Skip to main content

Wegweisende Entscheidung

Wann ist ein Kind schulreif? Karlsruher Pädagogin gibt Tipps für die Einschulung

Für viele Kita-Eltern in Karlsruhe steht bald eine wegweisende Entscheidung bevor. Doch warum soll ein Kind eigentlich früher eingeschult werden?

Kind legt Stirn an die Tafel und schaut traurig und abgekämpft drein.
Stress statt Lernfreude. Eine zu frühe Einschulung kann bei Kindern für Überforderung sorgen. Foto: Adobe Stock

Im Februar sind die Anmeldetage für die neuen Erstklässler. Doch welche Kita-Kinder müssen in die Grundschule und können Kinder auch früher eingeschult werden? Die Redaktion hat einige wichtige Fragen und Antworten zum Thema Schuleintritt zusammengestellt.

In Karlsruhe werden Eltern über frühe Einschulung informiert

Am Montag, 22. Januar, gibt es um 18.30 Uhr einen Online-Informationsabend für Kita-Eltern zum Thema Schulreife, Referentinnen sind Lisa Exle, Helen Maier und Sigrun Wüst vom Landratsamt. 

Wann muss ein Kind in die Schule?
Sobald es am Einschulungsstichtag sechs Jahre alt ist. „Mit Beginn des Schuljahrs sind alle Kinder, die bis 30. Juni des laufenden Kalenderjahrs das sechste Lebensjahr vollendet haben, verpflichtet, die Grundschule zu besuchen“, heißt es im baden-württembergischen Schulgesetz.
Können Kinder auch früher eingeschult werden?
Ja. „Auf Antrag der Eltern können Kinder, die noch nicht schulpflichtig sind, vorzeitig in die Grundschule aufgenommen werden“, steht in einem Infoschreiben des Kultusministeriums zu lesen. Angemeldet werden können Kinder, die in den zwölf Monaten nach Stichtag für die Einschulung sechs Jahre alt werden, also spätestens am 30. Juni 2025 ihren sechsten Geburtstag feiern.
Wer trifft die Entscheidung über eine frühzeitige Einschulung?
Schulleitung und Gesundheitsamt. „Die Kinder müssen in drei Bereichen schulreif sein“, sagt Pädagogin Lisa Exle vom Jugendamt im Karlsruher Landratsamt. „Und zwar sozial-emotional, kognitiv und körperlich“. Es gebe aber auch Kinder, die die kognitiven Voraussetzungen für die Schulreife erfüllten, aber nicht die emotionale Reife für den Schulbesuch hätten. Manche Kinder könnten schon rechnen, aber noch nicht lange stillsitzen.
Wann ist eine frühere Einschulung sinnvoll?
„Es gibt Kinder, die sind nachweislich so fit, dass sie bei einem weiteren Jahr im Kindergarten unterfordert sind“, sagt Exle. Die Folgen eines weiteren Kita-Jahres seien dann Frust und Verhaltensauffälligkeiten. Die frühere Einschulung von Kindern, die bis zum 30. September Geburtstag haben, sei meistens unproblematisch. Bis vor wenigen Jahren war der Stichtag für die Einschulung in Baden-Württemberg ohnehin noch der 30. September.
Was spricht gegen eine frühere Einschulung?
„Manche Kinder sind zwar schulreif, aber sie brauchen doch deutlich länger für die Bearbeitung ihrer Aufgaben. Oder sie sind kleiner und können nicht so schnell rennen“, sagt Exle. Auch eine solche Entwicklung könne Frustration erzeugen. Deshalb sei es wichtig, dass ein Kind in keinem der drei genannten Bereiche Defizite aufweise.
Welche Frage sollten sich Eltern stellen, wenn sie über eine frühere Einschulung nachdenken?
Viele. Ob das Kind mit Frustration und Wut umgehen kann, spielt für Exle ebenso eine wichtige Rolle wie die Frage, ob es ein hungriges Kind auch mal eine halbe Stunde ohne Essen aushält und wie sich der Nachwuchs in eine Gruppe einfügen kann. Doch es gehe auch um ganz pragmatische Fragen, etwa ob das Kind einen Schulranzen tragen und einen Klebstift richtig halten kann.
