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Viele Grabstätten sind vom Verfall bedroht

Paten erhalten wertvolle Grabmale auf dem Baden-Badener Hauptfriedhof

Gruften, Mausoleen und Steine - viele kulturhistorische Schätze wären vermutlich längst verloren gegangen, wenn es nicht Menschen gäbe, die sich einbringen, um sie für die Nachwelt zu bewahren.

 Friedhofschef Frank Geyer zeigt auf dem Hauptfriedhof Baden-Baden  ein Grabmal, das ein Pate instand gesetzt hat. Als Gegenleistung durfte er eine Tafel mit seinem Namen auf der Vorderseite anbringen lassen.
Gelungene Restaurierung: Friedhofschef Frank Geyer zeigt ein Grabmal, das ein Pate instand gesetzt hat. Als Gegenleistung durfte er eine Tafel mit seinem Namen auf der Vorderseite anbringen lassen. Die originale Inschrift befindet sich jetzt auf der Rückseite der Grabstätte. Foto: Michael Rudolphi

Kunstvoll gestaltete Steine, Gruften und kleine Mausoleen: Auf dem Baden-Badener Hauptfriedhof finden sich viele Grabmale, die von kulturhistorischem Wert sind, einige dieser Exemplare stehen sogar unter Denkmalschutz.

„Wir haben eine vielfältige Palette, die von stadtgeschichtlicher bis zu überregionaler Bedeutung reicht“, erläutert Frank Geyer, Leiter des städtischen Fachgebiets Friedhof, bei einem Rundgang über den Gottesacker. Häufig erinnern diese Grabmale an frühere Oberbürgermeister, Ehrenbürger, Pfarrer, Künstler, Ärzte oder andere wichtige Persönlichkeiten in der Stadtgeschichte.

Das Problem: Oft waren oder sind diese teilweise Jahrzehnte oder Jahrhunderte alten steinernen Kunstwerke vom Verfall bedroht, baufällig oder nicht gepflegt, weil die Nutzungsrechte an diesen Gräbern erloschen sind.

Geyer zufolge gibt es immer wieder Fälle, in denen die Angehörigen der Bestatteten diese Rechte nicht mehr verlängern, weil die Familien weggezogen sind oder es nach mehreren Generationen niemanden mehr gibt, der sich um diese Gräber kümmert.

Erlischt das Nutzungsrecht für ein Grabmal, übernimmt die Stadt die Pflege

„Dann sind wir am Zug“, erklärt Geyer. „Wenn niemand mehr da ist, übernimmt die Stadt die Pflege.“ Das gilt vor allem für solche Grabmale, die auf der sogenannten Kunstwert-Liste stehen, das heißt, als erhaltenswürdig eingestuft sind. „Diese Kunstwerke prägen das Erscheinungsbild unseres Friedhofs“, bekräftigt Geyer. Das Verständnis für den Wert dieser Grabstätten habe sich in den zurückliegenden Jahrzehnten stark gewandelt.

Diese Kunstwerke prägen das Erscheinungsbild unseres Friedhofs.
Frank Geyer, Leiter des städtischen Fachgebiets Friedhof

Der Friedhofschef erinnert sich noch gut an die Zeit der 70er-Jahre des vorigen Jahrhunderts, als die Menschen viele dieser Grabmale plattgemacht hätten, weil sie sich in dem damals vorherrschenden Zeitgeist deren kulturhistorischer Bedeutung oft nicht bewusst gewesen seien. Heutzutage herrsche zum Glück eine andere Haltung vor. Ziel sei es, diese Schätze und Zeugen der Vergangenheit für die Nachwelt zu bewahren.

Die Friedhofsverwaltung vermittelt Grabmal-Patenschaften

Erlischt das Nutzungsrecht, gehen diese Grabmale in das Eigentum der Stadt über, die dann für deren Erhalt verantwortlich ist. In der Regel ist das mit Kosten verbunden. Um nicht alles selbst schultern zu müssen, geht die Friedhofsverwaltung seit Langem ungewöhnliche Wege: Sie vermittelt sogenannte Grabmal-Patenschaften.

Menschen oder Vereine erklären sich bereit, eine oder mehrere Grabstellen zu pflegen, für die kein Nutzungsrecht mehr besteht. Diese ehrenamtliche Aktivität kann für einen bestimmten Zweck, wie eine Restaurierung, zeitlich begrenzt oder auf einen längeren Zeitraum ausgerichtet sein.

Ein Pate verpflichtet sich in einem Vertrag, das Grab instand zu setzen und zu halten. Als Gegenleistung kann er diese Grabstelle kostenfrei reservieren, falls er beabsichtigt, sich selbst dort bestatten zu lassen. Geyer zufolge fallen die üblichen Gebühren für das Nutzungsrecht an dieser Grabstelle erst bei der Beisetzung an.

70 Paten betreuen bedeutende Grabstätten

In Baden-Baden ist diese Strategie bislang sehr erfolgreich: Geyer zufolge bestehen rund 70 Grabmal-Patenschaften. „Das ist inzwischen fast ein Selbstläufer. Wir müssen das gar nicht mehr offensiv bewerben“, versichert er. Aktuell gebe es noch etwa 15 Gräber, für die die Friedhofsverwaltung Paten suche. „Wenn es passt, profitieren alle davon.“

Eine Patin ist besonders engagiert. Geyer zufolge hat sie zu den bisherigen vier Patenschaften eine weitere übernommen. Dieses Mal hat es ihr das Grabmal von Anton Gugert angetan. Er war der Leibarzt von Großherzog Leopold von Baden. Gugerts Grabstätte wies einige Schäden auf. Die Patin hat die Kosten für die Sanierung übernommen.

Verstorbene Paten lassen häufig Namenstafeln anbringen

Einige sehr alte Grabmale, die sich auf dem früheren Gottesacker bei der Spitalkirche befunden hatten und seit dessen Aufgabe in der Mitte des 19. Jahrhunderts auf den Hauptfriedhof stehen, sind nur deshalb erhalten geblieben, weil Paten sich engagiert haben.

Wenn ein Pate sich in einem von ihm betreuten Grab bestatten lassen möchte, erlaubt die Friedhofsverwaltung häufig, dort eine Tafel anbringen zu lassen. Sie legt aber Wert darauf, dass der Pate die originale Inschrift mit dem Namen des zuvor Bestatteten an einer anderen Stelle der Grabstätte anbringt, um den historischen Kontext zu bewahren.

Service

Infos zu einer Grabmal-Patenschaft gibt es unter Telefon (07221) 932175 oder per E-Mail friedhof@baden-baden.de.

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