„Bühl hatte mal Flair““, meint Alina Sommer-Floruß. „Jetzt entstehen überall nur noch Klötze.“
Konflikte wiederholen sich
Die Notwendigkeit der Nachverdichtung in der Kernstadt auf der einen Seite und der Wunsch der Bürger nach einer lockeren Bebauung auf der anderen Seite sorgen seit einigen Jahren immer wieder für Konflikte, die auch schon mal vor dem Verwaltungsgericht endeten. Das hat aber regelmäßig für die Projektträger entschieden, weil die gesetzlichen Vorgaben kaum eine andere Möglichkeit offen lassen.
Typischer Fall
Das Bauvorhaben in der Nelkenstraße ist ein typischer Fall. Es gibt für dieses Quartier mit seiner überwiegend kleinteiligen Bebauung mit zahlreichen Einfamilienhäusern aus den 1920er bis 1970er Jahren mit großen Gärten keinen gültigen Bebauungsplan.
Paragraf 34 ist berüchtigt
Über die Bauanträge entscheidet die Stadt Bühl als zuständige Baurechtsbehörde auf der Basis des Paragrafen 34 des Baugesetzbuches, der (so der Gesetzestext) die „Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile“ regelt und nicht nur in Bühl regelmäßig für Ärger und Missverständnisse sorgt. Neubauten sollen sich „nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen“.
Fall lag beim Regierungspräsidium
Nach Auskunft von Corina Bergmaier, der Leiterin der Baurechtsbehörde der Stadtverwaltung, will ein Ettlinger Investor in der Nelkenstraße ein dreigeschossiges Fünffamilienhaus mit Tiefgarage bauen, dessen Obergeschoss an der Nelkenstraße in der Art eines Penthouses zurückspringt. „Es gab Einsprüche aus der Nachbarschaft, die auch beim Regierungspräsidium Karlsruhe vorlagen“, berichtet Bergmaier. Diese seien aber letztendlich zurückgezogen worden, weil sie keine Aussicht auf Erfolg hätten.
Große Gebäude in der Nachbarschaft
„Wir machen es uns nicht leicht, wenn wir solche Bauanträge prüfen“, sagt Bergmaier. „Wir entscheiden nicht vom Schreibtisch aus, sondern gehen raus und schauen uns die Situation vor Ort an.“ Die Architektin weist auf große Gebäude in der Nachbarschaft hin. Das sind nicht nur Handelslehranstalt und Bachschloss-Schule, sondern auch ein unmittelbar benachbartes Mehrfamilienhaus direkt neben dem geplanten Neubau, das erst vor einigen Jahren vollendet wurde.
Bis jetzt ein Garten
Das knapp 650 Quadratmeter große Grundstück, auf dem das Fünffamilienhaus entstehen soll, diente bis vor kurzem als Garten. Eine Erbengemeinschaft hat das Gelände an den Investor verkauft, während ein Zweig der Familie in einem eineinhalbgeschossigen Wohnhaus mit Mansarddach oberhalb des früheren Gartens wohnt. Es ist die Familie Floruß-Sommer mit ihren acht Kindern. „Ursprünglich sollte ein Einfamilienhaus im Garten entstehen“, berichtet Axel Floruß. „Damit hätten wir leben können.“ Er und seine Frau haben der Verlegung ihrer Grundstückszufahrt an den äußeren linken Rand zugestimmt, um das Neubauvorhaben zu ermöglichen. Dabei hofften sie auf ein kleineres Gebäude. Von dem Mehrfamilienhaus, das sie jetzt erwartet, sind sie wie auch die Nachbarn wenig begeistert. „Unser Widerspruch hat niemanden interessiert“, sagt Floruß.