Welche Rolle bei der Entscheidung spielt die Kita?
Eine wichtige. In den meisten Kitas werden die Kinder in Gruppen eingeteilt. Der Stichtag für die Einschulung spielt dabei nicht immer die entscheidende Rolle, es kommt auch darauf an, ob die Kinder zusammenpassen und wie viele Kinder es in einer bestimmten Altersgruppe gibt. Deshalb kann es gut sein, dass etwa ein Juli-Kind in der Kita immer gemeinsam mit Mai- und Juni-Kindern betreut und so auf eine frühere Einschulung vorbereitet wird.
Spielen bei einer früheren Einschulung auch andere Faktoren wie die Fähigkeiten des Kindes eine Rolle?
Ja. „In letzter Instanz entscheidet die Schulleitung über eine frühere Einschulung“, sagt Exle. Dabei könnten auch die Gegebenheiten vor Ort eine Rolle spielen, etwa, ob es überhaupt noch freie Plätze in den Eingangsklassen gebe.
Können Kinder gezielt auf die frühere Einschulung vorbereitet werden?
Eigentlich nicht. „Erst in der Schule wird ein Kind zum Schulkind“, betont Exle. Mit den Kindern vorher Rechnen, Lesen oder Schreiben zu üben, sei aus pädagogischer Sicht sogar kontraproduktiv. „Keine Lehrkraft erwartet, dass ein Kind beim Schuleintritt schon schreiben kann“, sagt Exle. In den ersten Klassen gebe es ohnehin eigene Rituale, um die Kinder gemeinsam und behutsam an das neue Kapitel ihres Lebens heranzuführen.
Hat eine frühere Einschulung Auswirkungen auf die folgenden Schuljahre?
Auf jeden Fall. Wer ein Jahr früher eingeschult wird, ist auch, sofern man nicht wiederholen muss, ein Jahr früher fertig mit der Schule. Das kann bedeuten, dass ein Kind bereits mit 14 die Mittlere Reife oder mit Ende 16 oder Anfang 17 das Abitur in der Tasche hat. Weil die Kinder so früh aus der Schule kommen, steht auch das achtjährige Gymnasium seit Jahren in der Kritik. Eltern sollten sich auch deshalb gut überlegen, wann ihr Kind eingeschult werden soll.
Kann ein Kind auch später eingeschult werden?
Prinzipiell ja. Aber nicht einfach per Antrag, oder weil die Eltern der Meinung sind, dass es dann länger in der Schule bleiben darf. Zurückgestellt werden können Kinder nur wegen nachgewiesener Entwicklungsstörungen oder intellektueller Defizite. Dann müssen die Kinder in einer Grundschulförderklasse auf den Schuleintritt vorbereitet werden.
Was ist mit besonders begabten Kindern?
Die können direkt in die zweite Klasse eingeschult werden. Ein Wechsel von der ersten in die zweite Klasse ist auch zum Halbjahr möglich, außerdem kann die zweite Klasse auch übersprungen werden.
Setzen manche Eltern ihre Kinder mit der frühen Einschulung auch unter Druck? Oder halten sie den Nachwuchs für schlauer als er eigentlich ist?
„Die Leistungsgesellschaft hat sicherlich auch schon in diesem Bereich Einzug gehalten“, sagt Exle. Deshalb seien Gespräche mit Eltern über die Chancen und Risiken einer solchen Entscheidung auch so wichtig. Schlauer werden Kinder durch eine frühe Einschulung auf keinen Fall, so Exle. „Alle sind sich einig, dass Kinder für ihre Entwicklung die notwendige Zeit bekommen müssen.“

Service

Die Online-Informationsveranstaltung zur Einschulung findet am Montag, 22. Januar, um 18.30 Uhr statt. Die Zugangsdaten werden am Tag der Veranstaltung zugesandt, eine vorherige Anmeldung per E-Mail an pb.karlsruhe@landratsamt-karlsruhe.de ist daher unabdingbar und wird bis 18. Januar erbeten. Für Fragen ist die Psychologische Beratungsstelle Karlsruhe telefonisch unter 0721 936 67 050 erreichbar.

nach oben Zurück zum Seitenanfang