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Lesung war schon geplant

Trauer in Bruchsal: Marum-Enkelin Andrée Fischer-Marum gestorben

Unerwartet ist die Enkelin Ludwig Marums in Berlin gestorben. Bruchsaler Schüler hatten sich gerade erst mit Briefen ihrer Großeltern beschäftigt. Am 27. Januar sollte Fischer-Marum in Bruchsal auftreten.

Marum Enkel Ausstellung Synagoge Rathaus
Mit Bruchsal verbunden: Andrée Fischer-Marum (roter Pullover, Mitte vorne) war die Enkelin von Ludwig Marum. Foto: Martin Heintzen

Ein Leben lang hat sie sich für die Erinnerungsarbeit eingesetzt. Unermüdlich hat sie über die Gräueltaten der Nazis Zeugnis abgelegt, hat an ihren ermordeten Großvater Ludwig Marum erinnert. Und eigentlich wollte sie am Freitag, 27. Januar, zusammen mit Schülern des Schönborn-Gymnasiums in Bruchsal aus Briefen ihrer Großeltern lesen.

An diesem Tag, es ist der Tag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz, gedenkt man der Opfer des Nationalsozialismus. Doch nun ist Andrée Fischer-Marum (Jahrgang 1941) in Berlin unerwartet gestorben. Die SPD Karlsruhe hat ihren Tod bekannt gegeben.

„Andrée Fischer-Marum hatte gemeinsam mit ihrer Familie über viele Jahre großen Anteil daran, die Erinnerung an Ludwig Marum als großen Staatsmann und frühes Opfer des NS-Regimes wachzuhalten“, heißt es in der Pressemitteilung der SPD.

Ihr Großvater wurde von den Nazis brutal ermordet

Der SPD-Landtagsabgeordnete, Fraktionsvorsitzende und spätere Reichstagsabgeordnete Ludwig Marum wurde bereits zu Beginn der Naziherrschaft, am 29. März 1934, im Konzentrationslager Kislau ermordet.

Er zählt zu den frühesten politischen Opfern der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Während seiner Gefangenschaft schrieben sich Ludwig Marum und seine Frau Johanna zahlreiche Briefe und Nachrichten, in denen deutlich wird, unter welch existenziellem Druck die ganze Familie stand.

Berührende Briefe von Ludwig und Johanna

Seine Enkelin lebte zuletzt in Berlin. Ihr Großvater war selbst Schüler am Schönborn-Gymnasium. Regelmäßig kam sie zur Verleihung des Ludwig-Marum-Preises in die Region, war auch kürzlich bei der Eröffnung der Marum-Ausstellung in Bruchsal dabei. 2016 brachte sie eine Neuauflage des Buches über das letzte Jahr ihres Großvaters in berührenden Briefen und Dokumenten heraus. Mit dem hatten sich die Schönborn-Schüler beschäftigt und wollten nun daraus lesen.

Freundschaftliche Verbindungen pflegte Fischer-Marum zu den Initiatoren des Vereins „Haus der Geschichte der Juden Badens“ um Rolf Schmitt, die sich für die Nachfolgenutzung des einstigen Bruchsaler Synagogengeländes engagieren. Dieses Projekt habe sie mit großem Interesse verfolgt und äußerte sich dankbar dafür.

Am Schönborn-Gymnasium erinnert eine Ehrentafel an ihren Großvater. Ebenso am heutigen Finanzamt. Es sei ihr ein Herzenswunsch gewesen, die Realisierung des Projekts in Bruchsal noch mitzubekommen. „Dieser innige Wunsch konnte ihr nicht mehr erfüllt werden“, bedauert Rolf Schmitt.

Sie sah sich als Zeitzeugin von Zeitzeugen

Über ihre Motivation, das Gedenken aufrecht zu erhalten, sagte Fischer-Marum einst: „Die gesellschaftliche Situation rückt nach rechts. Das empfinde ich als eine Verpflichtung, mit meiner Familiengeschichte und den daraus gewonnenen Erkenntnissen beizutragen, dass junge Menschen in die Lage sind zu wissen, dass eine demokratische Gesellschaft heute nicht ohne die Erfahrungen der Flucht vor den Nazis auskommt. Insofern sehe ich mich als Zeitzeugin von Zeitzeugen.“

Die Lesung aus den Briefen findet nun am 27. Januar, 19 Uhr, im Rathaus Bruchsal ohne Fischer-Marum statt, so teilt die Pressestelle mit.

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