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Lebenshilfe Bruchsal/Bretten

Wie Menschen mit geistiger Behinderung in Graben-Neudorf zusammen Sport machen

Beim TSV Neudorf machen Menschen mit geistiger Behinderung zusammen Sport. Trainerin Jessica Frank sieht beim Thema Inklusion noch Luft nach oben. 

Zum Abschluss des Trainings geht es für die Teilnehmer des Gesundheitssports ans Schwungtuch.
Zum Abschluss des Trainings geht es für die Teilnehmer des Gesundheitssports ans Schwungtuch. Foto: Simone Kochanek

Arme nach vorne, rechtes Bein anwinkeln: Rund 15 Männer und Frauen liegen bäuchlings auf den Gymnastikmatten in der Sporthalle des TSV Neudorf. Angestrengt versuchen sie den Anweisungen von Übungsleiterin Petra Jungkind zu folgen. Alle bis auf einer. Thorben Alexnat, blaues T-Shirt und kurze Sporthose, gönnt sich eine kurze Pause.

Sportler haben das Down-Syndrom oder Autismus

Das ist nicht ungewöhnlich, verrät Trainerin Jessica Frank. „Die Motivation ist oft ein Problem. Einige sitzen das komplette Training über auf der Bank und schmollen.“ Die Teilnehmer der Sportgruppe der Lebenshilfe Bruchsal/Bretten haben eins gemeinsam: Alle haben eine geistige Behinderung. Frauen und Männer mit Trisomie 21, Autismus und Schizophrenie sind dabei, auch ein Gehörloser trainiert mit. Mit ihm kommuniziert Frank auf Gebärdensprache.

Thorben Alexnat, 49 Jahre alt, hat das Down-Syndrom. Tagsüber arbeitet er in der Behindertenwerkstatt in Graben. Dort bedient er eine Maschine, die für die Herstellung von Felgen zuständig ist. Jeden Mittwochnachmittag geht es zum Sport nach Neudorf. Und das schon seit rund acht Jahren. „Am liebsten stehe ich beim Fußball im Tor.“

An diesem Nachmittag ist Gymnastik angesagt. Die Sportler drehen die Hüften, lassen die Arme kreisen. „Das Spiegeln ist oft das Problem“, sagt Trainerin Frank. Einige hätten Schwierigkeiten, die Bewegungen der Trainer zu kopieren. Frank ist Heil- und Inklusionstherapeutin und spielt Handball bei der SG Hambrücken/Weiher. Einmal die Woche trainiert sie die Sportler der Lebenshilfe.

Frank ist bei Special Olympics dabei

Neben der Bewegung steht dort vor allem das Soziale im Vordergrund. Einige leben alleine, in der Sportgruppe kommen sie unter Leute. Auch an Wettkämpfen nimmt die Gruppe teil. Beim Landesturnfest im vergangenen Jahr landete sie auf dem ersten Platz. „Der Wettkampf und die Feier danach waren ein Highlight“, sagt Frank. Die Gruppe erhielt den Preis als „Mannschaft des Jahres 2022“ der Gemeinde Graben-Neudorf.

Und trotzdem: Beim Thema Inklusion sei noch Luft nach oben, sagt Frank. Die Gruppe sei offen für alle Menschen. Ein Sportler ohne Behinderung habe aber noch nie mitgemacht. Bei den Special Olympics in Berlin ist Frank als Helferin dabei. Sie hofft, dass der Wettkampf den Blick auf Menschen mit Behinderung verändert.

Boccia-Nationalspielerin trainiert in Neudorf

In der Sporthalle in Neudorf unterbricht ein junger Mann im gelben T-Shirt seine Übungen, um Frank fröhlich zuzuwinken. „Hallo!“. Frank winkt lachend zurück. „Konzentrier dich.“ Sich zu konzentrieren fällt Jessica Dörr leicht. Die junge Frau im Deutschland-Trikot ist Mitglied der deutschen Boccia-Nationalmannschaft der Menschen mit Behinderung. Bei dem Präzisionssport mit den Kugeln ist vor allem eins wichtig: „Man muss ruhig bleiben.“ Die Sportgruppe in Neudorf sei ein guter Ausgleich.

In der Halle rollen die Sportler jetzt die Matten ein. Zum krönenden Abschluss packt Frank ein großes buntes Tuch aus: das Schwungtuch. Draußen vor der Halle gruppieren sich die Sportler im Kreis um das Tuch. Sie heben es hoch, schütteln es, laufen darunter durch.

Frank schaut auf die Uhr, heute will sie pünktlich Schluss machen: Zwei ihrer Schützlinge fahren nach dem Training zum ersten Mal alleine mit dem Bus nach Hause. Die Fahrt dauert zwar nur wenige Minuten. Trotzdem will Frank sich ins Auto setzen und dem Bus hinterherfahren, um sicherzugehen, dass die beiden am Ziel ankommen.

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