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Es geht um die Jahre 2023/24

Vor dem großen Sparen schlägt in Karlsruhe die Kulturbranche Alarm

Jetzt herrscht mehr Klarheit, in welchem Ausmaß der Karlsruher Sparkurs die Bürger trifft. Die Kommunalpolitiker bezogen Position bei den Haushaltsreden.

Demo der Kulturschaffenden auf dem Marktplatz. Versammlung gegen geplante Kürzungen
Kulturschaffende haben am Dienstag vor der Gemeinderatssitzung gegen die geplante Kürzung bei der Kulturförderung demonstriert. Foto: Rake Hora

Höhere Kitagebühren, steigende Eintrittspreise beim Zoo oder ein Aus für die Europäischen Kulturtage: Karlsruhe muss den städtischen Haushalt im Jahr 2023 und 2024 um jeweils 90 Millionen Euro entlasten.

Noch bevor die Stadträte am Dienstagmittag klarmachen, wo der Rotstift angesetzt werden soll und wo nicht, schlägt ihnen Kritik entgegen. Vertreter von Kultureinrichtungen demonstrieren vor dem Rathaus gegen die angedachte pauschale Kürzung um 1,5 Prozent bei der Kulturförderung.

Die endgültigen Entscheidungen fallen am 21. und 22. November bei den Haushaltsberatungen. Doch schon jetzt wird in den Reden klar, wohin die Reise geht. Die Redaktion fasst die Positionen zu zentralen Themen zusammen.

Klima- und Umweltschutz

Auch in Zeiten knapper Kassen will Karlsruhe dem Vorschlag der Verwaltung zufolge in den Klimaschutz investieren. 40 Millionen Euro sind dafür 2024 und 2025 eingestellt.

Grüne (Aljoscha Löffler): Keine Akzeptanz für den Plan, beim Klimaschutz 700.000 Euro pro Jahr zu streichen. Der Beschluss des Energieleitplans soll noch 2023 kommen. Weitere Forderungen: Weiterentwickeln und Beschleunigen vor allem der Fernwärmeplanung. Klimaneutrale Verwaltung bis 2040, Sanierung städtischer Gebäude und Umstellung der Energieversorgung. Wichtig ist die schnellere Umsetzung der Klimaanpassungsmaßnahmen. Zudem sollen Forstamt und Gartenbauamt unterstützt werden, um den Baumbestand zu schützen. 

CDU (Detlef Hofmann): Die Mittel sollen nicht gekürzt werden. Man muss aber diejenigen Maßnahmen zuerst anzugehen, die den größtmöglichen Effekt auf das Einsparen von Treibhausgasen haben. Beim Umsetzen von Maßnahmen muss man dringend viel effizienter und aufgrund der Haushaltslage schneller werden. 

SPD (Anton Huber): Es ist richtig, dass der Doppelhaushalt einen seiner Schwerpunkte auf den Bereich Klimaschutz legt. „Alles andere wäre für uns auch nicht hinnehmbar.“ Gerade bei Maßnahmen zur Klimaanpassung fordere die SPD schon lange mehr Aktivitäten.

FDP (Thomas Hock): Die Fraktion fordert das Umsetzen von Maßnahmen, die mit dem geringsten finanziellen Einsatz den höchsten Nutzen bei CO2-Einsparung und Nachhaltigkeit bringen. Beispiele: künstliche Bäume im Stadtzentrum oder Kleinwindräder auf Hochhäusern. Beim Klimaschutz müssen öffentliche Gebäude wie Schulen, Sporthallen und Kindergärten oben auf der Prioritätenliste stehen.

KAL/Die Partei (Michael Haug): Wird Wohnraum geschaffen oder Straßenraum umgestaltet, muss gleichzeitig städtisches Grün erhalten und ausgebaut werden. Biodiversität ist zentral für die klimatische Entwicklung in- und außerhalb der Stadt. Auch da muss investiert werden.

Freie Wähler/Für Karlsruhe (Petra Lorenz): Nachhaltig und klimagerecht sind Schlagworte zur Wirtschaft. Unternehmen sollen wachsen können und neue Unternehmen sich willkommen fühlen, anstatt in das Umland zu gehen. Angestrebt wird ein mit Wasserstoff versorgtes Quartier. Zudem soll es mehr um Biogas, Fernwärme, Geothermie und Photovoltaik gehen. 

Linke (Mathilde Göttel): Die Fraktion wird die Ausfinanzierung des Klimaschutzkonzeptes beantragen. Ein klares Nein gibt es zu Kürzungen bei der Waldpädagogik.

AfD (Paul Schmidt): Es sei nicht bewiesen, dass der Mensch in der Lage ist, den Klimawandel aufzuhalten. Insofern seien fast alle Ausgaben in diesem Bereich entbehrlich.

Ellen Fenrich (parteilos): Viele der geplanten Maßnahmen sind freiwillige. Eine Reduzierung des „Ich-wünsch-mir-was“ um 50 Prozent scheint vertretbar.

