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Regierung will Subventionen streichen

„Existenzbedrohend“: Mit einem Mahnfeuer protestieren Landwirte in Kürnbach gegen die Sparpläne der Regierung

Spontan rufen Landwirte in Kürnbach zu einem Mahnfeuer auf. Rund 100 Winzer, Land- und Forstwirte machen dort ihrem Ärger Luft.

Feuer
Das Mahnfeuer der Landwirte in Kürnbach ist schon von Weitem zu sehen. Im Hintergrund sind mehrere Traktoren aufgereiht. Die Stimmung unter den Bauern ist aufgeheizt, aber friedlich. Foto: Catrin Dederichs

Johannes Werner ist sauer. „Die Regierung verheizt unser Geld für Waffen und Bomben in anderen Ländern“, sagt er. „Und wenn dann das Geld fehlt, nimmt sie es reflexartig von den Bauern.“

Werner ist Landwirt in Oberderdingen. Ihn ärgern die aktuellen Pläne der Bundesregierung, Subventionen für Agrardiesel zu streichen. Bei einem meterhohen Mahnfeuer in Kürnbach macht er seinem Ärger Luft. Zusammen mit rund 100 anderen Winzern, Land- und Forstwirten sowie weiteren Gästen, die sich am Montagabend auf freiem Feld rund um das Feuer versammeln.

Mit Heugabeln heben sie Äste auf einen Berg aus brennenden Rebstöcken. Flammen und Rauch sind schon von Weitem zu sehen. In einer Reihe dahinter parken Traktoren, ihre Lichter leuchten in der Dunkelheit. Daneben flackern Kerzen auf einem Weg. Es gibt Bier, Glühwein, Punsch und Cola. Außerdem Linzer Torte, Lebkuchen und Wienerle.

Landwirte wollen in Kürnbach ein Zeichen setzen an Politik und Bevölkerung

Es geht darum, mit dem Feuer ein Zeichen zu setzen an die Politik und die Bevölkerung, sagt Steffen Hofmann vom Lämmlehof in Oberderdingen. „Wir wollen zusammenkommen und besprechen, wie es weitergeht.“

Jeder Betrieb ist jetzt in Gefahr.
Nick Büchele
Landwirt in Kürnbach

Initiator des Mahnfeuers ist der Landwirt Nick Büchele aus Kürnbach. Zusammen mit seinem Bruder, seinem Vater und den Schwiegereltern trommelte er die Kollegen aus der Landwirtschaft spontan zusammen. „Jeder Betrieb ist jetzt in Gefahr“, sagt er. „Wenn die Regierung die Subventionen wirklich streicht, müssen wir den Familienbetrieb nach 120 Jahren aufgeben.“

Indes erklären Büchele und Werner übereinstimmend, dass sie am liebsten auf Subventionen verzichten würden. Wenn es denn ginge. „Grundsätzlich wollen wir von dem leben, was wir bewirtschaften“, sagt Johannes Werner. Er wäre demnach froh, wenn er keine Anträge ausfüllen müsste. „Doch ohne Subventionen machen wir Minus, das geht halt nicht.“

Das bricht vielen Betrieben das Genick.
Johannes Werner
Landwirt in Oberderdingen

Das große Problem sei, dass der Handel die Preise bestimme. „Das bricht vielen Betrieben das Genick.“

Unabhängig von Werner sagt Aliena Zischewski genau dasselbe. „Das, was die Regierung vorhat, ist existenzbedrohend.“ Den Talbachhof in Kürnbach bewirtschaftet Zischewski als Nebenerwerbslandwirtin. Sie baut unter anderem Tomaten, Kartoffeln und Rosenkohl an, die sie im eigenen Hofladen verkauft.

Es lohnt sich nicht, es reicht nicht zum Überleben.
Aliena Zischewski 
Nebenerwerbslandwirtin in Kürnbach

„Doch es lohnt sich nicht, es reicht nicht zum Überleben“, sagt sie. Die Produktionskosten seien einfach zu hoch und zudem nie kalkulierbar. Hauptberuflich arbeitet sie deshalb in Vollzeit als angestellte Gärtnerin in Löchgau.

Nur indirekt von den möglichen Streichungen betroffen ist Corinna Schwender. Trotzdem ist sie beim Mahnfeuer dabei. „Ich stehe hinter den Landwirten, weil wir sie brauchen“, sagt sie.

Zudem macht ihr Sohn Torsten gerade eine Ausbildung zum Landwirt. „Aus tiefster Überzeugung“, wie sie sagt. Der 16-Jährige bestätigt das. „Es macht mir Spaß. Wir sind eine tolle Gemeinschaft, auch wenn es manchmal Krach gibt.“ Schon als Elfjähriger half Torsten freiwillig auf einer Ziegenfarm mit. Er wollte nie etwas anderes machen.

Auch Marilene Friedrich aus Kürnbach ist nach eigenen Worten mit Herzblut dabei. Friedrich ist selbst keine Bäuerin, aber sie hilft im Familienbetrieb mit. In einem Familienbetrieb, der gerade zusammenschrumpft. „Im letzten Jahr haben wir unsere Ferkel-Aufzucht beendet, es hat sich nicht mehr gelohnt.“ Als Gründe nennt sie die Auflagen – und die Kosten.

Oberderdinger Landwirt will in Stuttgart demonstrieren

Aus reiner Solidarität steht Michael Grundmann aus Zaberfeld mit seiner Frau beim Mahnfeuer. Mitgebracht haben sie außerdem Labrador-Dame Liberty. „Ich bin bekennender und notwendiger Esser, deshalb unterstütze ich das hier“, sagt er. Und weiter: „Ich möchte schließlich nicht irgendeinen China-Fraß kriegen.“

Grundmann sagt, das Thema gehe alle etwas an. „Jeder hat damit zu tun, aber vielen ist das nicht klar.“ Und deshalb hofft Grundmann sehr, dass der Protest der Bauern erfolgreich ist.

In ganz Deutschland lehnen sich Landwirte derzeit gegen die Sparpläne der Regierung auf. An diesem Donnerstag soll es eine Großdemonstration in Stuttgart geben. Steffen Hofmann vom Lämmlehof will nach eigenen Angaben dabei sein.

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