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Viele Sorgen im nördlichen Landkreis

Wo bei der Metzgerzunft der Schuh drückt

In der Hardt kämpfen die Fleischer mit Fachkräftemangel, Inflation und Energiepreisen. Viel Frust herrscht auch über ausufernde Bürokratie – es gibt aber auch positive Signale.

Vater, Mutter und Tochter hinter der Metzgerei-Theke, im Hintergrund hängen Würste an der Wand.
Metzgermeister Harald Wenz mit Ehefrau Ulrike und Tochter Jennifer, ebenfalls Metzgermeisterin (rechts) im Familienbetrieb in Pfinztal. Froh sind die Eltern darüber, dass die Nachfolge bereits geklärt ist. Foto: Volker Knopf

Die Metzgerzunft im nördlichen Karlsruher Landkreis hat mit vielem zu kämpfen: Fachkräftemangel, hohe Energiepreise, Inflation, Nachfolge-Frage und vegane Trends. Auch die zunehmende Bürokratie macht den Fleischern zu schaffen. „Es gibt so viele Hemmnisse und Auflagen seitens der Behörden. Es wird immer schwieriger für unsere Branche“, sagt Beate Wilhelm, Verkaufsleiterin bei der Metzgerei Kunzmann in Weingarten.

Auch der Fachkräftemangel sorgt für Verdruss. Es würden zwar immer mal wieder Frauen mit Migrationshintergrund aus Syrien oder Afghanistan wegen eines Jobs anfragen. „Aber es hapert ganz oft an der Sprachkompetenz. Die ist im Verkauf hinter der Ladentheke aber elementar. Die Frauen trauen sich den Job dann am Ende oft nicht zu“, so die Frau aus der Winzer-Gemeinde und fügt hinzu: „Es müsste doch viel mehr Sprachkurse genehmigt werden.“

Öffnungszeiten in Weingarten wurden eingeschränkt

Wenn es um den Wirtschaftskontrolldienst oder die Lebensmittelüberwachung gehe, dann sei der bürokratische Apparat wiederum äußerst aktiv. Da würden zuweilen hohe Investitionen gefordert, wenn an einer Stelle mal ein bisschen Rost zu sehen sei. „Ganz ehrlich, es macht immer weniger Spaß“, sagt die Chefin, die seit fast 30 Jahren in ihrem Metier tätig ist.

Aufgrund der Inflation und der damit verbundenen Käuferzurückhaltung schätzt sie die Umsatzeinbußen auf rund 20 Prozent. Schon seit geraumer Zeit habe man die Öffnungszeiten eingeschränkt.

Nachfolge in Pfinztaler Metzgerei steht fest

Den Fachkräftemangel spürt auch Harald Wenz von der Dorfmetzgerei Wenz in Pfinztal. Er sieht die Situation so: „Viele studieren heute lieber, als eine Ausbildung zu machen. Im Kühlraum ist man auch nicht so gerne. Lieber im warmen Büro, wo die Kaffeemaschine läuft“, mutmaßt der 62-Jährige. Aber: „Jeder nach seinem Gusto.“

Für den Innungsbetrieb in Berghausen ein Glücksfall ist die Nachfolge-Regelung. Tochter Jennifer ist gelernte Metzgermeisterin und wird übernehmen, wenn sich ihr Vater zurückzieht. Sie repräsentiere dann die vierte Generation des Familienbetriebs. Zu kämpfen hat das Geschäft mit einer Filiale in Söllingen mit den hohen Energiepreisen. „Die sind horrend. Daher mussten wir die Preise auch moderat anheben“, so der erfahrene Metzger.

Sein Credo lautet: Qualität. Denn damit locke man die Kundschaft nach wie vor in den Laden. Eine vegane Klientel habe man zunehmend beim Partyservice. Rund zwanzig Prozent seien das, schätzt er. Darauf könne man sich gut einstellen.

Bei Pilotprojekt werden junge Inder ausgebildet

Sven Herrwerth ist Obermeister der Fleischerinnung Karlsruhe–Bruchsal und kennt die Probleme der Branche genau. 2000 habe man im Bezirk mehr als 100 Innungsbetriebe gehabt, mittlerweile seien es noch 43. „Mehr als halbiert in gut 20 Jahren. Der Fachkräftemangel ist ein Problem, aber das haben sie ja in allen Branchen querbeet“, sagt der Metzgermeister mit Betrieb in Waghäusel – und berichtet von einem Pilotprojekt der Innung und der Handwerkskammer in Südbaden, bei dem junge Inder zu Metzgern ausgebildet werden.

Auch er kritisiert, dass in Sachen Bürokratie-Abbau wenig vorangehe. Aber er sieht auch positive Signale. Kürzlich hätten fünf junge Männer aus elterlichen Betrieben die Schlachterprüfung abgelegt. Und mit Qualität und Service könne man auch heute noch langfristig punkten.

Werner Schickl kann sich noch gut daran erinnern, dass es, als er damals in Friedrichstal anfing, im Ort bereits zwei weitere Metzgereien gab. „Heute sind wir die einzige in ganz Stutensee.“ Der Metzgermeister, der auch im Großhandel tätig ist, hat aktuell keine Probleme mit Fachkräftemangel. Er hat Mitarbeiter von schließenden Betrieben in der Region übernommen. Auch die Nachfolge sieht er geregelt.

Friedrichstaler Metzgermeister will Wandel mit Innovation zuvorkommen

Seine Philosophie lautet: „Man muss den Strukturwandel annehmen und perspektivisch denken.“ Ein gutes Netzwerk sei vonnöten. Gute Ideen auch. Ein tägliches Mittagessen zu moderaten Preisen biete er zusätzlich an. „In Deutschland leben viele Menschen, die vom Balkan stammen. Also habe ich eine extra scharfe Paprikawurst entwickelt. Die kommt prima an“, so der Profi, der aus Region Bretten stammt und regelmäßig die Preise für Fleisch und Wurst im Discounter checkt, um auf dem neuesten Stand zu sein.

Kritik gibt es auch von ihm an den vielen Auflagen in seinem Gewerbe. Außerdem empfiehlt er: Nicht alles immer ins Geschäft investieren, sondern auch an die Altersvorsorge denken. Sonst stehe man eventuell im Rentenalter mit Null da und müsse händeringend einen Pächter für den Betrieb suchen. Und ja, man schlafe dann definitiv auch besser, fügt er hinzu. 

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