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Artensterben direkt vor der eigenen Haustür

Viele Tier-und Pflanzenarten im Landkreis Karlsruhe stehen kurz vor Ausrottung

Klimaveränderung, Verbrauch von Landschaft, intensive Landwirtschaft und Freizeitdruck machen auch im Landkreis Karlsruhe Tieren und Pflanzen zu schaffen. Gegenmaßnahmen könnten helfen.

Bedroht: Die Haselmaus ist wie andere Säugetiere, beispielsweise Wasserspitzmaus, Gartenschläfer und verschiedene Fledermausarten, gefährdet
Bedroht: Die Haselmaus ist wie andere Säugetiere, beispielsweise Wasserspitzmaus, Gartenschläfer und verschiedene Fledermausarten, gefährdet Foto: Franz Lechner

Beim Thema Artensterben zeigen viele Menschen in der Region nach Asien, wo Orang-Utans zunehmend ihren Lebensraum verlieren. Oder nach Brasilien, wo der Regenwald rücksichtslos abgeholzt wird. Und vielleicht auch noch auf Afrika, wo Nashörner wegen ihres Horns brutal abgeschlachtet werden.

Aber kaum einer zeigt auf das, was sich vor seiner eigenen Haustür abspielt. Dabei droht dort laut Naturschützern wie dem Vorsitzenden des Vereins für Vogel- und Naturschutz Dettenheim (VVND), Hermann Geyer, zunehmend der Verlust der Artenvielfalt.

Tatsächlich stehen in der Region derzeit sehr viele Tier- und Pflanzenarten kurz vor ihrer Ausrottung. Viele sind in den vergangenen Jahren bereits verschwunden. Und das Problem betrifft nicht nur Insekten.

„Wir haben in allen Tierfamilien große Probleme mit dem Artenschwund, egal ob Vögel, Insekten, Fische, Amphibien oder Säugetiere“, berichtet Geyer. Ein Trend, der nicht nur die Region, sondern ganz Deutschland betrifft.

Aber vor der eigenen Haustür schmerzt das Artensterben natürlich besonders stark. Zumindest die Menschen, die es wahrnehmen. Wie Hermann Geyer oder Peter Zimmermann. Der Landschaftsökologe nimmt es in seiner Funktion als Artenschutzbeauftragter des Regierungspräsidiums Karlsruhe sogar täglich wahr.

Bewohner von Schilfgebieten: Die Rohrweihe leidet unter dem Klimawandel, weil Schilf
auf trockenen Böden nicht wächst.
Bewohner von Schilfgebieten: Die Rohrweihe leidet unter dem Klimawandel, weil Schilf auf trockenen Böden nicht wächst. Foto: Franz Lechner

„Amphibien wie der Moorfrosch oder die Knoblauchkröte, Heuschrecken wie die Sumpfgrashüpfer, Schmetterlinge wie der Dunkle und der Helle Ameisenbläuling, Libellen wie die Zierliche Moosjungfer oder die grüne Flussjungfer“, nennt der Amphibien- und Libellenfachmann als nur einige der vielen Arten, die in der Region immer seltener werden. Allein die Zahl der stark bedrohten Wildbienen- und Käferarten dürfte wohl bei weit mehr als einem Dutzend liegen. Genaues weiß aber niemand.

Im Gegensatz zu den gefährdeten Vogel- und Säugerarten. „Die einst sehr häufige Haubenlerche ist fast verschwunden, nur in Linkenheim habe ich voriges Jahr noch welche gesehen“, berichtet Hermann Geyer. „Von der Rohrweihe haben wir in der gesamten Hardt kaum noch mehr als zwei oder drei Brutpaare.“ Auch das Rebhuhn, von dem man nur noch einzelne Paare in Stutensee findet, die Blaukehlchen oder der Kiebitz drohen aus der Region zu verschwinden. Und aus der Welt der Säuger sind beispielsweise Wasserspitzmaus, Gartenschläfer, Haselmaus und verschiedene Fledermausarten bedroht.

Umweltschützer fordern mehr Respekt für andere Lebewesen

Die Gründe? „Klimaveränderung, Landschaftsverbrauch, intensive Landwirtschaft und der Freizeitdruck“, zählt Peter Zimmermann die bekannten Ursachen auf. Verhindern lasse sich der Artenschwund wohl nur noch durch einen veränderten, von mehr Respekt für andere Lebewesen geprägten Umgang mit der Natur.

„Blühmischungen aus nicht einheimischen oder von Gärtnern gezüchteten Arten, die von Bürgermeistern mediengerecht in Neubaugebieten zur Begrünung von Kreisverkehren ausgesät werden, ändern jedenfalls gar nichts“, betont Geyer. Seine Forderungen sind „eine veränderte Landwirtschaft, die Vernetzung der wenigen ökologisch wertvollen Naturräume durch Grüngürtel und endlich ein Ende des ungebremsten Landschafsverbrauches“.

Ohne solche Maßnahmen werde das Artensterben weitergehen, sind sich Naturschützer einig. Und das werde auch Folgen für den Menschen haben. Dass zum Beispiel das Insektensterben irgendwann die Bestäubung vieler Nutzpflanzen und damit die Ernährung der Menschheit bedroht, ist inzwischen bekannt.

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