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Demonstration vor dem Werkstor

Bosch-Mitarbeiter in Bühl bangen um ihre Jobs

Die Stimmung ist mies. Bei Bosch in Bühl haben die Mitarbeiter Angst um ihre Jobs. Nach einer geplatzten Betriebsversammlung ist die Stimmung zwischen Betriebsrat und Unternehmensleitung vergiftet.

Bosch Demo
Für mehr Geld und die Jobs: Bosch-Mitarbeiter demonstrierten am Mittwochnachmittag vor dem Werkstor in Bühl. Nachdem eine Betriebsversammlung geplatzt ist, herrscht dicke Luft zwischen Geschäftsleitung und Arbeitnehmervertretung. Foto: Ulrich Coenen

Bei Bosch in Bühl herrscht miese Stimmung. Die 3500 Mitarbeiter bangen um ihre Jobs. Am Mittwochnachmittag demonstrierten sie vor dem Werkstor des Automobilzulieferers.

Offizieller Anlass war die zweite Runde der Tarifverhandlungen für die Metall- und Elektroindustrie im Südwesten. Tatsächlich gehen die Probleme bei Bosch in Bühl aber sehr viel tiefer.

„Wir arbeiten an einer Betriebsvereinbarung“, erklärte der neue Betriebsratsvorsitzende Francesco Tramonti gegenüber dieser Redaktion. „Wir bekommen von der Firmenseite keine Zukunft und keine Perspektiven aufgezeigt. Wir wollen an unserem Standort neue Produkte entwickeln und produzieren. Stattdessen geht der Trend in Richtung Osteuropa.“

In seiner Ansprache vor rund 300 Kollegen wurde Tramonti noch deutlicher. „In Osteuropa wird Party gefeiert“, rief er. „Dort sprießen die neuen Standorte wie Pilze aus dem Boden. Das wird von der EU auch noch subventioniert.“

Die Arbeitsbedingungen für die Kollegen beispielsweise in Ungarn seien schlecht. Es gebe keinen Kündigungsschutz und Zwölf-Stunden-Tage. „Betriebswirtschaftlich sind diese Verlagerungen Unsinn“, meinte Tramonti. „Es kann nicht sein, dass sich die Firmen auf unsere Kosten die Taschen füllen und dann mit den Geldsäcken nach Osteuropa abhauen.“

Vergiftetes Klima zwischen Geschäftsleitung und Arbeitnehmern

Wie vergiftet das Klima zwischen Geschäftsleitung und Arbeitnehmern ist, zeigte sich beim Thema Betriebsversammlung. Die plane der Betriebsrat seit einem halben Jahr, erklärte Tramonti. Um alle drei Schichten einzubeziehen, sollte sie am Donnerstag auf dem Betriebsgelände stattfinden. Dafür wollte der Betriebsrat ein Zelt zum Schutz vor möglichem Regen aufbauen.

„Nur vier Tage vorher wurde uns die Kostenübernahme verweigert“, berichtete der Betriebsratsvorsitzende unter den Buhrufen seiner Kollegen. „Als Alternative wurde uns das Bühler Bürgerhaus angeboten. Aber innerhalb von vier Tagen können wir eine solche Großveranstaltung nicht neu planen. Deshalb mussten wir sie absagen.“

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Wie Tramonti gegenüber dieser Redaktion erklärte, dauert die Krise bei Bosch bereits 35 Monate. „Zunächst sollten wir von unseren 3.500 Mitarbeitern bis 2025 rund 1.000 Planstellen abbauen“, berichtete er.

Diese Zahl habe man in harten Verhandlungen zunächst auf 700 und dann auf rund 300 Planstellen reduzieren können.“ Nicht nachvollziehbar sei für ihn gewesen, dass von diesen Überlegungen auch 300 Ingenieure betroffen gewesen seien. „Hochqualifizierte Leute, die sehr gesucht sind“, konstatierte er.

Die Menschen ächzen unter den gestiegenen Preisen.
Maja Reusch, IG Metall Offenburg

Maja Reusch, Zweite Bevollmächtigte der IG Metall in Offenburg, hielt in ihrer Rede die von der IG Metall geforderte Lohnerhöhung von acht Prozent für angemessen. „Die Arbeitgeber bewegen sich nicht, die sagen: Es gibt nix“, erklärte sie.

„Dabei ist jetzt die Zeit für eine enorme Entgelterhöhung. Die Menschen ächzen unter den gestiegenen Preisen und fragen sich, wie sie ihre Heizrechnung bezahlen sollen. Das Geld bei den Unternehmen ist da. Den meisten Betrieben geht es gut, wie man an rekordverdächtigen Dividenden sieht.“

Briela Jahn, Pressesprecherin bei Bosch, meldete sich nach der Demonstration in der Redaktion. „Bosch investiert kontinuierlich weltweit unter Berücksichtigung möglicher Chancen und Herausforderungen“, erklärte sie.

„Dies ist für den wirtschaftlichen Erfolg unseres Unternehmens unerlässlich. Gerade unser Engagement in Osteuropa trägt auch zur Stärkung unserer Wettbewerbsfähigkeit und zum Erhalt von Arbeitsplätzen in Deutschland bei.

Investition in etablierte Märkte

Zudem investieren wir stark auch in etablierte Märkte, insbesondere in Deutschland. In Bühl hat Bosch zuletzt durchschnittlich mehr als 20 Millionen Euro jährlich investiert, insbesondere in die Kapazitätserweiterung und die Modernisierung unserer Fertigungseinrichtungen.“

Zum „konstruktiven Austausch“ mit Arbeitnehmervertretern und Gewerkschaft gehören nach Ansicht von Jahn auch Betriebsversammlungen. „Leider war dies für den 13. Oktober nicht möglich“, sagt sie. „Dies hatte ausdrücklich nichts mit dem Inhalt oder der Art der Veranstaltung zu tun.

Die Arbeitnehmervertreter haben der Werkleitung vor der geplanten Betriebsversammlung ein Angebot für den Aufbau eines Zeltes vor den Werkstoren in Bühl vorgelegt. Dieses Angebot war wirtschaftlich nicht tragfähig. Selbstverständlich werden wir unternehmensseitig die Organisation einer neu terminierten Betriebsversammlung in gewohnter Weise unterstützen.“

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