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Aufgegabelt: Sauerkraut

Ob mit Fleisch, Wurst, Fisch oder roh: Das rockt

In Baden-Württemberg und im benachbarten Elsass ist Sauerkraut eine Art Nationalspeise, die mancherorts mit großen Festen gefeiert wird. In der neuen Folge unserer Kolumne "Aufgegabelt!" gibt's "Sauerkraut mit Zander" zum Nachkochen.

Sauerkraut
Süßsäuerlicher Hochgenuss: Sauerkraut mit gebratenen Zanderfilets. Foto: Michael Ludwig

Arme-Leute-Essen aus Omas Tagen? Von wegen. Sauerkraut ist angesagt. Es ist gesund (wegen seines Vitamin C-Gehalts insbesondere im Winter) und es ist vielfältiger aufzutischen als mancher denkt.

Was heute nicht alles rockt. Schals und Schuhe, der Urlaub, die Party, Nachbars Lumpi beim Morgenschiss. Wahnsinn! Dass da die Küche nicht verschont bleibt, kann man sich leicht ausmalen. Man hat es unter den Küchenchefs und Grillmeistern von Stefan Marquard über Andy Schweiger bis Tom Heinzle heute mit gestandenen Küchenrockern zu tun, die nebenbei Schiffe entern, auf der Harley über den Hof brettern und sonst irgendwie Aufsehenerregendes veranstalten. Tattoos, Ziegenbart, Ohrringsammlung, Piratentuch – Pflicht. Grillen im Erdloch, Garen unter der Motorhaube oder im Geschirrspüler – dito. Zeitgeist macht erfinderisch.

Nur scheinbar altbacken

Man fragt sich, ob etwas scheinbar Altbackenes und vom süßen Mief der Spießigkeit Umfächeltes wie Sauerkraut, das uns ja wohl dereinst in der Welt zum krautigen Spitznamen verhalf, sowas vielleicht auch kann. Und wissen Sie was: es kann! Ob ich in diesem Kontext an Krautrock denke? Natürlich. Aber Amon Düül, Kraan und Grobschnitt kommen dann doch nur am Rande vor. Vielleicht als anspruchsvoller Soundtrack für den Kopf während des Geschehens im Topf. Wär ja was. Man kann natürlich genauso gut Enya oder Kiss hören. Die Geschmäcker sind verschieden.

Roh oder gegart?

Beim Sauerkraut auch. Für die einen ist es Bäh!, für die anderen eine Delikatesse. Hängt wahrscheinlich, wie so oft, von der ersten Begegnung mit dem milchsäurevergorenen Haltbarkeitsmara-Toni ab.

Gehen wir mal davon aus, dass Sie Sauerkraut mögen, was Sie ja offenkundig tun, sonst würden sie das hier erst gar nicht lesen. Dann eröffnen sich zwei Möglichkeiten.

1. Sie bevorzugen das Kraut roh, so wie es der Einstampfer produziert hat. Dann sind Sie in jedem Falle gut mit Vitamin C und anderen Fitnessförderern versorgt. Die Verdauung bekommt durchs vergorene Kraut wahrscheinlich ebenfalls einen gehörigen wenn nicht gar hörbaren Impuls.

2. Sie lieben es gegart. In diesem Falle steht Ihnen ein ganzer kulinarischer Kosmos offen, der von Sauerkrautsuppe über -quiche und -tarte bis hin zur opulenten Platte mit Fleisch- und Wurstberg oder auch - fein und deliziös - Fischbegleitung reicht.

Sauerkraut macht lustig

Dass Sauerkraut unglücklich macht, ist eher unwahrscheinlich, auch wenn die deutsche Hochburg auf den Fildern bei Stuttgart liegt, wo ja laut aktuellem „Glücksatlas“ die nicht sehr glücklichen Schwaben zuhause sind. Immerhin soll sauer wiederum lustig machen, was den Württembergern dann gewissermaßen wieder über die Tristesse hinweghelfen würde. Aber einerlei. Gefeiert wird bei unseren Ländle-Kohabitatoren auch, und zwar, was der Sauerkrauttopf hergibt.

Feste drauf aufs Kraut

Immer im Oktober - seit 40 Jahren nun schon - geben die Menschen in Leinfelden-Echterdingen sich und anderen Saures beim größten deutschen Sauerkrautfest.

