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Müllsack als Symbol

Baden-Badener fordern einen neuen Namen für den Hindenburgplatz

Der Hindenburgplatz in Baden-Baden soll nicht mehr Hindenburgplatz heißen, finden Bürger. Deshalb wurde jetzt demonstriert.

Demonstration am Hindenpurgplatz
Haben ein Problem mit dem Hindenburgplatz: Die Demonstranten stülpen eine Mülltüte über das Schild mit dem Namen, den die Nationalsozialisten einst vergeben haben. Davor hatte der Platz seit 1930 die Bezeichnung Stresemannplatz. Foto: Karl-Heinz Fischer

„Der Name Hindenburgplatz gehört auf den Müllplatz der Geschichte“, befindet der parteipolitisch nicht gebundene Baden-Badener Bürger Manfred Baumann und hat deshalb anlässlich des 90. Jahrestags der Machtergreifung von Adolf Hitler am 30. Januar zu einer Demonstration gegen die Bezeichnung des Platzes aufgerufen.

Diesem Aufruf schlossen sich Vertreter der SPD und der Grünen an. Die Machtergreifung der Nazis war möglich geworden, weil der damalige Reichspräsident Paul von Hindenburg Hitler zum Reichskanzler ernannt hatte.

Demonstranten verhüllen Straßenschild am Hindenburgplatz

Auf dem Goetheplatz, der in der Nazizeit Adolf-Hitler-Platz hieß und anders als der Hindenburgplatz nach dem Krieg umbenannt wurde, hielt Baumann eine kurze Ansprache. Danach zog die Schar von Demonstranten durch die Fußgängerzone zum Hindenburgplatz, wo SPD-Stadtrat Werner Schmoll, assistiert von seiner Kollegin Barbara Nießen von den Grünen, das Straßenschild mit einem Müllsack verhüllte.

Auch für Schmoll, der bereits mehrfach erfolglos versucht hatte, die Stadt zu einer Umbenennung des Platzes zu bewegen, ist der Name des Platzes peinlich für eine Stadt, die sich als Welterbe rühmt. Der Müllsack soll anzeigen, wohin dieser Name gehört.

Immerhin scheint auch der Stadtverwaltung und dem Gemeinderat aufgefallen zu sein, dass ein „Hindenburgplatz“ nicht unproblematisch ist. Der kleingedruckte Zusatz unter dem Straßenschild an der Einmündung der Luisenstraße in die Lange Straße zeugt zumindest von einem gewissen Unwohlsein bei der Ehrung eines Mannes, der diese Ehre aus heutiger Sicht keineswegs verdient hat.

„Der Platz beim Badischen Hof, der 1930 den Namen Stresemannplatz erhalten hatte, wurde 1933 nach Reichspräsident Paul von Hindenburg umbenannt. Die politische Rolle des ‚Weltkriegshelden‘ und späteren Reichspräsidenten wird heute kritisch gesehen“, kann man da lesen.

Doch ist aus Sicht der Organisatoren der Kundgebung für die Umbenennung des Platzes völlig unzureichend und verharmlost das Handeln Hindenburgs.

Der nämlich hatte als oberster Militärführer nicht nur das Ende des Ersten Weltkriegs unnötig hinausgezögert und hunderttausende vermeidbarer Opfer zu verantworten, er war auch beteiligt an der sogenannten „Dolchstoßlegende“, nach der Deutschland den Ersten Weltkrieg nicht auf dem Schlachtfeld verloren habe, sondern deshalb, weil Demokraten, Sozialisten und Kommunisten dem Militär in den Rücken gefallen seien.

90 Jahre Hindenburgplatz sind genug. Uns reicht es.
Manfred Baumann, Organisator

Viel schlimmer noch: Hindenburg war es, der Adolf Hitler zum Reichskanzler ernannt und damit die Machtergreifung der Nazis ermöglicht hatte.

Den 90. Jahrestag am 30. Januar nahm Manfred Baumann nun zum Anlass, zu einer Demonstration gegen die Beibehaltung des unrühmlichen Namens des Platzes aufzurufen. „90 Jahre Hindenburgplatz sind genug. Uns reicht es“, stellte er fest und wies darauf hin, dass es die Nazis waren, die den Platz umbenannt hatten, um einen Mann zu ehren, der ihnen zur Macht verholfen hatte.

„Die Stadt als Welterbe leistet es sich, einen Mann zu ehren, der diese Ehre wirklich nicht verdient hat“, erklärte Baumann und Schmoll ergänzte, dass es für ihn noch peinlicher ist, dass nicht nur der Platz, sondern auch die Bushaltestelle nach einer so unrühmlichen Persönlichkeit benannt ist.

Denn tausendfach wird dieser Name im Bus auch vor fremden Besuchern der Stadt immer wieder in der Haltestellenansage genannt. Das sei nicht gut für den Ruf einer Welterbe-Stadt.

Im Anschluss an die Verhüllung der Straßenschilder zogen die Demonstranten in den Innenhof des Rathauses, wo sie die Stadträte auf ihrem Weg zu einer Sitzung mit ihren Schildern auf ihr Anliegen aufmerksam machen wollten.

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