Kultur

Nicht weniger, sondern in Anbetracht von steigenden Kosten mehr Geld fordern viele Kultureinrichtungen. Zumindest die pauschale Kürzung könnte vom Tisch sein, wie sich andeutet.

Grüne: Pauschale Zuschusskürzungen um 1,5 Prozent bei den Einrichtungen der freien Kultur sollen zurückgenommen werden. Dafür soll ein Nothilfefonds eingerichtet werden, das Kulturzentrum P8 bestehen bleiben. Die Fraktion fordert eine Dynamisierung der Zuschüsse an Kultureinrichtungen. Vorgeschlagene Kürzungen bei den großen Institutionen wie Staatstheater und ZKM trägt sie mit. 

CDU: Zentrale Forderung ist die Rücknahme der Zuschusskürzung von 1,5 Prozent. Das Kammertheater darf nicht anders oder gar schlechter gestellt werden. Unterstützung sollen Sandkorn, Jakobustheater und Marotte wegen der baulichen Probleme erhalten.

SPD: Die Fraktion verweist auf gestiegene Miet- und Energiekosten sowie steigende Löhne. „Deshalb sehen wir uns – trotz der Haushaltslage – gezwungen, im kommenden Doppelhaushalt nicht nur die Kürzungen im freien, nichtkommerziellen Kulturbereich zurückzunehmen, sondern die Dynamisierung der Fördersummen zu fordern.“

FDP: Die Fraktion fordert keine Kürzungen, nicht nur bei Kultur, sondern auch bei Sozialem und Sport.

KAL/Die Partei: Nein zur Kürzung des Zuschusses um 1,5 Prozent. Es geht vielmehr um eine Dynamisierung der Kulturförderung. „Wenn wir als Stadt jetzt nicht helfen, bleibt vielen freien Kultureinrichtungen nur eins: aufgeben.“

Freie Wähler/Für Karlsruhe: Hier geht es um Prioritäten: „Für unsere Fraktion hat ein gut saniertes Schulhaus einen deutlich höheren Stellenwert als ein Staatstheater, das die Stadt jährlich rund 45 Millionen Euro kostet – die gleiche Summe kommt vom Land on top.“

Linke: Gefordert wird eine Dynamisierung der Zuschüsse. Gegenfinanziert werden soll das mit einer Übernachtungssteuer.

AfD: Die Kürzung beim Staatstheater soll um rund einen Prozentpunkt ausgeweitet werden. Durch das eingesparte Geld könne die geplante Kürzung bei allen anderen Theatern der Stadt abgewendet werden.

Ellen Fenrich: keine Positionierung in der Rede

Soziales

Steigende Kitagebühren, teureres Mittagessen im Zoo, höhere Eintrittsgelder und der Bereich Bildung – viele Ideen zur Haushaltskonsolidierung fallen unter Soziales. Die Redner setzen jeweils eigene Prioritäten.

Grüne: Wichtig ist das Verbessern der Versorgung älterer Menschen durch innovative Pflege und präventive Hausbesuche. Entschärft werden sollen die Beitragssteigerungen für Kitas. Für die Umsetzung der Istanbul-Konvention (zum Schutz vor Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt) soll eine dauerhafte Stelle eingerichtet werden. Berufliche Perspektiven sollen die Integration von Geflüchteten erleichtern. Gefordert wird, den Mietkostenzuschuss für die Volkshochschule zu erhalten. 

CDU: Die Erhaltungssatzung in der Südstadt soll aufgehoben werden, da der damit verbundene Bürokratie-, Personal- und Kostenaufwand in anderen städtischen Bereichen besser aufgehoben ist – in Kitas, beim Kommunalen Ordnungsdienst (KOD) oder im Stadtplanungsamt. Weitere Steuererhöhungen werden abgelehnt, die Verteuerung der Schwimmbad-Eintrittspreise und für Schulmittagessen soll maximal einmalig kommen. Die Gebühren für Bewohnerparkausweise dürfen sich nicht verdoppeln, die Zuschusskürzung für Bürgervereine muss zurückgenommen werden. 

SPD: Der Haushaltsentwurf sieht eine Erhöhung der Kitagebühren um bis zu 65 Euro pro Monat zu. In Zeiten der Krisen dürften Familien aber nicht unverhältnismäßig stark belastet werden. Deshalb werde man diese massive Steigerung nicht mitgehen. Denkbar allerhöchstens die Hälfte der geforderten Summe.

FDP: Die Fraktion fordert, dass bei maroden Schulgebäuden schnell investiert und saniert wird. So lässt sich das Modernisieren der Schulen mit den klimapolitischen Zielen vereinbaren. Es soll keine weiteren Belastungen mehr im Sinne von Gebühren und Abgaben für die Bürger geben. In Kitas soll investiert, die Zahl der Plätze ausgebaut werden.

