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Kundgebungen in Baden

Wieder Corona-Demos am Wochenende: Geht es ums Grundgesetz oder die große Verschwörung?

Die einen demonstrieren gegen eine große Verschwörung, andere sagen, sie wollen das Grundgesetz verteidigen. Auch an diesem Wochenende gehen überall in Baden wieder Menschen gegen die Corona-Einschränkungen auf die Straße. Sind das Spinner oder Verfassungsschützer?

Umstrittene Proteste: Auch an diesem Wochenende wird in der Region wieder gegen die Einschränkungen durch die Corona-Verordnung protestiert. Ist die Demokratie tatsächlich in Gefahr?
Umstrittene Proteste: Auch an diesem Wochenende wird in der Region wieder gegen die Einschränkungen durch die Corona-Verordnung protestiert. Ist die Demokratie tatsächlich in Gefahr? Foto: GES

Passenderweise am Verfassungstag steht das Grundgesetz an diesem Samstag auf zahlreichen Marktplätzen Badens im Mittelpunkt.

Mitten in der Corona-Krise besinnen sich Menschen auf das Grundgesetz und demonstrieren ausgerechnet am 71. Geburtstag dieses Dokuments für den Erhalt der darin garantierten bürgerlichen Freiheiten.

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Einer sagt, er hat schon erreicht, wofür er angetreten ist

Doch die ideologische Bandbreite derer, die sich gegen die Einschränkungen der Corona-Verordnungen wehren, ist nicht so leicht zu erfassen. Bei einigen steigt die Frustration, ein Organisator sagt hingegen, er habe bereits erreicht, wofür er angetreten war.

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Zumindest nominell geht es bei allen Demonstrationen, die für dieses Wochenende in Karlsruhe, Pforzheim, Ettlingen oder Offenburg angemeldet sind, um den Schutz des Grundgesetzes. Doch wer nachfragt, bekommt ganz unterschiedliche Erklärungen, warum den Menschen die Corona-bedingten Eingriffe des Staates zu weit gehen.

Buddhismus-Student gegen Corona-Einschränkung

Die Begründungen gehen von juristischen Bedenken bis zur generellen Ablehnung moderner Medizin und der Angst vor dem langen Arm eines Überwachungsstaates.

Einer, der sich durch die Corona-Beschränkungen in seinen Rechten verletzt sieht, ist Jonathan Ario. Der 22-jährige Buddhismus-Student ist einer der Organisatoren der Ettlinger Demonstration an diesem Samstag.

Das ist ein Angriff auf unsere föderale Ordnung.
Jonathan Ario, Student aus Ettlingen

Er wehrt sich gegen staatliche Eingriffe in die Privatsphäre und sieht im direkten Zugriff von Gesundheitsminister Spahn auf die Gesundheitsämter der Länder einen Angriff auf die föderale Ordnung.

Seine Mitorganisatorin Petra Music geht einen Schritt weiter und zieht die generelle Notwendigkeit von Abstandsgeboten und Veranstaltungsverboten in Zweifel. „Corona ist kein Killer-Virus. Und es hat auch nicht die Gefährlichkeit, die uns von Anbeginn der Krise in unsere Hirne eingebrannt wurde“, sagt sie.

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Sind Corona-Demonstranten per se antifaschistisch?

„Wir sind umweltbewusst, eigenverantwortlich und wollen selber entscheiden, ob wir uns Covid nun einfangen oder nicht“, sagt Music. Ihrer Meinung nach handelt es sich bei den Demonstranten in Ettlingen nicht um Wutbürger, sondern um kritische Menschen, „vor allem aus Heilberufen“.

Dass die Demo von Rechtsradikalen unterwandert werden könnte, fürchtet Jonathan Ario nicht. „Wir setzen uns fürs Grundgesetz ein. Das ist doch per se antifaschistisch. Wenn wir dafür Beifall erhalten, dann ist das doch immer Beifall für unser Grundgesetz.“

Eine Unterwanderung von rechts befürchtet auch Michael Schreyer nicht, der die Demonstration in Pforzheim organisiert.

Corona-Demonstranten nennen Schweden als Vorbild

„Selbst die AfD-Leute, die zu uns kommen, sind ausgesprochen demokratisch orientierte Menschen“, sagt er. Ihm gehe es vor allem um seine Befürchtung, es könne entgegen allen Beteuerungen der Politik doch zu einer Impfpflicht kommen.

Er glaubt weiter an einen Erfolg des schwedischen Versuchs, mit weniger Restriktionen eine sogenannte Herdenimmunität zu erreichen, eine Taktik, die zumindest in Großbritannien mittlerweile wieder aufgegeben wurde.

Risikogruppen können sich ja freiwillig impfen lassen.
Hubert Kraus, Unternehmer aus Achern

Der Befürchtung, die Zahl der Covid-Opfer könne ansteigen, stellt er andere Prioritäten entgegen. „Die Persönlichkeit des Einzelnen ist für mich unverletzlich. Angehörige von Risikogruppen können sich ja freiwillig impfen lassen.“

Weniger ums Grundgesetz als viel mehr um das wirtschaftliche Wohlergehen geht es Hubert Kraus, einem Acherner Unternehmer, der für Samstag erneut eine Demonstration in Offenburg angemeldet hat.

„Ich bin Geschäftsmann und kann überhaupt nicht einsehen, dass da mit aller Macht die Wirtschaft gegen die Wand gefahren wird.“

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Keine erhöhte Sterblichkeit durch Coronavirus?

Er traut den veröffentlichten Zahlen zur Pandemie nicht über den Weg und glaubt auch nicht an eine erhöhte Sterblichkeit. „Aber wer das in Zweifel zieht, der wird doch als Verschwörungstheoretiker diffamiert, als Spinner und Idiot.“

Als Experte für Fenstersanierungen komme er weit herum und habe auch Einblicke ins Krankenhauswesen. „Das ganze Zahlenwerk ist Lug und Trug. Die Leute werden psychisch programmiert und hypnotisiert.“

Ganz anders sieht das Moritz Klammler. Der 31-jährige Software-Entwickler hat Karlsruhes erste Corona-Demo am 1. Mai organisiert und ist mit dem Erfolg seines Engagements zufrieden.

Seit April ist einiges besser geworden.
Moritz Klammler, Student aus Karlsruhe

„Im April war doch die Grundhaltung die, dass man nichts in Frage stellen durfte und jeder, der Kritik übte, abgestempelt wurde als Gefahr für die Volksgesundheit“, sagt Klammler.

„Es gab staatliche Verordnungen ohne gesetzliche Grundlage. Alles staatliche Handeln ist immer an Grundrechte gebunden. Und da hatte ich erhebliche Zweifel.“ Er sagt aber auch, seit damals sei einiges besser geworden.

„Die Corona-Verordnung wurde deutlich entschärft. Ich sehe keine politische oder rechtliche Veranlassung mehr, dass wir weiter demonstrieren müssten.“ Doch auch in Karlsruhe sind nicht alle dieser Meinung.

Neue Veranstalter haben auch für Karlsruhe eine Demo für diesen Sonntag angemeldet.

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