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Neue Karte entsteht

Klimawandel und seine Folgen: Waldboden bei Waghäusel wird genau analysiert

Der Hardtwald bei Waghäusel und Philippsburg verändert sich durch den Klimawandel. Robuste Baumarten sind gesucht. Und genaue Bodenwerte sollen bei der Auswahl helfen. Daten aus einem 3.300 Hektar großen Waldgebiet werden deshalb zusammengetragen.

Kartierung Wald Gewann Frankreich bei Waghäusel
Punkt für Punkt zur neuen Karte: Im Wald bei Waghäusel untersuchen Christof Rörig-Weisbrod (links) und Bernd Hörner (rechts) mit Bohrhelfer Jonel Scanlat den Boden. Für eine Standortskatierung werden die Daten neu erfasst. Foto: Martin Heintzen

Christof Rörig-Weisbrod und Bernd Hörner vermessen Frankreich neu. Nein, nicht von der Normandie bis zur Provence, sondern zwischen Waghäusel und Philippsburg.

Das dortige Waldgebiet mit dem besonderen Namen nehmen die beiden Kartierer unter die Lupe, steuern Messpunkte an und tragen wichtige Merkmale zusammen.

Ihr Ziel: Den Boden des waldigen Frankreichs genau zu analysieren. Das seinen Namen übrigens als Aufmarschgebiet französischer Truppen während der Belagerung der Festung Philippsburg bekommen hat.

Bodenbeschaffenheit im Fokus

Die Karte, die so entstehen wird, soll künftig Forstwirten bei ihrer Arbeit helfen. Denn kennen die die Bodenbeschaffenheit der einzelnen Waldstücke besser, wissen sie auch, welche Bäume auf diesem Grund besonders gut wachsen können. Bis dahin dauert es aber noch eine Weile.

Jetzt sind Rörig-Weisbrod vom Verein für Forstliche Standortskunde und Forstpflanzenzüchtung (VFS) aus Freiburg und Hörner vom Vermessungsbüro ö:konzept erst einmal unterwegs im Wald bei Waghäusel.

Mit dabei an diesem Tag ist Jonel Scanlat. Er wird den Bohrstock mit einem schweren Hammer einen Meter weit in die Erde treiben. Außerdem begleitet sie Maurice Köhler. Er und seine Kollegen vom Kreisforstamt sowie die Förster vor Ort erhoffen sich viel von den Ergebnissen.

Fast an jedem schwächeren Standort entlang des Oberrheins ist die Buche praktisch geliefert.
Christof Rörig-Weisbrod, Kartierer und Projektleiter

Der Walderhalt sei es, der inzwischen bei ihrer Arbeit Priorität habe vor wirtschaftlichen Aspekten, sagt Köhler. Der fortschreitende Klimawandel gibt den Takt vor. „Fast an jedem schwächeren Standort entlang des Oberrheins ist die Buche praktisch geliefert“, sagt Kartierer Rörig-Weisbrod.

Auf dem Hardtrücken sei es erst die Kiefer, die in der Hitze aufgebe und absterbe. „Dadurch bekommt die Buche die pralle Sonne ab“, so Rörig-Weisbrod. Das überstehen viele der Bäume auf die Dauer nicht.

Die Richtung in Frankreich gibt das GPS vor, das die Männer zum nächsten Messpunkt lotst. Ein Stück geht es auf dem Waldweg entlang, dann nach einer Kurve ins Unterholz. In ihrem Rasternetz nehmen die Fachleute alle 50 Meter eine Bodenprobe. Aber nicht nur das: Sie schauen auch, was rund um den Bohrpunkt wächst.

Viele Nährstoffe im Boden sind gut für Edelhölzer

Der Bewuchs gibt nämlich wichtige Indizien, zum Beispiel, ob der Boden nährstoffreich ist. „Da hinten wächst die Rote Heckenkirsche“, sagt Rörig-Weisbrod und zeigt ins Waldgrün. Dann entdeckt er noch Flattergras und einblütiges Perlgras. „Das sind starke Basenanzeiger.“ Und die bringen viele Nährstoffe in den Boden, die wiederum Edelhölzer zum Gedeihen brauchen.

Zwischen der Schwetzinger Hardt und Bruchsal sind Rörig-Weisbrod und Hörner seit Juni unterwegs. 3.300 Hektar Wald werden sie kartieren mit 13.200 Kartenpunkte. Noch bis Ende des Jahrs wird das dauern. Allein für Frankreich mit seinen 550 Hektar Waldgebiet werden sie rund drei Wochen brauchen. Bis alle Daten ausgewertet und zusammengeführt sind, vergehen noch einmal ein, zwei Jahre.

100 Merkmale und Klimadaten werden gebündelt

Die letzte Kartierung war vor 40 Jahren. Zwei Kategorien wurden damals auf das Waghäuseler Gebiet angewendet. „Sand und kiesiger Sand“, sagt Rörig-Weisbrod.

Heutzutage sind es über 100 Merkmale, die in die Standortkartierung einfließen. Auch Klimadaten spielen eine Rolle. Dem Boden selbst sieht man den Klimawandel nicht an. Aber: „Fehlt dem Boden das Wasser, können die Nährstoffe auch nicht von den Bäumen aufgenommen werden“, erläutert Hörner.

Mit einigen kräftigen Schlägen haut Bohrhelfer Jonel Scanlat das Rohr in den Waldboden. Hörner zeigt die unterschiedlichen Farbschichten, oben ganz dunkel, dann heller und zum Schluss rötlich-braun. Stück für Stück nimmt er sich die Erdprobe vor, genauer zwischen die Finger. Durch das Reiben kann er die Beschaffenheit besser einschätzen und die unterschiedlichen Abschnitte einteilen.

Zukünftig wollen wir die Wälder breit aufstellen mit vielen Baumarten, die zum Standort passen.
Maurice Köhler, Kreisforstamt Karlsruhe

Der Boden in Frankreich ist ein tiefgründiger, mäßig frischer, schwach lehmiger Sand. „Und er ist grundwasserfern“, ergänzt Rörig-Weisbrod noch. Mit dieser genauen Beschreibung lässt sich in einer Tabelle die jeweilige „Baumarteignung“ nachvollziehen. Also, ob Rotbuche, Traubeneiche, Winterlinde, Kiefer oder Douglasie dort gut gedeihen könnten.

„Zukünftig wollen wir die Wälder breit aufstellen mit vielen Baumarten, die zum Standort passen“, ergänzt später Maurice Köhler vom Forstamt. In Freiburg laufen derweil bei der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg Pflanzversuche, die besonders anpassungsfähige Baumarten identifizieren sollen. Dadurch, so die Hoffnung, könne man sich besser auf den Klimawandel einstellen. „Und dann sind einzelne betroffene Bäume leichter zu verkraften“, sagt Köhler.

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