
Augenscheinlich steht da erst mal nur ein normaler Omnibus in den Farben der Verkehrsbetriebe Karlsruhe (VBK) auf dem Unternehmensgelände in der Tullastraße. Für das Verkehrsunternehmen ist es mehr: der Schritt in eine Zukunft, in der nicht nur die Bahnen elektrisiert sind, sondern auch die Busse. Der Stückpreis liegt bei etwa 600.000 Euro – doppelt so teuer wie die dieseltankenden Vorgänger.
Bis zum Fahrplanwechsel am 10. Dezember sollen die zwölf in der ersten Charge georderten Exemplare des „Lion’s City 12E“ in Karlsruhe angekommen sein. Dann werden die Busse auf den Linien 60, 62 und 70 unterwegs sein – unter anderem Mühlburg, Grünwinkel und Neureut werden zunächst angefahren.

Warum zunächst auf diesen Strecken? Es kommt auf die Reichweite an. Mit den insgesamt sechs Batteriepacks wird eine Kapazität von etwa 480 Kilowattstunden erreicht. „Damit liegt die vom Hersteller garantierte Reichweite bei 250 Kilometer“, sagt Christian Höglmeier, technischer Geschäftsführer bei den VBK.
Die Karlsruher Bus-Linien müssen vielleicht umgestellt werden
Nach diesem Kriterium habe man auch die ersten drei Linien ausgewählt. „Es ist möglich, dass wir auch Linienführungen neu denken müssen“, deutet Alexander Pischon, Geschäftsführer des Karlsruher Verkehrsverbundes (KVV) an.
Gut möglich aber, dass sich in den kommenden Jahren die Reichweite neuerer Fahrzeuge auch erhöht, meint der Geschäftsführer. „Ich erinnere mich an einen der ersten Testbusse. Die sind mit einer Akku-Ladung 120 Kilometer weit gekommen.“
Die Investition für die ersten Fahrzeuge liegt bei 7,2 Millionen Euro – doppelt so viel wie bei Bussen mit Dieselmotor. „Der Bund übernimmt jedoch 80 Prozent der Mehrkosten“, sagt Höglmeier. Somit werden von den Gesamtkosten 2,88 Millionen Euro vom Staat bezahlt.

In der Anschaffung sind die Busse von MAN teurer. In der Wartung ist die E-Technik den Verbrennern jedoch überlegen, wie VBK-Projektleiter Ruben Jerke erläutert. Der Elektroantrieb sei einfacher in der Handhabung, so Jerke. Übrigens, so Höglmeier, seien auch die Fahrer höchst zufrieden mit den neuen Fahrzeugen.
Der besondere Clou: Die Busse verfügen über eine Rekuperationsbremse – damit wird beim Verzögern des Busses die Batterie wieder geladen, wenngleich nicht entscheidend, sodass die Ladedauer von sechs bis acht Stunden in der Nacht verkürzt werden könnte.

Immerhin, betont Frank Berger, Projektleiter für die Einrichtung der Ladestrukturen, könnte man die ersten 70 Prozent des Akkus schon binnen drei Stunden füllen. Und das reiche ebenfalls für die 250 Kilometer Reichweite am Tag.
Die Busse sollen mindestens zwölf Jahre fahren
Entsprechend der Einsatzrouten im Karlsruher Westen kommen die ersten zwölf Fahrzeuge dann auch in einem neu errichteten Gebäude im Betriebshof West. Dort werden mittels softwaregesteuertem Lademanagement die Akkus wieder gefüllt.
„In welchem Rhythmus das am besten klappt, müssen wir noch herausfinden“, betont Berger. Noch fehlt den Karlsruhern die Erfahrung, um darüber konkrete Aussagen treffen zu können.
Sollte eines der sechs Akkupacks auf dem Dach innerhalb der anvisierten Einsatzdauer von zwölf Jahren den Geist aufgeben, würde MAN die Technik ersetzen, sagt Pischon.
Nachbestellungen von Dieselfahrzeugen gibt es keine mehr.Christian Höglmeier
Das Dutzend ist nur der erste Schritt von vielen bis Ende des Jahrzehnts. „Wir wollen in den kommenden Jahren unsere gesamte Dieselbusflotte komplett auf batteriegetriebene Busse umstellen“, erklärt Höglmeier. Die Bus-Flotte der Verkehrsbetriebe besteht aktuell noch aus 53 Bussen – sie sollen alle ersetzt werden. Die Zustimmung der Aufsichtsräte würde dafür aber noch ausstehen, so die Verkehrsbetriebe.

„Nachbestellungen von Dieselfahrzeugen gibt es keine mehr“, betont Höglmeier. Das würde auch dem Ziel der VBK widersprechen, künftig komplett auf emissionsfreien Nahverkehr zu setzen. Die Stadtwerke Karlsruhe liefern den Strom für die Trams, und künftig auch für die elektrischen Busse. Emissionen werden unter Umständen weiterhin freigesetzt, je nach Stromerzeugung eben. Nur nicht mehr am Fahrzeug selber. Die Busse sind auch Teil der städtischen Strategie, die Klimaneutralität zu erreichen.
Probefahrten am Stadtfest
Gelegenheiten, die neuen Busse zu sehen, gibt es am Wochenende auf dem Karlsruher Stadtfest. Samstag und Sonntag fahren die Busse ab dem Rondellplatz alle 20 Minuten ab, Samstag zwischen 11 und 17 Uhr, am Sonntag zwischen 13 und 17 Uhr.