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Neue Erkenntnisse

Rußheimer Neumühle bringt der Gemeinde Ärger und der Müllersfamilie Leid

Der Liedolsheimer Heimatkundler Rainer Oberacker hat die Geschichte der Mühle aufgearbeitet, die trotz negativer Gutachten gebaut wurde.

In einem Vortrag präsentiert Liedolsheims Heimatkundler Rainer Oberacker jetzt seine aktuellen Forschungen zu Rußheimer Mühlen mit der erstmals aufgearbeiteten Neumühle. 
Liedolsheims Heimatkundler Rainer Oberacker stellt seine aktuellen Forschungen zu Rußheimer Mühlen mit der Neumühle vor. Foto: Alexander Werner

Die Rußheimer Waldmühle ist ein regional beliebtes Ausflugsziel. Alljährlich zieht das historische Anwesen zum Deutschen Mühlentag mit begleitendem Familienfest eine große Schar von Besuchern an. In der benachbarten Schleifmühle etablierten die neuen Eigentümer nach aufwendiger Restaurierung eine Eventlocation. Wenig bekannt ist, dass es direkt an der Gemarkungsgrenze zu Liedolsheim einst von 1784 bis 1827 noch eine Mühle gab. Sie lag am Weg nach Liedolsheim neben der Brücke am Liesemer Graben (Mühlenbach).

Die Geschichte dieser Neumühle arbeitete 2023 erstmals der Liedolsheimer Heimatkundler Rainer Oberacker auf. Ihre Geschichte präsentierte er am Jahresende beim Rußheimer Seniorennachmittag. Nun widmet er am 8. Februar bei den Liedolsheimer Landfrauen allen drei Mühlen einen Vortrag.

„Speziell zur Wald- und Schleifmühle wurde schon einiges gearbeitet“, sagt Oberacker. Er spricht die Dettenheimer Ortschronik und die Forschungen von Ernst Döbele an, der seine nach dem Zweiten Weltkrieg fertige Chronik nie veröffentlichte. Eine wichtige Quelle zur Schleifmühle ist der 1888 erschienene Roman „Hanna – ein Lebensbild vom Dorfe“ von Müllerstochter Emilie Augustine Geitz, die ihrer Mutter unter dem Pseudonym E. Avari ein literarisches Denkmal im Zeitkolorit vom Dorf- und Mühlenleben setzte.

„Die Familienüberlieferungen orientierten sich wesentlich an der Wirklichkeit“, so Oberacker. So flossen sie auch ein in die in der Familie fortgeschriebene „Chronik der Familie Geitz 1802 bis 2014 – Schleifmühle Rußheim“.

Digital verfügbare Ortsakten im Generallandesarchiv

„Über die Neumühle ist viel weniger bekannt. Für mich sind die noch nicht lange im Internet beim Generallandesarchiv digital verfügbaren überbehördlichen Ortsakten eine Fundgrube“, sagt Oberacker. Wenn er von 16 Dokumenten zu den drei Mühlen spricht, klingt das an sich nach nicht allzu viel. Allerdings umfassen schon allein die drei Akten, die sich schwerpunktmäßig auf die Neumühle beziehen, bis zu 200 Seiten. Oberacker hat sie bereits alle durch.

Zwar besitzt er die Kenntnisse zum Lesen der alten deutschen Handschrift seit vielen Jahren, die Entzifferung der sehr eigenwilligen Schreibweisen bleibt aber stets eine Herausforderung. „Ernst Döbele hat die Akten in Karlsruhe für seine Chronik gesichtet und aufgenommen, was ihm dafür wichtig erschien“, sagt er. „Wenn man sie komplett durchliest, erschließen sich jedoch ganz andere Tiefen und Hintergründe.“

Angst vor Überschwemmungen erweist sich als berechtigt

Beispielhaft nennt er die detailliert mit allen Beteiligten aufgeführten Vorgänge bei der Neumühle. Der Bezirksrat förderte die Mühlenansiedlung und die Gemeinde Rußheim hieß sie gut, während es in Liedolsheim konträre Meinungen gab. Die Gemeinde sei von Beginn an dagegen gewesen, weil man Überschwemmungen des Ackerlands befürchtete, die dann auch eintraten. „Der Sachverständige sah sie von vornherein zum Scheitern verurteilt“, sagt Oberacker. Auch Rußheim habe seine Ansicht geändert.

Die Neumühle errichtete Waldmüller Johann Christoph Knobloch. Er setzte den Bau trotz negativer Gutachten durch. „Tatsächlich erwies sich die Neumühle als ein gescheitertes Vorhaben, das den Gemeinden Ärger und Kosten verursachte und für die Müllerfamilie Leid mit sich brachte“, resümiert Oberacker. Letztlich kauften die Kommunen die Mühle und ließen sie abbrechen.

Waldmühle liefert gute Erträge

Ältere Urkunden zu den anderen Mühlen reichen weitaus weiter zurück als die jetzt zugänglichen Karlsruher Ortsakten. Die früheste Quelle für die einstige Stampf- und Schleifmühle datiert von 1566. Mit Genehmigung von 1701 wurde sie zur Mahlmühle. Das älteste Dokument zu der wohl bereits vor 1400 erbauten herrschaftlichen Waldmühle datiert von 1447. Ab etwa 1600 gehörte sie lange Liedolsheim und Rußheim gemeinsam.

Aus dem Rechnungsbuch von 1699 als ältester im Gemeindearchiv vorhandener Akte ersah Oberacker, dass sie für beide Kommunen gute Erträge abwarf. Im Liedolsheimer Archiv forscht Oberacker seit Jahrzehnten und je nach Bedarf auch in den Beständen im alten Rußheimer Rathaus.

Termin

Rainer Oberacker hält seinen Vortrag zu den Rußheimer Mühlen am Donnerstag, 8. Februar, bei einer um 9 Uhr beginnenden Veranstaltung der Liedolsheimer Landfrauen mit Frühstück im DRK-Heim in der Bächlestraße 62. Anmeldungen sind bis 2. Februar telefonisch unter 0 72 47 / 94 63 00 erforderlich.

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