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Rückkehr an alte Wirkungsstätte

Ex-OB Ulrich Wendt blickt zurück: „Habe mich in Bühl sauwohl gefühlt“

Ein Video-Interview mit dem früheren Bühler Oberbürgermeister Ulrich Wendt im Friedrichsbau begeistert geladene Gäste und enge Weggefährten aus Politik, Wirtschaft und Verwaltung.

Heim gekommen in sein Wohnzimmer: Ulrich Wendt (Zweiter von rechts) zusammen mit OB Hubert Schnurr, Beigeordnetem Daniel Fritz und Ehrenbürger Oswald Grisstede (von rechts)
Heim gekommen in sein Wohnzimmer: Ulrich Wendt (Zweiter von rechts) zusammen mit OB Hubert Schnurr, Beigeordnetem Daniel Fritz und Ehrenbürger Oswald Grisstede (von rechts) Foto: Gerold Hammes

Er kam als Jungspund in das verschlafene Landstädtchen – gerade mal 36 Jahre alt. Am Montagabend kehrte der heute 78-jährige Bühler Ex-Oberbürgermeister Ulrich Wendt in sein „Wohnzimmer“ zurück.

Weggefährte versammeln sich in Bühler Friedrichsbau

Er und die Stadtverwaltung hatten langjährige und engste Weggefährte aus Lokal- und Landespolitik, Wirtschaft, Einzelhandel sowie der damaligen Rathaustruppe zur Premiere eines rund 70-minütigen Video-Interviews in den Friedrichsbau, das Epizentrum Bühler Kommunalpolitik, geladen. Es war ein herzliches Wiedersehen: „Wie bei einem Klassentreffen“, bemüht ein Teilnehmer einen Vergleich.

Wendt (Jahrgang 1945) schlank, von jugendlichem Habitus eines End-Sechzigers und mit hoher rhetorischer Brillanz gesegnet, wärmte bereits bei der Begrüßung die Herzen seiner Gäste; darunter sein Amtsnachfolger im Rathaus, Gerhard Helbing, seine Landtagsnachfolger Ursula Lazarus und Tobias Wald (beide CDU) und die Bühler Ehrenbürger Ernst Kohlhage und Oswald Grisstede.

Michael Rumpf arbeitet die Ära Ulrich Wendt auf

Michael Rumpf, von Wendt im Februar 1989 zum Stadtarchivar ernannt, arbeitete die Ära Wendt in dessen Baden-Badener Eigenheim dezent, profund und immer wieder nachfassend auf. Das Auditorium erfuhr, dass es den Juristen Wendt nie wirklich in eine Kanzlei oder zu einer Richterlaufbahn gezogen hat.

In einer Verwaltung, erkannte er rasch, „bietet sich der größte gestalterische Freiraum“. Also begann seine berufliche Vita 1978 als persönlicher Referent und Pressesprecher des damaligen Karlsruher Regierungspräsidenten Trudpert Müller (CDU).

Dieser konfrontierte ihn eines Tages mit der Frage, ob er sich die Position und Verantwortung eines Oberbürgermeisters vorstellen könne. In Gaggenau und Bühl stünden Wahlen an. „Wo zuerst?“, fragte Wendt neugierig zurück. Es war die Zwetschgenstadt. Dort saßen die beiden Beigeordneten Gerhard Fritz und Bernd Reichert bereits in den Startlöchern.

Beim zweiten Urnengang gewann er gegen Fritz. Dieser wurde Beigeordneter. Beide verband, erinnert sich Wendt, ein „enges Vertrauensverhältnis. Auf ihn konnte ich mich verlassen!“

Nun aber wartete viel Arbeit. Vorgänger Erich Burger hatte als Bürgermeister (ab 1957) eine „prall gefüllte Stadtkasse“ hinterlassen, mit Bosch und Luk zwei sprudelnde Gewerbesteuerquellen angesiedelt und industrielle Arbeitsplatzgaranten als politisches Erbe übergeben.

Ich habe mehr gefühlt als gewusst.
Ulrich Wendt
über die Neustrukturierung der Bühler Innenstadt

Die Innenstadt aber war nicht strukturiert. Individual- und Schwerlastverkehr dominierten die Hauptstraße. Die Nebenstraßen waren, so Wendt, eine „Ansammlung von Groschengräbern“. Er meinte damit Autostellflächen mit Parkuhren. „Bühl vom Blech auf Kirch-, Markt- und Johannesplatz befreien und eine durchlässige fußläufige Querspange zwischen Ost- und Weststadt schaffen“, waren prioritäres Stadtsanierungsziel.

„Bühl hat sich weltoffen entwickelt.“

Er bekennt heute aber auch: „Ich habe mehr gefühlt als gewusst.“ Und es konnte nur funktionieren, wenn alternativer Parkraum geschaffen wird: mit zwei Tiefgaragen (Volksbank/Stadt, Sparkasse) und einem Parkdeck. Und mit einer Verlegung der B3 in den Westen. Im Rückblick hört es sich wie folgt an: „Eine Stadt weiterentwickeln heißt: investieren und etwas wagen!“

Risikokapital wurde auch von privater Seite zur Verfügung gestellt. Michele Sassano ging in der Hauptstraße mit dem Gasthaus Fortuna die erste Objektsanierung an. Im Friedrichsbau saß am Montag sein Son Raffaelle. Ein „Herzbühler“ mit italienischen Wurzeln, wie ihn Wendt bezeichnete. Viele Gastarbeiter hätten sich mit der Stadt „identifiziert und diese bereichert“. Für den Ex-OB ein untrügliches Zeichen: „Bühl hat sich weltoffen entwickelt.“

Das betraf auch das gesellschaftlich-kulturelle Selbstverständnis der Stadt: mit dem Bau des Bürgerhauses Neuer Markt – als Beitrag für die Balance zur „Neustadt“, wie er dieses Quartier bezeichnet. Ein politischer Kraftakt, „herausfordernd und sogar gefährlich“, wie der Interviewte einräumt.

Die dortige Halle der Obstabsatzgenossenschaft (OAG) galt als „Seelenzentrum“ der stolzen Zwetschgenstädter. Mit umgerechnet 19 Millionen D-Mark war die Investition für heutige Zeiten ein „Schnäppchen“. Wendt konnte hierfür den ebenfalls anwesenden Architekten Oswald Seebacher und Manfred Krauth seine Anerkennung aussprechen und seiner Bewunderung Ausdruck verleihen, dass danach die „qualitative Architektursprache“ mit Mediathek und Realschule nahtlos weitergeführt wurde.

Die Bilanz von Ulrich Wendt endete in einem Applaus-Orkan. Er schloss: „Liebe Bühler, ich habe mich in Bühl sauwohl gefühlt!“

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