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Elektrisch und doppelt so teuer

Wie viel Kilometer die ersten elektrischen Linienbusse in Karlsruhe täglich fahren können

Ein Dutzend neuer Busse fährt ab dem 10. Dezember in der Stadt – sie sind elektrisch. Bedeutet dies Änderungen für die Kunden?

Ein elektrischer Bus der Verkehrsbetriebe Karlsruhe bei seiner Vorstellung.
Mit zwölf Metern ist der neue Bus-Typ bei den Verkehrsbetrieben Karlsruhe so lang wie seine Vorgänger ohne Gelenk. Der Unterschied liegt unter dem Blech: Das Fahrzeug fährt elektrisch. Der Hersteller MAN garantiert 250 Kilometer Reichweite im täglichen Betrieb. Foto: Jörg Donecker

Augenscheinlich steht da erst mal nur ein normaler Omnibus in den Farben der Verkehrsbetriebe Karlsruhe (VBK) auf dem Unternehmensgelände in der Tullastraße. Für das Verkehrsunternehmen ist es mehr: der Schritt in eine Zukunft, in der nicht nur die Bahnen elektrisiert sind, sondern auch die Busse. Der Stückpreis liegt bei etwa 600.000 Euro – doppelt so teuer wie die dieseltankenden Vorgänger.

Bis zum Fahrplanwechsel am 10. Dezember sollen die zwölf in der ersten Charge georderten Exemplare des „Lion’s City 12E“ in Karlsruhe angekommen sein. Dann werden die Busse auf den Linien 60, 62 und 70 unterwegs sein – unter anderem Mühlburg, Grünwinkel und Neureut werden zunächst angefahren.

Der neue E-Bus Lion’s City 12 E
Der neue E-Bus Lion’s City 12 E Foto: BNN-Infografik

Warum zunächst auf diesen Strecken? Es kommt auf die Reichweite an. Mit den insgesamt sechs Batteriepacks wird eine Kapazität von etwa 480 Kilowattstunden erreicht. „Damit liegt die vom Hersteller garantierte Reichweite bei 250 Kilometer“, sagt Christian Höglmeier, technischer Geschäftsführer bei den VBK.

Die Karlsruher Bus-Linien müssen vielleicht umgestellt werden

Nach diesem Kriterium habe man auch die ersten drei Linien ausgewählt. „Es ist möglich, dass wir auch Linienführungen neu denken müssen“, deutet Alexander Pischon, Geschäftsführer des Karlsruher Verkehrsverbundes (KVV) an.

Gut möglich aber, dass sich in den kommenden Jahren die Reichweite neuerer Fahrzeuge auch erhöht, meint der Geschäftsführer. „Ich erinnere mich an einen der ersten Testbusse. Die sind mit einer Akku-Ladung 120 Kilometer weit gekommen.“

Die Investition für die ersten Fahrzeuge liegt bei 7,2 Millionen Euro – doppelt so viel wie bei Bussen mit Dieselmotor. „Der Bund übernimmt jedoch 80 Prozent der Mehrkosten“, sagt Höglmeier. Somit werden von den Gesamtkosten 2,88 Millionen Euro vom Staat bezahlt.

Innenraum des neuen E-Busses der VBK.
Es wird kein Stoffbezug mehr sein, der über die 39 Sitzplätze gespannt ist. Der Kunststoffbezug ist einfacher zu reinigen als Stoffoberflächen. Foto: Jörg Donecker

In der Anschaffung sind die Busse von MAN teurer. In der Wartung ist die E-Technik den Verbrennern jedoch überlegen, wie VBK-Projektleiter Ruben Jerke erläutert. Der Elektroantrieb sei einfacher in der Handhabung, so Jerke. Übrigens, so Höglmeier, seien auch die Fahrer höchst zufrieden mit den neuen Fahrzeugen.

Der besondere Clou: Die Busse verfügen über eine Rekuperationsbremse – damit wird beim Verzögern des Busses die Batterie wieder geladen, wenngleich nicht entscheidend, sodass die Ladedauer von sechs bis acht Stunden in der Nacht verkürzt werden könnte.

Neuer E-Bus der Verkehrsbetriebe Karlsruhe, fotografiert am Depot der Verkehrsbetriebe.
Die Reichweite der neuen Busse soll bei mindestens 250 Kilometer liegen. Laut Hersteller MAN ginge auch mehr, bei den Verkehrsbetrieben geht man auf Nummer sicher. Foto: Jörg Donecker

Immerhin, betont Frank Berger, Projektleiter für die Einrichtung der Ladestrukturen, könnte man die ersten 70 Prozent des Akkus schon binnen drei Stunden füllen. Und das reiche ebenfalls für die 250 Kilometer Reichweite am Tag.

Die Busse sollen mindestens zwölf Jahre fahren

Entsprechend der Einsatzrouten im Karlsruher Westen kommen die ersten zwölf Fahrzeuge dann auch in einem neu errichteten Gebäude im Betriebshof West. Dort werden mittels softwaregesteuertem Lademanagement die Akkus wieder gefüllt.

„In welchem Rhythmus das am besten klappt, müssen wir noch herausfinden“, betont Berger. Noch fehlt den Karlsruhern die Erfahrung, um darüber konkrete Aussagen treffen zu können.

Sollte eines der sechs Akkupacks auf dem Dach innerhalb der anvisierten Einsatzdauer von zwölf Jahren den Geist aufgeben, würde MAN die Technik ersetzen, sagt Pischon.

Nachbestellungen von Dieselfahrzeugen gibt es keine mehr.
Christian Höglmeier

Das Dutzend ist nur der erste Schritt von vielen bis Ende des Jahrzehnts. „Wir wollen in den kommenden Jahren unsere gesamte Dieselbusflotte komplett auf batteriegetriebene Busse umstellen“, erklärt Höglmeier. Die Bus-Flotte der Verkehrsbetriebe besteht aktuell noch aus 53 Bussen – sie sollen alle ersetzt werden. Die Zustimmung der Aufsichtsräte würde dafür aber noch ausstehen, so die Verkehrsbetriebe.

Stromanschluss des neuen E-Busses der VBK.
Der Anschluss zum Laden des Busses liegt auf der Zustiegsseite – für eine volle Ladung der 480 Kilowatt-Batterie braucht es sieben bis acht Stunden. Die ersten 70 Prozent sind laut den Verkehrsbetrieben schon nach drei Stunden erreicht. Foto: Jörg Donecker

„Nachbestellungen von Dieselfahrzeugen gibt es keine mehr“, betont Höglmeier. Das würde auch dem Ziel der VBK widersprechen, künftig komplett auf emissionsfreien Nahverkehr zu setzen. Die Stadtwerke Karlsruhe liefern den Strom für die Trams, und künftig auch für die elektrischen Busse. Emissionen werden unter Umständen weiterhin freigesetzt, je nach Stromerzeugung eben. Nur nicht mehr am Fahrzeug selber. Die Busse sind auch Teil der städtischen Strategie, die Klimaneutralität zu erreichen.

Probefahrten am Stadtfest

Gelegenheiten, die neuen Busse zu sehen, gibt es am Wochenende auf dem Karlsruher Stadtfest. Samstag und Sonntag fahren die Busse ab dem Rondellplatz alle 20 Minuten ab, Samstag zwischen 11 und 17 Uhr, am Sonntag zwischen 13 und 17 Uhr.

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