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Hohe Strafe

„Nach dem ersten Frost ist der Spuk vorbei“: Was ein Wespen-Experte aus Bretten rät

Kaum brennt der Grill, fliegen Wespen als ungebetene Gäste heran. Sie zu erschlagen ist verboten und zudem gefährlich. Was also können Menschen tun?

Lassen es sich schmecken: In der Nähe des Weckerlesbrunnens teilen sich Hornisse und Wespe einen Apfel. Laut Gerhard Dittes ist der Stich einer Hornisse trotz des Größenunterschieds kaum schmerzhafter als ein Wespenstich.
Laut Gerhard Dittes ist der Stich einer Hornisse trotz des Größenunterschieds kaum schmerzhafter als ein Wespenstich. Foto: Catrin Dederichs

Lästig, diese Wespen: Kaum sitzt die Familie mit Zwetschgenkuchen auf der Terrasse beisammen, beginnt das große Summen.

Jahr für Jahr scheinen es mehr Tiere zu werden. Sie zu erschlagen ist gefährlich – und auch verboten. Eine Geldstrafe von bis zu 50.000 Euro sieht der Bußgeldkatalog in Baden-Württemberg vor.

Denn Wespen stehen unter Naturschutz, Hornissen sind sogar besonders geschützt. Im Gespräch mit Redaktionsmitglied Catrin Dederichs gibt Brettens BUND-Vorsitzender Gerhard Dittes Tipps, wie sich Menschen verhalten sollten, damit niemand zu Schaden kommt.

Und Apothekerin Ariane Maaß sagt, was hilft, falls doch einmal eine Wespe sticht.

Wie aggressiv sind Wespen wirklich?

In Deutschland leben zwei Arten, die BUND-Vorsitzender Gerhard Dittes als „lästig“ bezeichnet: die Gemeine Wespe und die Deutsche Wespe. Im Regelfall würden sie jedoch nur stechen, wenn sie sich bedroht fühlen. Und alle anderen Arten seien harmlos. Sobald es aber um ihre Brut geht, verstehen auch die „harmlosen“ keinen Spaß. „Wenn man ans Nest geht, kennen die keine Gnade. Für den, der sich da zu schaffen macht, wird es gefährlich.“ Aus diesem Grund rät Dittes grundsätzlich zu einem Sicherheitsabstand von fünf Metern zu Nestern. Außerdem empfiehlt er, sich fernab der Einflugschneise der Tiere aufzuhalten.

Wieso ist ein Stich gefährlich?

Wirklich gefährlich ist ein Stich für Allergiker. Laut Apothekerin Ariane Maaß kann er bei ihnen bis zum Schock oder sogar zum Tod führen. Betroffene sollten deshalb derzeit immer ein Notfallset mit Adrenalin, Kortison und Antihistaminikum dabei haben. „Und sie sollten genau wissen, wie es funktioniert“, sagt Maaß. Im Internet gebe es entsprechende Anleitungen. Auch Familienangehörige sollten sich gut auskennen.

Gefährlich für jedermann sei dagegen ein Stich in den Mund oder rund ums Auge. „Da sollte man sofort ins Krankenhaus fahren oder den Notarzt rufen.“

Was hilft bei „normalen“ Stichen?

Kühlen ist zunächst das Wichtigste, sagt Maaß. Zudem rät sie zu Hausmitteln wie Zwiebelsaft oder notfalls Spucke. In der Apotheke gibt es spezielle Gels, die den Juckreiz reduzieren. In schlimmen Fällen empfehle sie Varianten mit Kortison. Außerdem gebe es Stichheiler, die das Gift lokal mit Hitze bekämpfen. „Zunächst war ich da sehr skeptisch. Inzwischen haben viele Kunden aber über gute Erfahrungen berichtet“, sagt Maaß.

Das Gift aus der Wunde zu saugen sei dagegen eine schlechte Idee. „Die Mundschleimhaut nimmt das Gift sofort auf, dann hat man es im Körper.“

Wie sollten wir uns verhalten, damit Wespen gar nicht erst stechen?

Zunächst das Nest in Ruhe lassen. Und ruhig bleiben, nicht schlagen, nicht wedeln, Parfüm weglassen, bunte Kleidung meiden. Und die Wespen nicht anatmen. „Das CO2 macht die Tiere aggressiv“, sagt Maaß. Beim Essen und Trinken im Freien sollten die Menschen aufpassen. Dazu gehört, niemals aus Flaschen zu trinken und Gläser abzudecken. Man könne versuchen, den Wespen abseits ein Stück Fleisch oder Obst als Ersatz anzubieten. Kaffeesatz anzünden soll angeblich funktionieren. „Aber man muss sich überlegen, dass der Rauch auch nicht gut fürs Essen ist“, sagt Maaß.

Wenn Wespen so lästig sind: Warum stehen sie dann unter Naturschutz?

Dittes bezeichnet Wespen als „nützliche Helfer neben den Spinnen“, die den Fliegenbestand deutlich reduzieren. Zum Heranwachsen brauche die Brut tierisches Eiweiß. Jedes Wespenvolk vernichte daher „kiloweise“ Fliegen. Zudem bestäuben Wespen unter anderem Obstbäume und Beerensträucher.

Werden wirklich 50.000 Euro Strafe für das Töten einer Wespe fällig?

Das passiert selten, ist aber möglich. „Wenn jemand eine oder zwei Wespen am Kaffeetisch erschlägt, passiert gar nichts“, sagt Dittes. „Wer aber vorsätzlich unter Dokumentation und Zeugen ein Nest ausräuchert, ist dran.“ Er plädiert dafür, die Tiere in Ruhe zu lassen und bis zum ersten Frost zu warten. Dann nämlich sterbe das gesamte Volk mit Ausnahme der Jungkönigin. „Und damit ist der Spuk vorbei.“

Ein Nest zu zerstören ist eine Straftat. Was aber können Menschen unternehmen, wenn sich Wespen am Hauseingang oder am Sandkasten der Kinder breitmachen?

Anders als früher ist die Feuerwehr nach Dittes Worten nicht mehr zuständig. Er selbst arbeitet als ehrenamtlicher Hornissenberater. Ihn oder einen seiner Kollegen können Bürger unverbindlich anrufen. Er schaut sich das Nest an und prüft, ob es möglich ist, das komplette Nest umzusiedeln oder abzusperren. Gegebenenfalls kümmert er sich um einen Berater, der das übernimmt. Falls Gefahr für Menschen besteht und nichts anderes möglich ist, darf ein solcher Berater die Tiere laut Dittes auch töten. Übrigens: Die Beratung und auch das Umsiedeln im Notfall sind demnach kostenlos.

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