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Weg aus dem Schmerz

Selbsthilfegruppen in Bruchsal helfen verwaisten Kindern und Jugendlichen

Die Trauerangebote des Diakonischen Werks und der Caritas richten sich an Kinder und Jugendliche, die ein Elternteil verloren haben. Sie teilen ihr Schicksal - und sind Halbwaisen.

Eine Bildergeschichte hilft, die Trauer greifbar zu machen (von hinten links im Uhrzeigersinn: Simone Boermann, Hannah, Karin, Elisa und Jana).
Vor allem für Kinder ist Trauerbewältigung ein langer Prozess. Foto: Irmgard Duttenhofer

Elisa muss nicht nachdenken. Die Antwort ist in ihr Gedächtnis eingebrannt: „8. Oktober 2021“. Es ist das Sterbedatum ihres Vaters. Sie blickt traurig in die Runde. Ihr Kummer ist spürbar und auch ein Jahr nach dem Tod des Vaters nicht verwunden.

Trauerbewältigung ist ein langwieriger Prozess, das zeigt sich an dem Mädchen. Aber Elisa muss den Weg nicht alleine gehen. Denn die Zwölfjährige ist fest integriert in die Bruchsaler Kindertrauergruppe, die vom Diakonischen Werk und Caritasverband Karlsruhe getragen wird.

Bei den Treffen im zweiwöchigen Turnus ist Trauerbewältigung ein zentrales, aber nicht alles entscheidendes Thema. Es wird auch gespielt, getobt, gebastelt, geredet. Aber die stillen, intensiven Momente gehörten eben auch dazu, erklären die Fachkräfte.

Kinder trauern anders als Erwachsene.
Simona Boerman, Leiterin der Bruchsaler Kinder- und Jugendtrauergruppen

„Kinder trauern anders als Erwachsene“, sagt Simona Boerman. Sie leitet hauptberuflich die Bruchsaler Kinder- und Jugendtrauergruppen. Ihr zur Seite stehen die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen Karin und Kerstin.

Alle sind in der Trauerbegleitung für Kinder und Jugendliche ausgebildet. Sie unterstützen die Gruppenarbeit mit eigenen Schwerpunkten. Karin übernimmt zum Beispiel den sportlichen Part, Kerstin ist die Kreative, Simona federführend bei der Trauerbegleitung.

Gemeinsam haben sie eine kleine Mahlzeit vorbereitet, denn die Kinder kommen meist direkt von der Schule zu den Treffen. Auch Essen verbindet und lässt für einen Moment den Kummer vergessen.

Jana war zwei Jahre alt, als ihr Vater starb. Sein Tod traf die Familie unvorbereitet. Janas ältere Schwester kam direkt in die Kindertrauergruppe. Inzwischen ist auch Jana nachgerückt in die Gruppe der Sechs- bis Zwölfjährigen.

Aktuell werden dort vier Kinder betreut. Alle sind interessiert und engagiert. Es gibt aber auch die nachdenklichen Momente, die berührenden Augenblicke.

In Bruchsal wird vor über vier Jahren auch eine Trauergruppe für Jugendliche eingeführt

Diese Gefühle verbinden, denn alle teilen das gleiche Schicksal: Sie sind Halbwaisen. „Alle gehen sehr respektvoll miteinander um“, sagt Simona Boerman. Das zeichne diese Schicksalsgemeinschaft aus.

Nach einer herzlichen Begrüßung sitzen sie im Stuhlkreis, berichten über ihr aktuelles Empfinden, den Schulstress, Familienfeiern, Begegnungen.

„Hier darf man alles sagen“, so die Trauerbegleiterinnen. Es ist ein geschützter Raum, in dem die Kinder ihren Weg aus der Trauer in die Zukunft finden sollen.

Zur Trauerbewältigung greift Simona Boerman heute auf das Kinderbuch „Knietzsche und die Trauer“ zurück. Die Kinder reden über Verlust, der die Menschen verändert, sie traurig, langsam, müde oder wütend macht. Heilung gelinge nur, wenn man den Weg aus dem Trauerschmerz finde, erfahren die Kinder.

„Irgendwann spürt man, dass es gut ist“, sagt Hannah. Als die Gruppe im Oktober 2014 in Bruchsal gegründet wurde, war sie eine der ersten in der Kindertrauergruppe.

Mit 13 Jahren wechselte sie in die Trauergruppe für Jugendliche, die vor viereinhalb Jahren eingerichtet wurde. Es war die logische Fortsetzung der Trauerarbeit.

Heute steht Hannah vor dem Berufsabschluss als Pflegefachkraft und möchte anschließend für ein Jahr als Au-pair nach Amerika gehen.

Um Erfahrungen mit Kindern und Jugendlichen zu sammeln, ist sie als Betreuerin in die Kindertrauergruppe zurückgekehrt. „Ich werde meine eigenen Erfahrungen einbringen“, ist Hannah überzeugt.

Sie war zehn Jahre alt, als ihr Vater starb. Beide Trauergruppen hätten ihr sehr geholfen, sagt sie heute. „Es war eine intensive Zeit.“ Die bestandene Führerscheinprüfung oder der Schulabschluss – das seien Momente, die sie mit ihrem Vater gerne teilen wolle, aber nicht mehr kann.

Informationen erhalten Interessierte über den Träger der Einrichtung Kinder- und Jugendtrauergruppen unter www.hospiz-in-karlsruhe.de.

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