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Schicksale von Spätaussiedlern

Ausstellung im Bus? Baden-Badener Initiative plant „Museum to go“

Wird der „Bus der Habseligkeiten“ Wirklichkeit? Ziel des Projekts ist es, das Schicksal von Spätaussiedlern und jüdischen Kontingentflüchtlingen zu beleuchten.

Angelika Schindler, Eva-Christiane Pantke-Ehlers und Eugenia Jäger (von links) wollen den „Bus der Habseligkeiten“ Wirklichkeit werden lassen.
Angelika Schindler, Eva-Christiane Pantke-Ehlers und Eugenia Jäger (von links) wollen den „Bus der Habseligkeiten“ Wirklichkeit werden lassen. Foto: Sara Reith

Sie leben teils seit vielen Jahren in Baden-Baden, machen einen beachtlichen Teil der Bevölkerung aus, und sind doch wenig eingebunden in die Stadtgesellschaft: Menschen aus den Nachfolgestaaten der Sowjetunion, die ab den 1990er Jahren als Spätaussiedler oder jüdische „Kontingentflüchtlinge“ in die Stadt kamen. Ein besonderes Ausstellungsprojekt soll diese Menschen und ihre Geschichte nun in den Fokus rücken.

Wie viele jüdische Kontingentflüchtlinge und Spätaussiedler genau in Baden-Baden leben, ist bei der Stadtverwaltung nicht bekannt. Fest steht: Während es sich laut Stadtpressesprecher Jonas Sertl bei den Kontingentflüchtlingen um eine relativ kleine Gruppe von wenigen Hundert Menschen handelt, dürften in der Stadt deutlich mehr Spätaussiedler leben.

Vier Frauen bilden Kernteam für Baden-Badener Museumsprojekt

Diese beiden Gruppen sollen nun, so der Wunsch von Angelika und Helen Schindler, Eva-Christiane Pantke-Ehlers sowie Eugenia Jäger, im Zentrum stehen. Die vier Frauen bilden bei dem Projekt unter dem Arbeitstitel „Museum to Go: Bus der Habseligkeiten“, das Kernteam.

Die Idee hatte Angelika Schindler vom Arbeitskreis Stolpersteine, unterstützt wird sie von ihrer Tochter Helen, die als Sozialarbeiterin die Position der jungen Generation einbringt. Mit im Organisationsteam sind zudem die ärztliche Psychotherapeutin Pantke-Ehlers, die sich seit Jahren mit den Auswirkungen von Flucht beschäftigt, sowie die Künstlerin und Kuratorin Eugenia Jäger, die einst selbst aus der ehemaligen UdSSR zugewandert ist und seit 26 Jahren in Deutschland lebt.

Für das Projekt mit ins Boot geholt haben die Frauen bereits das Baden-Badener Stadtmuseum, die Israelitische Kultusgemeinde Baden-Baden, die Bürgerstiftung Baden-Baden und die Evangelische Erwachsenenbildung Baden-Baden und Rastatt.

Wir wollen die Geschichte der postsowjetischen Zuwanderer erzählen.
Angelika Schindler
Projektteam

„Wir wollen die Geschichte der postsowjetischen Zuwanderer erzählen bis in die Gegenwart“, erläutert Angelika Schindler das Ziel. Das Thema habe eine besondere Aktualität: Derzeit unterstützten viele der Menschen, die im Projekt angesprochen würden, ihre ukrainischen Verwandten und Freunde, die hier seit Kriegsbeginn Zuflucht gefunden haben. Das wecke auch bei denjenigen, die teils seit vielen Jahren hier leben, Erinnerungen an die alte Heimat.

Bei der Ausstellung sollen die Lebenswege postsowjetischer Zuwanderer und Zuwanderinnen präsentiert werden. Spätaussiedler und jüdische Kontingentflüchtlinge werden aufgefordert, ihre Wohnungen und Dachböden nach Gegenständen zu durchforsten, die sie mit wichtigen Etappen in ihrem Leben oder mit ihrer Familiengeschichte verbinden – sei das die Uhr des Großvaters oder die erste eigene Jeanshose aus der Caritas-Kleidersammlung.

Baden-Badener Jugendliche sollen an Konzept für „Museum to go“ mitarbeiten

Die Idee: Ein Gegenstand macht die Erfahrung von Migration greifbar. Und: „So kommt man schnell ins Gespräch“, sagt Angelika Schindler. Das ist wiederum wichtig für den zweiten Schritt des Projekts: Im Schuljahr 2023/24 soll gemeinsam mit Baden-Badener Jugendlichen ein Konzept für eine Ausstellung erarbeitet werden.

Dabei gehen die Organisatorinnen ergebnisoffen vor: Die Jugendlichen sollen mit den Inhabern der Gegenstände ins Gespräch kommen, um die Geschichten hinter den Habseligkeiten auf unterschiedliche Arten zu präsentieren. Denkbar wären Fotos, Trickfilme oder Interviews.

Denkbar wäre auch, dass die Ausstellung am Ende in einem Bus stattfindet, weil viele Zuwanderer sich einst mit wenigen Habseligkeiten in einem Bus auf den Weg machten. Doch auch da sollen die Projektbeteiligten mitbestimmen.

Service

Eine erste Infoveranstaltung für Menschen, die sich gern an dem Projekt beteiligen würden, findet am Freitag, 30. Juni, 16 Uhr, im Stadtmuseum Baden-Baden statt. Das Konzept wird dabei auch auf Russisch und Ukrainisch erklärt. Fragen beantworten die Organisatoren auch per E-Mail, stolpersteine-baden-baden@web.de, oder unter Telefon (0 72 21) 93 22 72.

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