräusche, plätschernde Brunnen, die Stimmen von Passanten und Touristen, von Hunden und Insektenschwärmen.

Die Ausstellung kann auch als Film-Essay verstanden werden, der die Kunst und Kultur Roms fein verknüpft. „In ihrem Projekt legt van Warmerdam die tiefreichenden Schichten dieser Stadtgeschichte offen“, schreibt der Kunsthistoriker Luciano Benedetti in einem der Wandtexte.

Sein Kollege Bart Rutten hingegen ordnet die Serie im Werk der Künstlerin ein: „Marijke van Warmerdam porträtiert den Rausch der Stadt. Das überrascht, wo sie doch vor allem für ihre Filmloops voller Ruhe und Gelassenheit bekannt ist.“

Damals wie heute spürt sie mit ihren Filmbildern den Phänomenen unserer Existenz nach. Eine gewisse Leichtigkeit aber muss bei van Warmerdam immer sein. Und so wirft sie bunte Bälle in den Tiber, damit diese, unterhalb eines Wehrs, auf der mächtigen Gischt tanzen.

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