Skip to main content

Patientin seit Jahrzehnten

Depression und die Folgen: Gaby Roche aus Bühl holt das Thema in die Öffentlichkeit

Die Depression ist eine Volkskrankheit. Welche Folgen sie haben kann, darüber müsste mehr gesprochen werden, sagt Gaby Roche – und handelte.

Eine Frau präsentiert eine Fotografie
Gaby Roche ist auch als Fotografin aktiv. Das Foto, das sie hier zeigt, trägt den Titel „Lean on me“ und ist eins ihrer Lieblingsbilder, da es darstellt, dass man sich im Leben immer wieder mal an jemandem anlehnen muss. Foto: Marianne Schneider

Jeder fünfte Deutsche erkrankt einmal in seinem Leben an einer Depression. Die Krankheit kann jeden und jede treffen. Umso erstaunlicher scheint es da, dass sie laut der Stiftung Deutsche Depressionshilfe und Suizidprävention immer noch zu den am meisten unterschätzten Erkrankungen zählt.

Wäre es da nicht wichtig, über das Thema öffentlich zu reden, um darüber aufzuklären? Gaby Roche kann das nur mit Ja beantworten, und sie lässt dem auch Taten folgen. Auf ihre Initiative hin findet in Eisental eine besondere Veranstaltung statt. Sie trägt den Titel „Mal gut, mehr schlecht“.

Roche ist eine unfreiwillige Expertin in Sachen Depression. „Die Krankheit begleitet mich seit Jahrzehnten“, erzählt die gebürtige Bühlerin, die mit ihrem Ehemann und drei Kindern seit einigen Jahren in Eisental zu Hause ist. „Das hat schon in der Jugend begonnen und wird mich wohl auch weiterhin begleiten“, sagt Roche, „rezidivierend“ nennen die Ärzte das.

Bühlerin macht kein Geheimnis aus der Krankheit

Roche hat gelernt, damit zu leben. Der wichtigste Schritt dabei sei es gewesen, die Krankheit selbst anzunehmen, gewissermaßen als (nur) einen Teil der Persönlichkeit. Dann könne es auch gelingen, die Einstellung dazu zu ändern: „Heute denke ich nicht mehr ,hoffentlich kommt sie nicht mehr‘, sondern wenn sie dann da ist: ,Es geht vorbei‘.“

Das Reden darüber sei wichtig, zu oft fühlten sich die Betroffenen noch stigmatisiert. Zu wissen, dass man nicht allein sei, nennt Roche sehr wichtig.

„Ich mache kein Geheimnis aus der Krankheit“, sagt die berufstätige Mutter, die halbtags als Architektin arbeitet. Es lasse sich auch kaum verheimlichen, wenn in einer fünfköpfigen Familie ein Elternteil „ausfällt“. Das sei organisatorisch oft nicht einfach – aber vor allem kräftezehrend für die Angehörigen.

Vortrag in Eisental

Mit dem Vortrag „Mal gut, mehr schlecht“ möchte sie das Thema in die Öffentlichkeit holen. Sie hat ihn vor etwa zwei Jahren in Darmstadt gesehen. Roche ist Mitglied der Deutschen Depressionsliga, die diese Veranstaltung bundesweit organisiert. Der vor 15 Jahren von Betroffenen gegründete Verein hat mittlerweile knapp 2.000 Mitglieder. „Er macht viele tolle Sachen, um das Thema ins öffentliche Bewusstsein zu rücken“, sagt Roche. Ein Beispiel dafür war die Mut-Tour, bei der Tandem-Teams ein Zeichen für mehr Mut und Wissen im Umgang mit Depressionen setzen wollen und die schon mehrfach auch in Bühl Station machte. Seit 2022 läuft sie unter der Regie von Mut fördern e.V.

Mit einer eigenen Aktion – der Gründung von www.wenigergrenzenmehrleben.de – unterstützt sie den Verein, den sie vor ihrem Eintritt schon lange verfolgt habe. Roche ist eine begeisterte Fotografin. Eine Ärztin einer Ulmer Klinik, in der sie behandelt wurde, hatte ihr geraten, „unbedingt etwas mit Fotografie zu machen“. Der Verkaufserlös ihrer Fotoprodukte geht unter anderem an die Deutsche Depressionsliga.

Ihre Liebe zur Fotografie war der Anknüpfungspunkt zum Heimatverein Eisental. „Ich wurde darauf angesprochen“, sagt Roche. Mittlerweile ist sie Mitglied im Heimatverein, der zahlreiche Projekte auf ganz unterschiedlichen Feldern angehe. So sei ihr die Idee gekommen, den Vortrag nach Eisental zu holen, bei dem der Heimatverein der Veranstalter ist.

Fotografin aus Erfurt zeigt Bilder

Referentinnen sind Nora Klein und Sabine Fröhlich. Die in Erfurt lebende Fotografin Nora Klein hat eineinhalb Jahre lang Betroffene besucht. Was sie dabei erfuhr, Gedanken und Ängste, hat sie in Fotografien umgesetzt: „Sie vermag es, Gefühle darzustellen“, sagt Roche. Daraus ist ein 2016 veröffentlichter Bildband mit dem Titel „Mal gut, mehr schlecht“ entstanden.

Die begleitende Vortragsreihe möchte die Gefühls- und Gedankenwelt von depressiven Menschen transparenter machen. Sabine Fröhlich, die in dem Buch als Betroffene porträtiert wird, spricht über ihre eigenen Erfahrungen. Gemeinsam zeigen Klein und Fröhlich in einer visuellen Präsentation Fotografien aus dem Buch-Projekt und lesen dazu Lebensgeschichten von erkrankten Menschen vor.

Genauso wichtig wie Fotografie und Vortrag ist für Roche das anschließende Gespräch. „Da kommen immer wieder viele Fragen“, sagt sie. Eben das sei auch das Ziel: Ins Gespräch zu kommen, sich über Erfahrungen auszutauschen. „Du bist nicht allein“: Das ist für Gaby Roche ein wichtiges Signal. Beim Internet-Auftritt der Deutschen Depressionsliga beteiligt sie sich an der Rubrik Lichtblicke mit den Worten: „Es ist schwierig, aber es lohnt sich: In Kontakt bleiben und offen bleiben!“

Service

Der Vortrag „Mal gut, mehr schlecht“ mit Nora Klein und Sabine Fröhlich beginnt am Donnerstag, 7. März, um 19.30 Uhr im Pfarrsaal St. Matthäus in Eisental. Der Eintritt ist frei und der Saal barrierefrei zugänglich.

nach oben Zurück zum Seitenanfang