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Auftragsbücher sind voll

Elektrobetriebe aus dem Karlsruher Norden zeigen sich skeptisch in Sachen Energiewende

Fachkräftemangel, unübersichtliche Förderung, ein zu niedriger Einspeisevergütung − Elektriker aus dem Karlsruher Norden sehen einige Herausforderungen. Ist die sogenannte Energiewende zu stemmen?

Lehrling Naim Morina mit Elektromeister Jörg Freiburger
Lehrling Naim Morina und Elektromeister Jörg Freiburger sind mit ihrer Arbeit ausgelastet. Foto: Susanne Dürr

Die Auftragsbücher für Elektriker sind derzeit gut gefüllt. Die Handwerksbetriebe stehen buchstäblich unter Strom. Um alle anfallenden Arbeiten zu erledigen, könnten sie zusätzliche Mitarbeiter gut gebrauchen, doch qualifiziertes Personal ist gerade Mangelware auf dem Markt.

Ob die Energiewende mit dem derzeitigen Fachpersonal bei den sich zunehmend schnell wechselnden technischen Anforderungen zu stemmen ist, bezweifeln von dieser Redaktion befragte Elektromeister.

Elektromeister aus Stutensee kritisiert Förderung des Bundes

Elektromeister Andy Herlan, der im November 2022 die Herlan Elektro GmbH mit Sitz in Stutensee gründete, zeigt sich skeptisch. Sein Leistungskatalog umfasst außer der Spezialisierung auf die klassische Elektroinstallation auch Planung und Beratung in den Bereichen Photovoltaik, Smart Home, E-Mobilität und Sicherheitstechnik.

Sein Team, bestehend aus drei Gesellen und einem Auszubildenden, wäre erweiterbar, erklärt der 33-Jährige. Doch von zusätzlichen Fachkräften erwartet der Chef, mit der Technik weiterzuwachsen, sich auch mal zu Hause hinzusetzen und an Lösungen zu arbeiten, wenn es etwa Probleme mit einem Update gibt.

Manch einer seiner Kollegen habe gefüllte Auftragsbücher und könne die Aufträge gar nicht abarbeiten. So wurde Herlan zu einer Baustelle gerufen, bei der die vorigen drei beauftragten Elektriker „die Segel gestrichen“ hätten.

Wenn Deutschland das Ziel der Energiewende im Jahre 2035 mit dem anvisierten Ziel von 40 Prozent erneuerbarer Energie erreichen will, sagt Herlan, sei auch eine Planungssicherheit bezüglich der Fördermittel nötig.

So sei die Förderung im Bereich von Photovoltaikanlagen über die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) oder die Städte zu unübersichtlich.

Elektrobetriebe aus Pfinztal und Weingarten sind ausgelastet

„Wir waren die zehnte Firma, die ein Karlsruher Gastronomiebetrieb auf der Suche nach Elektrikern anrief“, erzählt Elektromeister Jörg Freiburger, der vor 33 Jahren die Firma Elektro-Freiburger in Pfinztal gründete.

Inzwischen beschäftigt der Meister zehn Mitarbeiter und bildet zwei Lehrlinge aus. Einer von ihnen ist Naim Morina. Der 18-Jährige im dritten Lehrjahr ist sich sicher, die richtige Entscheidung bei der Berufswahl getroffen zu haben und macht sich um seine Zukunft keine Sorgen.

„Einen Lehrling auszubilden ist für den Betrieb eine Belastung, der läuft nicht gerade so mit“, sagt Freiburger. „Die Elektroarbeiten beim Wohnungsbau sind derzeit überschaubar, der Markt für Photovoltaikanlagen boomt.“

 Die Einspeisevergütung ist in allen anderen Ländern höher und näher an den tatsächlichen Kosten.
Jörg Freiburger
Elektromeister aus Pfinztal

Nicht zuträglich für ihn sei in Fragen der Energiewende die momentane Einspeisevergütung am deutschen Markt, die bei Anlagen bis zehn Kilowatt-Peak bei 8,2 Cent pro Kilowattstunde liege. „Diese ist in allen anderen Ländern höher und näher an den tatsächlichen Kosten“, so Freiburger.

Sein Arbeitsteam sei mit einem Durchschnittsalter von etwa 30 Jahren recht jung und einen passenden Mitarbeiter, der seine Nachfolge antreten könne, habe er schon ins Auge gefasst.

Mit einer Vier in Mathe hat man bei uns keine Chance auf einen Ausbildungsplatz.
Sabien Koch
Elektro Fischer Weingarten

Zwar könne sie sich nicht über die Anzahl der Bewerbungen, die bei ihnen eintrudeln, beklagen, sagt Sabine Koch von Elektro Fischer in Weingarten. Doch die schulischen Leistungen ließen oft zu wünschen übrig: „Mit einer Vier in Mathe hat man bei uns keine Chance auf einen Ausbildungsplatz.“

Elektromeister Günter Koch sei ständig auf Achse und ist voll ausgelastet, erklärt die Gattin. Vor Ort führt das Ehepaar ein Fachgeschäft mit Haushaltswaren und Elektroinstallationsmaterial.

Im Betrieb werden momentan vier Lehrlinge ausgebildet, während sechs Gesellen zum Team gehören. Sie übernehmen die klassischen Elektroinstallationen rund um den Bau und sind zudem auf Netzwerklösungen rund ums smarte Heim spezialisiert.

Die Auftragslage sei „sehr gut bis nicht mehr zu bewältigen“, sagt Sabine Koch. Sie will keine Einschätzung wagen, ob genügend Spezialisten am Markt sind, um die zunehmend komplexen elektrotechnischen Aufgaben zu bewältigen, die mit der Energiewende einhergehen. Die Installation von Photovoltaikanlagen etwa überlässt die Firma anderen Unternehmen.

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