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Kongress der Kinobranche

Publikumsschwund im Theater und Kino: Kunststaatssekretärin macht in Baden-Baden trotzdem Hoffnung

Kunststaatssekretärin Petra Olschowski meint, dass die Corona-Lockdowns zum Teil nur eine Entwicklung beschleunigt haben, die sich bei Theater und Kino ohnehin schon abgezeichnet hat.

Kunststaatssekretärin Petra Olschowski beim Rundgang durch den Kino-Kongress in Baden-Baden.
Kunststaatssekretärin Petra Olschowski besuchte den Kino-Kongress und sprach über die Herausforderungen der Branche. Foto: HDF Kino

Gehen die Menschen nicht mehr gerne ins Theater oder Kino? Die Häuser dürfen ihre Säle wieder füllen, aber die Rückkehr des Publikums ist schleppend. Die Kinobranche diskutiert die Frage derzeit auf ihrem Kongress in Baden-Baden.

Auch das Land Baden-Württemberg ist betroffen, als Träger der Staatstheater in Karlsruhe und Stuttgart, es unterstützt die Szene über Corona-Hilfspakete – und hat mit der Filmförderung MFG Einfluss auf die Filmproduktion.

„Die große Frage ist, ob Corona eine Entwicklung befördert hat, die sich schon vorher abgezeichnet hat“, sagt Kunststaatssekretärin Petra Olschowski im Interview mit unserer Mitarbeiterin Christiane Lenhardt am Rande des Kino-Kongresses. Für Olschowski sind die Gründe der Publikumszurückhaltung vielschichtig.

Frau Olschowski, was kann das Land dazu beitragen, dass das Publikum nach der Pandemie wieder zur Kultur zurückkehrt?
Olschowski

Ich glaube, dass es wichtig ist, dass die Kultureinrichtungen über die Sparten hinweg dazu im Austausch sind. Weil die Schwierigkeit, die sich jetzt darstellt, doch für viele ähnlich ist. Wir merken, dass besondere Events besonders gut ankommen: Im klassischen Theater sind es die großen Premieren, im Kinobereich die großen Filmpremieren, auch die Festivals, die wieder losgehen. Dafür gibt es ein starkes Interesse. Aber für viele Programme, gerade auch im üblichen Spielplan und in der Fläche, gibt es teilweise Schwierigkeiten. Das muss man sich in den nächsten Wochen und Monaten genauer anschauen.

Ist das noch pandemiebedingte Vorsicht beim Publikum?
Olschowski

Sicher spielt die Vorsicht noch eine Rolle. Erst mal muss man den Menschen noch ein bisschen Zeit geben, wieder in den Rhythmus zurückzufinden. Dann wird man schauen: Ist es eine Frage des Alters, sind die Menschen vielleicht noch ein bisschen vorsichtiger? Oder haben sich die Jüngeren vielleicht ein anderes Freizeitverhalten angewöhnt und haben sich neue Hobbys ausgeprägt? Wir werden auch beobachten, ob es hier Unterschiede zwischen den Sparten und Bereichen gibt, oder auch örtliche Unterschiede.

Ist das Publikum während dieser Corona-Zeit anspruchsvoller geworden – besucht es die Kultur eher zu Hause im Netz?
Olschowski

Die große Frage ist, ob Corona eine Entwicklung befördert hat, die sich vorher schon abgezeichnet hat. Und ob sich das Publikumsverhalten vielleicht grundsätzlich verändert hat. Es ist aber deutlich zu früh, das zu beantworten. Vielleicht ist es auch nur eine Übergangsphase. Denn gleichzeitig sehen wir, dass die Menschen während der Lockdowns sehr wohl bemerkt haben, was ihnen gefehlt hat, als es keine Möglichkeit gab, Kultur gemeinschaftlich zu erleben. Deswegen denke ich, wir brauchen dieses Jahr – und haben hoffentlich einen guten Herbst, der uns nicht wieder einen Einbruch bringt. Dann erst sehen wir deutlicher, was das Publikum tatsächlich möchte. Sicher ist, dass die Gesellschaft diverser wird und dass sich diese Vielfalt auch Programm der Kultureinrichtungen widerspiegeln muss. Das ist auch für die Kultureinrichtungen eine Chance. Sie könnten das im Dialog mit dem Publikum herausarbeiten und dafür spezielle Angebote machen.

Müssten die Theater in ihren Spielplänen mehr Unterhaltsames bieten, das Spaß macht und nicht nur schwere Kost?
Olschowski

Mein Eindruck ist: Das Bedürfnis nach Unterhaltung ist verstärkt spürbar in den letzten Wochen, nicht nur bedingt durch die Pandemie. Ich bin sehr dafür, dass die großen Fragen der Menschheit in der Kultur verhandelt werden. Aber in diesen Wochen, in denen wir den Krieg in der Ukraine erleben, bemerke ich, dass viele Menschen, wenn sie ausgehen, in der Kultur nicht auch noch mit ganz schweren Themen konfrontiert sein wollen. Deswegen glaube ich, dass wir da gerade eine spezielle Situation erleben. Aber auch Theaterleute, die sonst eher für die schwere Kost bekannt sind, sagen mir, nee, im Moment läuft das Leichte besser.

Was die Verbesserung des deutschen Films anbelangt, der nur 20 Prozent Marktanteil hat, geht es auch um neue Storys und vielleicht eine actionreichere Umsetzung. Sollte die Filmförderung noch deutlicher auf künstlerische Kriterien und Umsetzung Wert legen?
Olschowski

Man kann den Streaming-Diensten manches vorwerfen. Aber was sie vorangebracht haben, ist die Diskussion darüber, wie im Film Geschichten erzählt werden. Da ist eine enorme Dynamik entstanden. Der Wettbewerb um gute Geschichten und der Erfolg mit guten, auch durchaus mit anspruchsvollen Geschichten, hat viel Bewegung in die Szene gebracht, auch in Deutschland. Wir haben darauf reagiert, indem wir in der Förderung jetzt bereits im frühen Stadium, beim Entwerfen von Geschichten ansetzen. Dadurch schaffen wir die Möglichkeit, die Filmerzählung auf hohem Niveau zu entwickeln. Das haben auch die öffentlich-rechtlichen Sender erkannt.

„Babylon Berlin“ ist ein Musterbeispiel dafür, das gezeigt hat, dass es sich lohnt, in eine Serie anders zu investieren – sowohl was die Finanzen angeht, als auch was die Ausstattung und die Schauspielerinnen und Schauspieler angeht. Wenn man mehr investiert, kommt am Ende auch das Publikum zurück und dankt es.

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