
Freunde und Gegner der Windenergie kommen am Dienstag zur Informationsveranstaltung auf die Rote Lache. „Wir sind klare Befürworter der Windkraft“, sagen Regina Salomon und Axel Massow.
Sie achten in ihrem Haus im Baugebiet Eben I in Hilpertsau mit einer PV-Anlage und Solarthermie darauf, sich weitgehend autark versorgen zu können. Im Blick auf die Energiewende halten sie Windräder im Murgtal für notwendig. „Einfach machen“, raten sie den Verantwortlichen.
Das sieht Roland Cap aus Scheuern ganz anders. „Ich bin für Alternativen“, betont er im Blick auf die Schäden, die Windkraftanlagen im Wald anrichten.
Um diese zu vermeiden, würde der Gernsbacher eher auf Fotovoltaik, Wasserstofftechnologie und Induktionsmaschinen setzen. „So nachhaltig ist die Windenergie nicht“, betont der Gernsbacher. Schließlich seien die Getriebe von Windenergieanlagen je nach Größe mit 200 bis 700 Liter Öl gefüllt.
Berlin und Stuttgart sind die Adressaten für Kritik
Zwei Meinungen, die sinnbildlich stehen für die aktuelle Diskussion. Sie ist zum Teil auch ideologisch aufgeladen. Insgesamt überwiegt bei der Bürgerinfo, zu der die Stadt Gernsbach und der Regionalverband Mittlerer Oberrhein eingeladen haben, die Befürworterseite. Die Infoveranstaltung, die rund zwei Stunden dauert, verläuft sachlich.
Bürgermeister Julian Christ (SPD) weist schon in seiner Begrüßung darauf hin, dass es längst nicht mehr um die Entscheidung geht, ob es die Windkraft geben wird oder nicht. „Die Frage haben Bund und Land beantwortet.“ Deshalb seien Berlin und Stuttgart auch die Adressaten für Kritik. Die Stadt mache hier nur ihre Hausaufgaben.

Und die lauten, einen Beitrag zur Energiewende zu leisten. „Es gibt grundsätzlich geeignete Flächen in Gernsbach“, stellt der Bürgermeister fest. Zwei der drei Suchräume, die jetzt in die weitere Entwicklung gehen, befinden sich auf Gemarkung Reichental. Eine weitere liegt zwischen Lindel, Roter Lache und dem Maienplatz.
Christ geht davon aus, dass zehn Windräder eine realistische Größenordnung seien, sofern alle drei Suchräume realisiert werden können. Man müsse aber davon ausgehen, dass sich die Flächen bei vertiefter Prüfung in ihrem Zuschnitt verändern können und womöglich auch einzelne Flächen aufgrund anderweitiger Vorgaben (zum Beispiel Arten- und Naturschutz) gänzlich entfallen.
Es geht darum, die Best-Standorte zu finden.Julian Berger
Regionalverband Mittlerer Oberrhein
„Es geht darum, die Best-Standorte zu finden“, erklärt Julian Berger vom Regionalverband: „Wir bereiten den Weg dafür, dass man überhaupt Planungsrecht schaffen kann.“ Das soll bis September 2025 geschehen sein. Wenn der Plan fertig ist, brauche es (optimistisch gesehen) weitere zwei Jahre, bis die Genehmigung für den Bau vorliegt. Bis sich im Murgtal also die ersten Windräder drehen, braucht es noch viel Geduld.
Wenn es nach der Bürgerinitiative zum Schutz der Landschaftsschutzgebiete in Baden-Baden und Umgebung geht, drehen sich in der Gegend um die Welterbestadt gar keine Windkraftanlagen. Die Vereinsvertreter Michael Bauer und Stephan Maier ergreifen am Dienstag mehrfach das Wort.

Sie warnen vor den Folgen der Windkraft für die naheliegenden Bewohner (vor allem in Schmalbach) sowie den Natur- und Artenschutz. Sie äußern aber auch Sicherheitsbedenken – etwa bezüglich der erhöhten Waldbrandgefahr durch die forcierte Austrocknung des Waldbodens.
Forstbezirksleiter Markus Krebs möchte dazu keine Prognose abgeben. Weil es im Landkreis Rastatt und im Stadtkreis Baden-Baden bisher keine Windräder gibt, fehle es dem hiesigen Forst schlicht und ergreifend an Erfahrung, wie sich das genau entwickelt. Was man sicher sagen könne, ist, dass sich das Landschaftsbild verändern werde: „Da brauchen wir uns nichts vormachen.“
Ja, es ist ein Eingriff. Aber er ist verhältnismäßig.Julian Christ
Bürgermeister Gernsbach
Krebs verweist aber auf die Dimensionen. 80 Prozent der Gernsbacher Gemarkungsfläche sind Wald. Alleine der Stadtwald ist rund 2.500 Hektar groß. „Man geht beim Bau eines Windrads von mindestens 0,5 Hektar Wald aus, der dauerhaft seine Eigenschaft als solcher verliert.“ Hinzu kommen temporäre Eingriffe für Aufbau und Erschließung.

„Ja, es ist ein Eingriff“, stellt Bürgermeister Christ fest: „Aber er ist verhältnismäßig.“ Zumal in Gernsbach dann ein Mehrfaches des Strombedarfs eigener Haushalte produziert werden würde, sofern die zehn Anlagen tatsächlich gebaut würden, so Christ: „Das wäre unser Beitrag zur Energiewende.“ Zudem würde es den Industriestandort sichern und Einnahmepotenziale generieren, ergänzt das Stadtoberhaupt.
„Warum wir unseren Wald vor Windanlagen schützen müssen“
Der Verein Bürgerinitiative zum Schutz der Landschaftsschutzgebiete in Baden-Baden und Umgebung und die Landschafts- und Naturschutzinitiative Schwarzwald (LANA) laden am Dienstag, 5. September, zur Infoveranstaltung „Warum wir unseren Wald vor Windanlagen schützen müssen“ ein. Sie findet von 19 bis circa 21 Uhr im Löwensaal in Lichtental statt. Referenten sind Wolfgang Epple (Windindustrie versus Natur- und Landschaftsschutz), Theo Feger (Wie Windanlagen mein Leben, unsere Heimat und unsere Dorfgemeinschaft verändert haben) und Jürgen Schöttle (Energiepolitik).