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Rund 2.400 Teilnehmer

Gedrehter Festzug an Peter und Paul in Bretten: Krieger, Handwerker und das Volk feiern gemeinsam

Bretten ist befreit, Bürgerwehren, Bettler und Edelleute gehen zusammen auf die Straße. Stolz marschieren sie an tausenden Menschen vorbei. Überall schallt ihnen ein Ruf entgegen: Jubel!

Der gewaltige Haufen zieht mit langen Spießen durch die Brettener Innenstadt. Inmitten der Krieger laufen sogenannte Pfeifer, die mit hölzernen Querflöten für Musik sorgen.
Der gewaltige Haufen zieht mit langen Spießen durch die Brettener Innenstadt. Inmitten der Krieger laufen sogenannte Pfeifer, die mit hölzernen Querflöten für Musik sorgen. Foto: Catrin Dederichs

Kutschen und Kanonen donnern vom Gottesackertor in Bretten die Einkaufsstraße hinauf. Wieder hinab geht es in Richtung Marktplatz. Vorneweg und hinterher marschieren Bürgerwehren, Bauern und Schützen in mittelalterlichen Gewändern.

Am Straßenrand stehen tausende Menschen, um den Festzug an Peter und Paul zu erleben. Etliche Besucherinnen tragen gleichfalls Unter- und Oberkleider, Männer erscheinen in Hemd, Wams und Hose. Doch auch wer in Jeans und T-Shirt dabei ist, ist Teil des Ganzen. Und so schallt schon bald überall ein Wort durch die Altstadt: Jubel!

Mit Kanonen, Pferden, Waffen, Fußvolk und Wagen feiert die Stadt Bretten ihren Sieg über Ulrich von Württemberg im Jahr 1504. Von der Friedenstraße läuft der Umzug quer durch das Hausertal bis zum Marktplatz. Und damit endet der Festzug dort, wo er bis zum vergangenen Jahr noch gestartet ist.

65 Gruppen laufen am Peter-und-Paul-Sonntag in Bretten mit

14 Gespanne, vier Reiter und 2.392 Teilnehmer sind angemeldet, sagt Moderator Bernhard Feineisen. Allzu Feierfreudige könnten allerdings noch ausfallen, verkündet er vor dem Start. „Schauen wir mal, ob alle die ersten zwei Tage überlebt haben.“ Am Ende sind es aber tatsächlich noch ein paar mehr, die den Festzug mitlaufen. Denn der Kettenhemdmacher, eigentlich angemeldet als Ein-Mann-Gruppe, tritt unerwartet mit einer Handvoll Gesellen auf.

In einem nahezu ununterbrochenen Strom ziehen 65 Gruppen am Sonntagnachmittag an den Besuchern vorbei. Dutzende Männer tragen Spieße, Armbrüste oder Äxte, Frauen winken mit Sträußen und haben Blumenschmuck im Haar.

Bunt geschmückt ist auch so manches Gespann. Kohlrabi, Karotten, Lauch und Blattsalate hängen am Wagen der Bauern. Übermütig wirft ein Teilnehmer einen Lollo Rosso in die Menge, ein anderer verschenkt eine Möhre an Oberbürgermeister Martin Wolff (Frei Wähler).

Einige hohe Herrschaften reisen in der Pferdekutsche, der Stadtvogt und der Schultheiß sind allerdings zu Fuß unterwegs und winken dem Volke zu. Die Pferde hinterlassen so manch einen Apfel, davon lassen sich die Schäfer jedoch nicht abschrecken. Wie gewohnt laufen sie barfuß durch die Gassen, ihre Schuhe sind an Stöcken aufgefädelt.

Reichlich „Jubel und Handgeklapper“ gibt es für Kinder, die mitten auf dem Marktplatz tanzen, und für Jongleure, die Fahnen oder Diabolos in der Luft halten. Die Besucher fiebern mit, als Wachleute die Krämer vor „Wegelagerern“ beschützen, und erleben, wie der Scharfrichter „Hexen“ an Ketten durch die Menge zerrt. Und in solch ausgelassener Stimmung werfen hunderte Gäste bereitwillig Geld in die Schalen der Zigeyner, mit dem die Gruppe soziale Projekte unterstützt.

Das ist ein absolutes Nadelöhr, für Menschen und Tiere gefährlich.
Thomas Lindemann
Stadtvogt

Stadtvogt Thomas Lindemann bezeichnet den gedrehten Festumzug als einen Versuch. Im Gespräch mit dieser Redaktion sagt er, es gehe es darum, drei Problemstellen zu beseitigen. Erstens ist der Weg vom früheren Aufstellungsort in Richtung Marktplatz leicht abschüssig. Das bedeutete eine Herausforderung für alles, was Räder hat. „Die Gespanne standen ständig auf der Bremse“, sagt Lindemann.

Zweitens ist die Georg-Wörner-Straße in diesem Jahr gesperrt, weil sie jetzt zum Festgelände gehört. Dadurch verlängert sich der Weg vom Fundus an der Schießmauer zur ehemaligen Aufstellungsstelle. Und drittens, sagt Lindemann, sei die Kurve in die Gartenstraße bisher eine Engstelle gewesen. „Das ist ein absolutes Nadelöhr, für Menschen und Tiere gefährlich.“

Ein erstes Fazit zum gedrehten Festzug zieht Festzugsorganisator Bernd Kirchgäßner. „Alle Kutschen sind wohlbehalten zurückgekommen, das hat funktioniert“, sagt er. In welche Richtung die Bürgerwehren, Bettler und Edelleute im kommenden Jahr gehen, steht indes noch nicht fest. Die Organisatoren wollen mit allen Kutschern reden und die Vor- und Nachteile anschließend abwägen.

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