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Kämpfer für Demokratie

Gemeinsam gegen rechts: Doppelte Menschenkette um das Rathaus in Waghäusel

Demo gegen rechts, auch in Waghäusel. 700 Meter von dem Gelände der ehemaligen Zuckerfabrik entfernt, auf dem 1849 die Entscheidungsschlacht der Badischen Revolution stattgefunden hat, kommt es zur bislang längsten Menschenkette in Waghäusel.

Ebru Baz, Vorsitzende des Integrationsvereins, bei ihrer Ansprache inmitten der anderen Redner. Sie hat Erfahrung: Immer wieder wurde sie und der Verein von rechten Kräften diffamiert.
Ebru Baz, Vorsitzende des Integrationsvereins, spricht inmitten anderen Redner. Unter ihnen ist auch Oberbürgermeister Thomas Deuschle (rechts auf der Treppe). Foto: Werner Schmidhuber

Ein geschichtsträchtiger Ort: Vor genau 175 Jahren haben – neben badischen Revolutionären aus allen Landesteilen – auch Waghäuseler, Wiesentaler und Kirrlacher ihr Leben für die Demokratie eingesetzt. „Sie waren die Pioniere unserer modernen Demokratie“, heißt es in den Geschichtsbüchern.

Der Einsatz für demokratische Werte hat sich 2024, wenn auch unblutig, wiederholt: nicht wie 1849 für die Erlangung, diesmal für die Erhaltung.

Demonstranten halten Erinnerung auf Waghäuseler Rathausvorplatz wach

„Demokratie verteidigen“, so lautete der Aufruf. Zur Umsetzung dieses Appells diente die Demonstration auf dem Rathausvorplatz. Eindringlich wurde dort an die im Bundestag ausgesprochene Mahnung der Holocaust-Überlebenden Eva Szepesi erinnert: „Die Shoah begann nicht mit Auschwitz. Sie begann mit Worten. Sie begann mit dem Schweigen und dem Wegschauen der Gesellschaft.“

700 Meter von dem Gelände der ehemaligen Zuckerfabrik entfernt, auf dem 1849 die Entscheidungsschlacht der Badischen Revolution stattgefunden hat, kam es zur bislang längste Menschenkette in Waghäusel, die sich in doppelter Ausfertigung um das Verwaltungszentrum bildete.

Gut 33 Prozent der Bürger in Waghäusel haben einen Migrationshintergrund

Das Meinungsbild unter den Teilnehmern: Zu lange habe eine schweigende Mehrheit den besorgniserregenden Umtrieben zugesehen. Die Schmerzgrenze sei erreicht worden, als im Januar Details zu einem Treffen rechtsextremer Politiker in Potsdam bekannt wurden, die einen Plan zur „Remigration“ entwickelt hatten. Menschen sollten aus Deutschland verwiesen werden, die einen Migrationshintergrund aufweisen – selbst, wenn sie deutsche Staatsbürger sind.

Betroffen von einer Ausweisung wären in Waghäusel 94 vorhandene Nationalitäten und gut 33 Prozent der Einwohner mit Migrationshintergrund. Dass die Kundgebung nicht überall auf Wohlwollen stieß, zeigte sich an mitunter scharfer Kritik in den sozialen Medien und in etlichen WhatsApp-Gruppen.

Vor dem Rathaus hatten sich rund 1.000 Frauen, Männer und Jugendliche, so die oberbürgermeisterliche Schätzung, eingefunden, um Zeichen zu setzen: Zeichen „gegen rechts“, gegen Demokratie- und Fremdenfeindlichkeit. Überall gab es Plakate, Poster und Transparente zu sehen: „Herz statt Hetze“ war zu lesen. Die Botschaft der Narrenzunft hieß: „In unser bunt – passt kein braun“.

40 verschiedene Gruppen und Organisationen, Vereine und Verbände, Parteien und Wählervereinigungen, Kirchenvertreter und Geschäftsleute hatten zu dem gemeinsamen Bekenntnis aufgerufen. Zur bunten Runde gehörten etwa Musik- und Gesangvereine, Theatergruppen und Karnevalisten.

Die Vielfalt zeigte sich auch am Mikrofon: Aufrüttelnde, stark emotionale Ansprachen hielten – neben den Initiatoren David Heger (SPD) und Marwin Steidle (Grüne) – Oberbürgermeister Thomas Deuschle (CDU), Ebru Baz und Asya Sirin für den Integrationsverein DIF, Ute Hardt und Luise Wilhelm von „Waghäusel hilft“, Dennis Wagner für die Jusos und Gemeindereferentin Janina Ball für die beiden Konfessionen.

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