KAL/Die Partei: Die Kosten für das neue Kinder- und Jugendhaus (KJH) Südstadt müssen jetzt freigegeben werden. Gleiche Chancen für alle werden geschaffen, wenn jedem Kind der Besuch einer Kindertageseinrichtung offensteht. Dafür brauchen Kitas mehr Personal und Budget. „Wir müssen den Trägern der Kitas das finanzielle Rüstzeug geben, den Ausbau der Kitaplätze zu stemmen, ohne die enorm gestiegenen Kosten auf dem Rücken der Eltern abzuladen.“ 

Freie Wähler/Für Karlsruhe: Bei den Themen Bildung und Erziehung würden jährlich Millionen investiert, um die Gebühren niedrig zu halten. Doch das Geld müsse in die Qualitätssteigerung fließen – für die Kinder und die Fachkräfte. „Die Stadtpolitik muss sich für eine Zeit vom Traum einer kostenfreien Kita verabschieden.“ 

Linke: Die Fraktion lehnt Entgelterhöhungen bei der öffentlichen Daseinsvorsorge ab, ob im Zoo, in Bädern oder beim Schulessen. Insbesondere gilt das für Menschen mit Karlsruher Pass. Für den soll der Personenkreis ausgeweitet werden. Zudem soll der Eigenanteil auf 25 Prozent der Eintrittsgelder gesenkt werden. Bei den Kitagebühren soll sich die Betragsbelastung am Einkommen orientieren.

AfD: Sie sagt Nein zur Erhöhung von Steuern und Gebühren. „Dort, wo wir diese im Haushaltsentwurf aufgespürt haben, haben wir entsprechende Streichungsanträge gestellt.“

Ellen Fenrich: Überdacht werden soll die Erhöhung der Kitabeiträge für „besserverdienende“ Eltern. Damit entferne man sich vom hehren Ziel einer beitragsfreien Kita. Maßnahmen für Flüchtlinge und Migranten müssen evaluiert werden, um Doppelstrukturen zu vermeiden und zu sehen, ob sie Erfolg bringen.

Weitere Schwerpunkte

Unterschiedliche Akzente setzen die Redner. Die Redaktion nennt eine Auswahl.

Grüne: In den nächsten beiden Jahren soll die Stadt jeweils einen Blitzer-Anhänger zur Überwachung des Verkehrs anschaffen. Wichtig sind zudem das Voranbringen des IQ-Leitprojekts zum Parkraummanagement und das Stärken der Kommunikation über Mobilitätsthemen. Die Fraktion ist gegen eine Gewinnausschüttung von 3,5 Prozent bei der Volkswohnung.

CDU: Die Wirtschaft muss gestärkt, neue Gewerbegebiete müssen ausgewiesen werden, um Steuereinnahmen zu generieren. Beteiligungsgesellschaften sollen Gewinne an den Mutterkonzern abführen. Alle Bau- und Sanierungsvorhaben im Bereich Kita, Schulen und Bildung sollen kostenkontrolliert geplant werden. Die Volkshochschule soll den bisherigen Mietzuschuss erhalten. Wichtig ist zudem eine Optimierung beim Bau kommunaler Gebäude, so durch modulare Bauweisen.

SPD: Gemeinsam mit anderen Fraktionen soll es möglich werden, den Neubau eines Jugendhauses in der Südstadt schon in diesem Doppelhaushalt anzugehen. Dafür sollen die Sanierungskosten für die Stadthalle umgeschichtet und gestreckt werden.

FDP: Bauen, bauen, bauen – das ist das einzige Mittel gegen den Wohnungsmangel. Deshalb wird das Vorhaben abgelehnt, der Volkswohnung Kapital zu entziehen. In der Innenstadt sollen vermehrt Wohnmöglichkeiten angeboten werden, damit diese belebt wird. Die Fraktion wünscht sich eine gemeinsame Initiative für den Wohnungsbau.

KAL/Die Partei: Kritik an der geplanten Verlängerung der Turmbergbahn. Die Kosten binden Mittel, die in den Bereichen fehlen werden, die das „Heute“ der Menschen leichter machen: in der Kultur und im Sozialen.

Freie Wähler/Für Karlsruhe: Es gehe um die Fortschritte bei der Digitalisierung und die Herausforderung durch den demografischen Wandel inklusive Fachkräftemangel. Ein Ansatz ist mehr Eigenverantwortung der städtischen Mitarbeiter in einigen Punkten statt oft langer Diskussionen im Gemeinderat. 

Linke: Klar abgelehnt wird eine Gewinnabführung bei der Volkswohnung. Die Fraktion wird Gelder zur Unterstützung für gemeinwohlorientierte Wohnprojekte beantragen. Zudem ist ihr der Ausbau des ÖPNV und des Radwegenetzes wichtig. Verzichtet werden soll auf eine „vergoldete“ Kaiserstraße.

AfD: Insbesondere in Zeiten klammer Kassen könne man es sich nicht leisten, Asylbewerber ohne Bleibeperspektive, die gemäß Grundgesetz nicht hier sein dürften, über die Sozialhilfe des Bundes hinaus mit städtischen Steuergeldern zu unterstützen.

Ellen Fenrich: Bürger nicht weiter belasten mit überhöhten Gebühren fürs Anwohnerparken oder fürs Parken auf öffentlichen Parkplätzen.

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