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Mehr als 70 Arbeitgeber

Wie Aussteller bei der Ausbildungsmesse in Stutensee um die Azubis von morgen werben

In Stutensee haben sich mehr als 70 Firmen potenziellen neuen Auszubildenden präsentiert. Sie stellen fest: Vor der Frage nach dem Geld kommt heute die nach der Vereinbarkeit mit dem eigenen Lebensstil.


Oberbürgermeisterin Petra Becker eröffnet die Ausbildungsmesse in Stutensee mit einem Schnitt durchs Band.
Oberbürgermeisterin Petra Becker eröffnet die Ausbildungsmesse in Stutensee mit einem Schnitt durchs Band. Foto: Marianne Lother

Die Ausbildungsplattform Stutensee hat am Samstag zum 15. Mal stattgefunden. Mehr als 70 Vertreter von Wirtschaft, Handel, öffentlichem Dienst und vielen weiteren Bereichen in der Region präsentierten sich auf der Messe, die gemeinsam vom Gewerbeverein und der Stadtverwaltung ausgerichtet wurde.

Bertram Hornung, der Vorsitzende des Gewerbevereins, riet den Besucherinnen und Besuchern: „Schaut euch um. Vielleicht seht ihr neben eurem Wunschberuf noch eine ganz andere, bessere Möglichkeit.“

Stutenseer Oberbürgermeisterin sieht einen Wandel im Arbeitsmarkt

Oberbürgermeisterin Petra Becker (parteilos) sagte: „Der Markt hat sich gedreht.“ Vor Jahren noch seien die Schülerinnen und Schüler gekommen, um hier Kontakte für künftige Ausbildungsplätze oder Praktika zu knüpfen, jetzt werben die Firmen um Auszubildende.

Die Palette der Aussteller war riesig, kleinere Unternehmen mit zweistelliger Beschäftigtenzahl stellten sich ebenso vor wie große Firmen mit sechsstelliger Mitarbeiterzahl. Europaweit vertreten ist etwa die Schwarz-Gruppe, die hochwertige Lebensmittel herstellt und Standards bei umweltfreundlicher Verpackung setzt. Am Stand konnten sich Interessierte über Papiertechnologie informieren.

Das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) möchte mit dem Slogan „Was willst Du sein?“ künftige Mitarbeitende ansprechen. „Wenn wir früher zwei, drei Ausbildungsplätze ausgeschrieben haben, hatten wir 500 Bewerbungen. Heute sind wir froh, wenn es 20 sind“, sagt Hans-Jürgen Boehm, Ausbildungskoordinator beim KIT. Es habe ein gesellschaftlicher Wertewandel stattgefunden.

Arbeitgeber will für persönliches Interesse junger Menschen Lösungen finden

War früher die erste Frage die nach dem Verdienst, gelte sie heute der Möglichkeit, das zu tun, was man wirklich will, der Vereinbarkeit mit dem eigenen Lebensstil. Boehm betreut die naturwissenschaftlichen Berufe und will versuchen, für das persönliche Interesse der jungen Menschen Lösungen zu finden. Dabei setzt er stark auf die praktische Seite der Ausbildung im Team. Ein selbstgebauter Flipperautomat spricht für sich.

Eine Abkehr des Interesses am reinen Geldverdienen bestätigte auch Anja Bauer vom Team Lidl. Der Besuchsandrang am Stand sei eher verhalten, aber diejenigen, die da waren, hätten intensiv gefragt. Es sei um Arbeit im Team gegangen, um geregelte Arbeitszeiten, um die Vereinbarkeit mit der Familie. Auch Azubis hätten Tarifrechte, sagt sie, aber man müsse den Job wirklich wollen.

Dicht umlagert war der Stand von SEW. Die Firma stellt Antriebstechnik her. Ein Mitarbeiter erklärte an einem Modell, welcher Beruf welchen Anteil am Endprodukt hat. „So können sich die Jugendlichen viel besser vorstellen, wozu ihre Arbeit gebraucht wird.“ Aber die achte Klasse sei altersmäßig von konkreten Berufsinteressen noch ziemlich weit weg.

Gymnasiasten kommen hierher, weil sie Praktikumsplätze für das Bogy brauchen.
Brigitte Beyrich
Studienrätin

Einige Meter weiter betreuten Schülerinnen und Schüler des Thomas-Mann-Gymnasiums das Catering und verkauften selbst gebackenen Kuchen. „Gymnasiasten kommen hierher, weil sie Praktikumsplätze für das Bogy brauchen“, erklärte Studienrätin Brigitte Beyrich. Als Bogy wird das berufsorientierende Praktikum in der Schule bezeichnet.

Ihr Kollege Timo Simons, Klassenlehrer einer Neunten, berichtete, die Jugendlichen seien erstaunt über die Auswahl und Breite der Ausbildungsangebote. Sich im persönlichen Gespräch zu informieren sei doch ganz anders – und besser – als über Youtube, habe er als Feedback bekommen. Außerdem sei berufliche Beratung im Lehrplan verankert und der Besuch dieser Plattform sei ein Baustein dafür.

Luka und Nikita bestätigten das. Die beiden Schüler fanden es gut, dass es diese Informationsmöglichkeit gibt und wollten schauen, „ob was Interessantes dabei ist“.

Firma baut Hebekran im Außenbereich auf

Auf ganz andere Art Interesse wecken wollte die Firma AKB Holzbau. Dachdecker und Zimmerleute arbeiten immer noch im Freien und in großen Höhen. Darum wurde im Außenbereich ein Hebekran aufgebaut, mit dem die eigene Schwindelfreiheit getestet werden konnte.

Elisa und Laura, beide 16 Jahre alt, studierten den Plan im Eingangsbereich. Beide wollten sich zunächst unverbindlich informieren, Elisa über die verschiedenen Studiengänge bei der Dualen Hochschule Baden-Württemberg und Laura am Stand der Bezirksärztekammer über Möglichkeiten und Voraussetzungen für einen Beruf im medizinischen Bereich.

Werbung für den Beruf als Erzieher

Mia, Nina, Xenia und Emilia, alle 16 Jahre alt, hatten schon konkrete Vorstellungen. Alle vier möchten Pflegefachkraft werden und wollten sich an diesem Tag über die verschiedenen Arbeitgeber informieren. Sie dürften vermutlich mit offenen Armen empfangen worden sein.

Nicht anders ist es im Bereich der Kinderbetreuung. Marius Biebsch, CDU-Stadtrat in Stutensee, warb für den Beruf des Erziehenden im Auftrag der evangelischen Kirche. „Die Politik hat den Eltern einen Kindergartenplatz ab dem dritten Lebensjahr zugesichert, aber zur Umsetzung fehlt das Personal“, klagte er. 

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