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Aufruf zur Europawahl

Flashmob im Festspielhaus: Baden-Badener singen gemeinsam für Demokratie

Das Festspielhaus feiert Premiere: Erstmals soll das Publikum zum Chor werden und eine neue Version der Europahymne singen. Dahinter steckt ein klares politisches Statement.

Blick auf das Festspielhaus Baden-Baden unter grünem Blätterdach.
Im Festspielhaus werden am 26. April die Rollen umgedreht: Dann wird das Publikum zum Chor, der die Eurohymne singt. Foto: Christian Grund

Benedikt Stampa ist sich sicher: „In diesen Zeiten kann man als Kulturinstitution durchaus Flagge zeigen.“ Und es sind nicht nur leere Worthülsen, die der Intendant des Festspielhauses in Baden-Baden von sich gibt. Stattdessen folgen Taten – und eine Premiere für das Konzerthaus.

Doch nun erst mal langsam. Denn Premieren sind in Kultureinrichtungen nicht selten, man muss schon hinterfragen, worum genau es dem Intendanten geht. Die Antwort kommt schnell, kurz gesagt lautet sie: „Demokratie.“ Doch diese Demokratie funktioniert nur, wenn sich die Menschen beteiligen.

Festspielhaus Baden-Baden will mit Mitsingkonzert ein politisches Statement setzen

Und genau das soll passieren, wenn sich sämtliche Besucher am Freitag, 26. April, im Festspielhaus versammeln. Wenn gemeinsam gesungen wird; sich etwas bewegt. Der Plan: ein Mitsingkonzert, das einem musikalischen Flashmob gleicht.

„Wir wagen hiermit ein Experiment“, sagt Festspielhaus-Sprecher Rüdiger Beermann. Gemeinsam mit dem Verein „Pulse of Europe“ habe man das Projekt auf die Beine gestellt.

Aus einer Idee, die im vergangenen Herbst aufgekommen ist, wurde schließlich innerhalb von sechs planungsintensiven Wochen eine spruchreife Veranstaltung.

Und so lädt das Festspielhaus alle Menschen dazu ein, sich 26. April ab 19.30 Uhr an einem Mitsingkonzert zu beteiligen. Für Stampa handelt es sich dabei aber längst nicht nur um einen musikalischen Beitrag: „Es hat auch eine gesellschaftliche Note.“

Das Orchester wurde eigens für diesen Abend zusammengestellt.
Rüdiger Beermann
Sprecher des Festspielhauses

Am Ende gehe es darum, möglichst viele Bürger auf die Europawahl aufmerksam zu machen – und im besten Fall zur Teilnahme zu motivieren.

Dafür haben sich die Verantwortlichen des Festspielhauses sowie des Vereins „Pulse of Europe“ etwas Besonderes überlegt. Beermann klärt auf: „Das Orchester wurde eigens für diesen Abend zusammengestellt.“

Persönlich kennenlernen werden sich die Musiker, die aus der Region kommen, größtenteils erst am Freitagnachmittag zum Einspielen: Dann gibt es erstmals eine neue Mitsing-Fassung der Europahymne auf die Ohren.

Publikum probt im Festspielhaus kurz vor Flashmob mit dem Orchester

Abends soll es dann so richtig losgehen. Zuerst mit der Begrüßungsfanfare Charpentier „Te Deum“ (Eurovisionsmelodie), danach folgen Worte von Evelyn König („Pulse of Europe“) und Tristan Meister (Dirigent).

Und dann soll er kommen: Der „musikalisch abwechslungsreiche Bilderbogen“, von dem Beermann im Gespräch mit dieser Redaktion erzählt.

Wir werden verkehrte Welt spielen.
Rüdiger Beermann
Sprecher des Festspielhauses

Zu hören gibt es L’art du bois (Europäisches Barock) sowie die Europahymne. Doch dann muss das Publikum auch schon selbst tätig werden: Vor Ort sollen die Besucher gemeinsam ebendiese Europahymne proben. „Wir werden verkehrte Welt spielen“, sagt Beermann mit einem Schmunzeln.

Immerhin stehe der Chor diesmal nicht wie üblich auf der Bühne. „Das Publikum wird zum Chor“, ergänzt der Festspielhaus-Sprecher. Es bleibe spannend, wie sich Orchester und Publikum miteinander anhören.

„Pulse of Europe“ wünscht sich auch in Baden-Baden eine große Wahlbeteiligung

Angst vor schiefen Tönen und einer Blamage müsse gewiss niemand haben. „Das Ziel ist es doch, die Menschen zur Europawahl am 9. Juni zu mobilisieren“, sagt Evelyn König von „Pulse of Europe“.

2019 habe es lediglich eine Wahlbeteiligung von 61 Prozent gegeben. König ist sich sicher: Da geht noch mehr. Nein: Da muss noch mehr gehen.

Wir hoffen, dass der Götterfunke überspringt
Evelyn König
„Pulse of Europe“

„Wir hoffen, dass der Götterfunke überspringt“, betont König. Gemeinsam singen, das bewege doch in jedem etwas: „Nicht nur im Kopf, sondern auch im Herzen.“ Und um gemeinsame Bewegung gehe es schließlich auch in der Demokratie. König: „Die größte Gefahr ist die Untätigkeit.“

Das Mitsingkonzert im Festspielhaus soll also nicht nur zum gemeinsamen Musizieren einladen, sondern auch zum Nachdenken anregen. „Meine Stimme ist es auch“, dessen muss sich laut König ein jeder bewusst werden. Beermann spricht gar von einem offenen demokratischen Aufruf, sich „aufzuraffen“.

Festspielhaus feiert mit Veranstaltung auch 200 Jahre die 9. Sinfonie von Ludwig von Beethoven

Teilnehmen könne jeder, der Lust hat – und zwar umsonst. Anmeldungen werden unter der Internetseite des Festspielhauses digital entgegengenommen. Wer spontan dabei sein will, darf das ebenfalls.

„Demokratie lebt doch ebenfalls von Spontanität“, sagt Beermann. Und er betont, dass das alles über die Grenzen hinaus funktionieren kann. Immerhin haben sich auch Menschen aus Frankreich für die Veranstaltung angekündigt.

Das Mitsingkonzert soll allerdings nicht nur ausschließlich auf die Europawahl aufmerksam machen. „Wir feiern auch 200 Jahre die 9. Sinfonie von Ludwig von Beethoven“, sagt Stampa.

Diese werde auch im kommenden Jahr eine Rolle im Festspielhaus spielen. Denn wenn die Berliner Philharmoniker im nächsten Jahr letztmals zu den Osterfestspielen im Festspielhaus gastieren, wird Beethovens 9. erklingen.

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