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Event im Festspielhaus

Kanadischer Klangmagier eröffnet Sommerfestspiele Baden-Baden

Die Eröffnung der Sommerfestspiele in Baden-Baden geriet mit Dirigent Yannick Nézet-Séguin und Mezzosopran Joyce DiDonato zum Event der Superlative.

Yannick Nézet-Séguin
Dirigent Yannick Nézet-Séguin wird vom Publikum im Festspielhaus in Baden-Baden gefeiert. Foto: Andrea Kremper

Es war ein Event der Superlative: die Eröffnung der Sommerfestspiele Baden-Baden mit einem Galakonzert anlässlich des 25-jährigen Jubiläums des Festspielhauses. Yannick Nézet-Séguin, der kanadische Klangmagier, ein Energiebündel auf dem Dirigentenpult, brachte zu diesem Anlass das Met-Orchestra aus New York nach 20 Jahren wieder in die Kurstadt, dazu die wundervolle Joyce DiDonato, die hier vor allem als Interpretin koloraturgespickter barocker Bravourarien verehrt wird.

Dazu gab es Werke, die ganz im Glanz der „Capitale d’été“ stehen. Im 19. Jahrhundert nämlich traf sich in Baden-Baden ganz Europa, die Reichen, die Mächtigen und die Künstler. In diese Sommerhauptstadt kam auch der französische Komponist Hector Berlioz, dessen herausragende Stellung in der Musikgeschichte gar nicht überschätzt werden kann. Er war der romantische Neutöner schlechthin, sein Einfluss auf Richard Wagner etwa ist unüberhörbar. Nézet-Séguin und die Musikerinnen und Musiker der Metropolitan Opera New York präsentierten ein klug ausgewähltes Programm, das dem ganzen Berlioz Raum gab: Dem Instrumentationsgenie, das das Orchester um zuvor ungeahnte Klangfarben bereicherte, dem formalen Neuerer, der in Sinfonie und Oper auf zukunftsweisenden Wegen dahinstürmte, der Erfinder der Programmmusik und der „idée fixe“.

Musikalischer Sturm auf den Gipfel

Orchester und Dirigent nahmen die Bedingungslosigkeit der Berliozschen Musik ernst, sie musizierten kraftvoll zupackend, dabei dynamisch beglückend differenziert. Gemeinsam stürmten sie die Gipfel der Expressivität und der aufs äußerte gesteigerten Spannung. Sie wagten sich knapp an den Kipppunkt, an dem aus Musik ungeformter Lärm würde – das war ein kleiner, atemberaubender Schock, intensiv, berauschend, genial. Das erste Mal ereignete sich dieser Schock in der Schlussphase der Konzertouvertüre „Le Corsaire“ op. 21, mit der der revolutionäre Abend begann. Ein luxuriöses Jubiläumsgeschenk, dass die Mezzosopranistin Joyce DiDonato für nur zwei Szenen aus der Oper „Les Troyens“ nach Baden-Baden kam.

Klangbilder einer gequälten Künstlerseele

Berlioz bezeichnete die zwei Gesangsstücke „Chers Tyriens“ und „Adieu, fière cité“ noch als Arien, tatsächlich ist vor allem letztere eine durchkomponierte Szene, deren Dramatik DiDonato und das Met-Orchester fulminant und bewegend verkörperten. Schon hier gab es viel Jubel und Applaus. „Episoden aus dem Leben eines Künstlers in fünf Teilen“, so untertitelte Berlioz seine Symphonie fantastique op. 14. Träumereien, Leidenschaften, ein Walzer, eine Szene auf dem Lande, Opium-Alpträume: Zutiefst romantische Klangbilder einer gequälten Künstlerseele, deren Liebe nicht erwidert wird.

Für die mitreißende Interpretation bedankte sich das Publikum mit Jubel und Beifall im Stehen, Nézet-Séguin bei den Musikerinnen und Musikern mit Umarmungen. Joyce DiDonato erschien noch einmal, wurde in den enthusiastischen Applaus einbezogen. „Und morgen wird die Sonne wieder scheinen“ von Richard Strauss die bewegende Zugabe. 

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