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Ab Montag sind Geschäfte offen

Lockerung der Corona-Auflagen: Freude und Frust bei Einzelhändlern in Pforzheim

Freude und Frust bei Pforzheims Einzelhändlern: Die Geschäfte in der Innenstadt dürfen größtenteils öffnen. Zu bleibt nach der Richtlinie des Landes Galeria Kaufhof. In der Schlössle Galerie darf Mario Elsässer sein Geschäft nicht öffnen. Er versteht die Welt nicht mehr.

Wegen des Coronavirus bleibt das Intersport-Geschäft von Mario Elsässer in der Schlössle Galerie auch an diesem Montag geschlossen. Wann er wieder öffnen kann, weiß er nicht.
Wegen des Coronavirus bleibt das Intersport-Geschäft von Mario Elsässer in der Schlössle Galerie auch an diesem Montag geschlossen. Wann er wieder öffnen kann, weiß er nicht. Foto: Kraus

"Alle Vögel sind schon da“, klingt es am Samstagmittag munter vom Glockenspiel auf dem Dach des Pforzheimer Rathauses. Was für Amsel, Drossel, Fink und Star unabhängig von Corona zutrifft, gilt ab diesem Montag zwar nicht für die ganze Schar der Einzelhändler. Jedoch sind es in der Innenstadt viele, die ihre Kunden am Wochenende per Aushang darüber informieren, dass sie jetzt wieder für sie da sind.

Ob Schützle, Stiess oder das Bastelgeschäft am Marktplatz: Sie alle dürfen nach der Richtlinie des Landes für den Einzelhandel ab sofort wieder öffnen.

Bastelladen bereitet sich auf Öffnung während der Corona-Krise vor

Michaela Regelmann richtet gerade das Bastelgeschäft Creative Welt & Pracht her. Einen Turm mit Einkaufskörben hat die Filialleiterin schon komplett desinfiziert. Auf dem Boden kleben Distanzstreifen. An der Kasse wurde eine Plexiglaswand zwischen Verkäufern und Kunden aufgestellt. „Wenn mein Chef nicht vor Ort wäre, hätte das nicht so schnell geklappt.“

Alle aktuellen Entwicklungen zum Coronavirus im Überblick

Regelmann bezweifelt, dass alle Läden eine solche Maßnahme so kurzfristig hinbekommen. Weitere Details zu den erst am Samstagmorgen veröffentlichten Richtlinien kennt sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht. „Andere Auflagen muss man abwarten.“ Aber auch der Kunde sei verpflichtet, sich umsichtig zu verhalten.

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Bereit für den Neustart nach dem Shutdown ist Michaela Regelmann, Filialleiterin bei Creative Welt & Pracht am Marktplatz. Foto: None

Mit seinen 677 Quadratmetern liegt der Bastelladen unter der erlaubten Maximalfläche von 800 Quadratmetern. Während man sonst zu zehnt ist, werden fürs Erste nur drei Verkäuferinnen hier sein. Regelmann ist froh über die Öffnung, denn es gibt keinen Onlinehandel. „Es wäre schwierig, 50.000 Artikel zu vertreiben.“

Sie freut sich auch, dass das Geschäft mit seinem speziellen Warenangebot für Familien und Schüler, die in dieser Zeit ans Haus gebunden sind, bei der Freizeitgestaltung unterstützen kann. „Wir wünschen uns alle, dass wieder Menschen in die Innenstadt kommen“, meint sie stellvertretend für alle Einzelhändler zu sprechen.

Dass nicht sofort alle Geschäfte aufmachen dürfen, hält sie für richtig. „Dann gäbe es einen Ansturm. Ich denke dass die übrigen im Mai nachziehen werden.“

Wenn die Regierung sagt, die Städte sollen nicht so voll sein, muss man das akzeptieren.
Gerhard Cieslik, Teamleiter Modehaus Jung

Im Modehaus Jung rüstet man sich ebenfalls für den kleinen Exit aus dem Mitte März verhängten Shutdown. „Platzprobleme“ gibt es auch hier keine. Im Herrengeschäft kommt man auf 400 und im Damengeschäft um die Ecke auf rund 250 Quadratmeter. Desinfektionsmittel und gegebenenfalls Masken liegen bereit.

„Wir gehen nicht davon aus, dass 20 Menschen auf einmal kommen“, lässt Teamleiter Gerhard Cieslik wissen, dass man gut vorbereitet ist. Die Vorgaben vom Land will er nicht kommentieren. „Wenn die Regierung sagt, die Städte sollen nicht so voll sein, muss man das akzeptieren.“

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IMG_2671 Foto: None

Während bei Jung hinter den Kulissen gearbeitet wird, stehen am Schaufenster davor Tanja Willuhn und Oliver Beffert. „Es ist furchtbar, auf so viel achten und immer Abstand halten zu müssen“, sagt er. Beide sind deshalb froh über ein Stück Normalität, das jetzt zurückkehrt: „Man nimmt, was man kriegen kann.“

Thalia bittet wegen Covid-19 um Abstand

Ihr systemrelevantes Geschäft für Optik und Akustik Eckart & Finkbeiner in der Westlichen mussten Sven Lauinger und Thomas Finkbeiner Eckart erst gar nicht schließen. Die Vorgabe des Landes fände Finkbeiner akzeptabel, „wenn sich die Endverbraucher an die Regeln halten.“ Er habe den Eindruck, dass viele Menschen sie zu locker nähmen.

Galeria Kaufhof bleibt zu, Thalia wird öffnen. Die Buchhandlung verspricht kleine Willkommensgeschenke und bittet Kunden um Abstand. Auch darum, nicht lange zu verweilen.

Geschäftsführer von Intersport Elsässer in der Schlössle Galerie ist wütend

Auch in der Schlössle Galerie wird es ab Montag wieder geschäftiger zugehen. „Alle Läden machen auf, bis auf zwei“, weiß ein Security-Mitarbeiter. Ausnahmen sind die H&M-Filiale und Intersport Elsässer.

Geschäftsführer Mario Elsässer ist wütend und fassungslos.

„Es ist eine schreiende Ungerechtigkeit und ich kann das nicht akzeptieren“, schimpft er. Dass es für ein Fahrradgeschäft mit rund 2.500 Quadratmetern Fläche keine Beschränkung geben soll, während er auch am Montag das Gitter vor seinem 1.500 Quadratmeter messenden Laden nicht hochziehen darf, empfindet er als reine Willkür.

Das ist Wettbewerbsverzerrung.
Mario Elsässer, Geschäftsführer von Intersport Elsässer

„Das ist Wettbewerbsverzerrung. Bis vor Kurzem hatten alle zu. Jetzt ist es ein Flickenteppich. Da hätte man lieber noch eine Woche gewartet.“ Elsässer kann nicht begreifen, dass das Land nicht die Regelung von Rheinland-Pfalz übernimmt, wonach zuviel Fläche einfach abgesperrt wird.

„Außerdem kommen in einem großen Geschäft Verkäufer und Kunden viel leichter aneinander vorbei als in einer kleinen Boutique.“ Von der Politik fordert er, noch in dieser Woche nachzubessern.

Ein Leiter einer Filiale in der Schlössle Galerie, der seinen Namen nicht nennen möchte, hält den Exit für verfrüht. „Klar, der Weg muss zurückführen. Aber es sollten nicht alle Läden gleich von morgens bis abends geöffnet sein.“

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