EU-Siegel und Slow-Food-Passagier

Auf der anderen Rheinseite, im Elsass, lässt man sich diesbezüglich auch nicht lumpen. In Krautergersheim (!) huldigt die Bevölkerung durch Völlerei in Sachen Choucroute (einem französisch-elsässischen Doppelmoppelwort aus „choux“ und „Krut“) schon im September der regionalen Nationalspeise, die als „Choucroute d’Alsace“ schon seit geschlagenen fünf Jahren auf die Erteilung des blauen EU-Herkunftssiegels wartet. Demgegenüber haben es die Schwaben schon weiter gebracht. Ihr „Filderkraut“ schmückt sich bereits mit ebendiesem Emblem. Und Slow Food hat das „Filderspitzkraut“ außerdem als Passagier an Bord seiner „Arche des Geschmacks“ genommen. C’est la vie...

Aufgetischt

Heute gibt's Sauerkraut mit Zander:

2 weiße Zwiebeln, gewürfelt

4 EL Gänseschmalz

1 kg Sauerkraut (abgetropft)

2 Lorbeerblätter, wenn möglich frisch

4 Wacholderbeeren, angedrückt

2 Pimentkörner

2 EL Honig

250 ml Apfelsaft

Pfeffer aus der Mühle, Salz

1 Apfel (z.B. Rubinette), geschält, entkernt und klein gewürfelt

4 Zanderfilets mit Haut (à 150 g)

3 EL Pflanzenöl

Und so wird’s gemacht:

1. Zwiebelwürfel im Schmalz farblos anschwitzen.

2. Sauerkraut, Wacholderbeeren, Piment, Lorbeer, Honig und Apfelsaft zugeben, salzen und pfeffern. Nach 20 min Apfelwürfel dazu.

3. Zugedeckt ca. 45 min sanft köcheln. Gelegentlich umrühren.

4. Zander leicht salzen und  im heißen Öl auf der Hautseite kross braten.

5. Hitze abschalten, Fischfilets umdrehen und kurz in der heißen Pfanne anziehen lassen. Herausnehmen und pfeffern. Auf dem Sauerkraut anrichten.

DIY-Sauerkraut

Sie können Sauerkraut natürlich fertig kaufen. Beileibe nicht immer aber ist der Geschmack so delikat, wie er sein soll. Mal ist es zu sauer, mal zu salzig. Da hilft nur eines: selbermachen.

Es ist ganz leicht, die Milchsäuregärung, die Kohl in Sauerkraut verwandelt, durch Salz in Gang zu bringen. Sie benötigen lediglich einen Steinguttopf, sagen wir, mit einem Fassungsvermögen von 15 l. Der sollte eine Rinne besitzen, in die man Wasser füllt und die den Deckel abgedichtet, freilich nur in einer Richtung. Die nötige Entlüftung nach außen bleibt gewährleistet. Mitgeliefert werden zwei Steine zum Beschweren.

Sauerkraut
Wo gehobelt wird..: Ratzfatz geht das Krautschneiden beim Profi auf dem Karlsruher Wochenmarkt. Foto: Ludwig Foto: None

Der Bequeme lässt schneiden

Wenn Sie das Glück haben, einen Kohlhändler mit großer Schneidemaschine in der Nähe zu haben (was derzeit etwa auf den Karlsruher Wochenmärkten am Gutenberg- und Stephanplatz bei Paula Remspecher der Fall ist), sind Sie fein heraus. Da bekommen sie manchmal sogar Spitzkohl (ansonsten gewöhnlichen Weißkohl) ruckzuck in den großen Sack gehobelt. Ansonsten muss halt die Küchenmaschine ran oder Sie müssen Ihre Muckis am Hobel in Stellung bringen.

Und schon kann es los gehen.

So wird aus Kohl Sauerkraut

Wir brauchen 9-10 kg gehobeltes Kraut. Nehmen Sie zwei Hände voll davon und verteilen Sie die im Gärtopf, dann bestreuen Sie es mit ca. 10-12 g feinem Meersalz und verteilen 2-4 Wacholderbeeren sowie ein Lorbeerblatt darauf. Mit dem Holzstampfer ringsherum einstampfen, bis das Kraut leicht angematscht ist. So weiterverfahren, bis die Kohlspäne aufgebraucht sind. Steine auflegen, etwas andrücken. Deckel drauf und Wasser in die Rinne gießen, fertig. Nun das Kraut 2-4 Wochen im Kühlen der Milchsäuregärung überlassen. Wann es fertig ist, stellen sie durch Probieren fest. Guten Appetit!

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