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Diskussionsveranstaltung

Bretten will ein attraktives Umfeld für junge Mediziner schaffen

„Wie krank ist unser Gesundheitssystem?“ – das beantwortet die CDU Bretten mit vorsichtigem Optimismus. Das Gesundheitszentrum in der Sporgasse sei ein wichtiger Schritt gewesen. Das System muss sich auf Veränderungen einstellen.

Neue Wege bei der medizinischen Versorgung forderte Michael Preusch, Arzt und CDU-Landtagsabgeordneter, vor rund 30 Zuhörern in Bretten.
Neue Wege bei der medizinischen Versorgung forderte Michael Preusch, Arzt und CDU-Landtagsabgeordneter, vor rund 30 Zuhörern in Bretten. Foto: Gerd Markowetz

Das Problem ist offensichtlich: Lange Wartezeiten in Arztpraxen, ein Termin beim Facharzt grenzt teils an einen Glücksfall, die Kliniken oft genug am Limit, 40 Prozent der Ärzte kurz vor dem Ruhestand, avisierte Landflucht bei noch studierenden Jungmedizinern. Woran krankt unser Gesundheitssystem? Warum nehmen wir bei steigender Ärztezahl eine immer schlechtere Versorgung wahr?

Michael Preusch, Oberarzt an der Uniklinik Heidelberg und CDU-Landtagsabgeordneter, versuchte am Donnerstagabend vor rund 30 Besuchern Antworten zu finden und zitierte vielerlei Fakten: Von den knapp 70 Millionen Fällen werden mehr als 90 Prozent von niedergelassenen Ärzten versorgt, knapp fünf Millionen in Kliniken. Noch sei die Versorgung gesichert, indes: Allein in Bretten seien 40 Prozent der Ärzte älter als 60.

Will heißen: Wenn sich die Ärztegeneration Babyboomer demnächst in den Ruhestand verabschiedet, seien Probleme programmiert. Es sei denn, die Verantwortlichen machten sich rechtzeitig Gedanken, wie einem drohenden Versorgungskollaps begegnet werden könne.

Wir müssen unsere Standortvorteile ausbauen und besser kommunizieren.
 Michael Nöltner
Bürgermeister von Bretten

Die Landesregierung setze auf verstärkte Ausbildung, mehr Studienplätze und vielerlei, auch finanzielle Anreize, junge Ärzte in ländliche Regionen zu locken. Gleichzeitig sinke jedoch die Bereitschaft junger Mediziner, sich dem Stress einer eigenen Praxis auszusetzen.

Der Wunsch nach Work-Life-Balance führe immer öfter dazu, dass sich Jungdoktoren eher in der Klinik mit fast gleichem Verdienst und weitaus mehr Freizeit wiederfänden. Die Politik in Baden-Württemberg lässt sich jeden der 1.700 Humanmedizinstudienplätze jährlich 200.000 Euro kosten.

Und möchte deshalb mitreden, wenn es um die Ärzteverteilung geht: Höhere Landarztquote, zwingende Praxis in Praxen, Übernahme-Anreize.

Künstliche Intelligenz könnte in Bretten in der Diagnostik zum Einsatz kommen

Neue genossenschaftliche Modelle seien erfolgreich, in denen mehrere Ärzte unter einem Dach zusammenarbeiteten. Diese medizinischen Versorgungszentren seien, so Preusch, „ein guter Weg bei Ärztemangel“, sie seien immer geöffnet und entwickelten sich insbesondere in ländlichen Regionen gut.

Auch im Kommen: Videosprechstunden oder künstliche Intelligenz in der Diagnostik. Eine hoch spezialisierte und technische Medizin erfordere mehr Spezialisten.

Und doch: Am Ende sei stets der Mensch als Arzt gefragt. Strukturplanung heiße das Gebot der Stunde: Im Zusammenspiel mit Landkreisen, Kommunen und Ärzten gelte es, Szenarien zu entwickeln, die auch künftig eine gute medizinische Versorgung sicherstellten. Damit hätte man schon vor zehn Jahren beginnen müssen, mahnte der Brettener Arzt Wolfgang Stütz die Wichtigkeit von derlei Überlegungen an.

In Bretten sei das nun mit dem neuen, zwölf Millionen Euro teuren Gesundheitszentrum in der Sporgasse geschehen, sagte Bürgermeister Michael Nöltner (CDU). Der Neubau sei „ausgebucht“, zehn Arztpraxen kämen dort unter, neben Fachärzten seien ab kommendem Jahr auch vier Allgemeinmediziner in einer Praxis untergebracht, daneben unter anderem Physiotherapie, Krankenkasse, Apotheke und Hörakustiker. CDU-Fraktionsvorsitzender Martin Knecht erinnerte an die Praxis in Diedelsheim, für die die Stadt die Räumlichkeiten geschaffen habe.

Medizinische Versorgungszentren kommen den Wunscharbeitsbedingungen junger Ärzte entgegen

Eine Absage habe Baden-Württemberg Karl Lauterbach an seine Klinikpläne erteilt: Im Land solle die Notfall- und Basisversorgung in erreichbarer Nähe sichergestellt sein, sagte Michael Preusch.

Dem Fachkräftemangel in Medizinberufen müsse die Politik in enger Zusammenarbeit mit Ärzten und der Kassenärztlichen Vereinigung begegnen. Denn nur Fachpersonal beherrsche die immer komplexer werdende Medizintechnik.

Bretten hat viel mehr zu bieten als viele glauben.
Michael Nöltner
Bürgermeister von Bretten

Telemedizin durch mehr Digitalisierung sei sicher eine Möglichkeit, daneben brauche es Anreize für angehende Mediziner, im Land zu bleiben. Medizinische Versorgungszentren kämen den geänderten Wunscharbeitsbedingungen junger Ärztinnen und Ärzte entgegen. Daneben ein attraktives Umfeld.

„Bretten hat viel mehr zu bieten, als viele glauben“, so Michael Nöltner, „wir müssen unsere Standortvorteile ausbauen und vor allem besser kommunizieren.“ So schaffe die Stadt ein attraktives Umfeld für jungen Mediziner.

„Dabei geht es nicht nur um Bretten, sondern um die gesamte Region“, betonte Nöltner. Er regte eine „Taskforce“ bestehend aus Verwaltung und Medizin an, wenn es darum gehe, ein medizinisches Versorgungszentrum, notfalls unter städtischer Leitung, in Bretten auf die Beine zu stellen.

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