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Geschenk zur Silberhochzeit

Gernsbacher Ehepaar pilgert 850 Kilometer auf dem Jakobsweg

Heike und Marco Borchardt aus Gernsbach haben sich selbst ein Geschenk zur Silberhochzeit gemacht. Die beiden wanderten 850 Kilometer auf dem Jakobsweg. Die Anstrengung empfanden sie als Urlaub.

Heike und Marco Borchard zeigen in ihrem Wohnzimmer auf eine Karte, die den Jakobsweg abbildet
Heike und Marco Borchard haben ihre Route inzwischen im Wohnzimmer verewigt. Über 800 Kilometer haben sie auf dem Jakobsweg zurückgelegt. Foto: Bernd Kappler

Buchen kann man bei Reisen heutzutage alles – wenn Corona mitspielt. Den Plan aber tatsächlich umzusetzen, ist eine andere Sache, insbesondere dann, wenn es anstrengend wird. Heike und Marco Borchardt aus Gernsbach haben sich trotz aller Unbilden und trotz Pandemie im Jahr ihrer Silberhochzeit einen Wunsch erfüllen können: den Jakobsweg von St.-Jean-Pied-de-Port in Frankreich bis nach Santiago de Compostela – quer durch den Norden der iberischen Halbinsel bei oft über 40 Grad im Schatten.

Hape Kerkeling hat die beiden inspiriert

Der Wunsch – angeregt durch Hape Kerkeling - stand zwar wegen Corona ständig auf der Kippe, es hat aber letztlich geklappt. Rund 850 Kilometer (mit Umwegen zu den Quartieren) waren die Beiden in 32 Etappen unterwegs. 46 Kilometer an einem Tag war der Rekord, bei den ersten Etappen standen zudem 1.200 Höhenmetern pro Tag auf dem Programm.

Ich kann bei solchen Touren vollkommen abschalten.
Marco Borchardt, Weitwanderer

Ist das Urlaub? „Ja“, stimmen die 47-jährige selbstständige Friseurmeisterin und der 56-jährige Technische Oberlehrer der Papiermacherschule Gernsbach freudig zu. Spirituelle Gründe haben die Weitwanderer für den Jakobsweg nicht. Heike Borchardt: „Ich möchte meine Grenzen sehen und habe festgestellt, da sind noch Kapazitäten frei.“ Ebenso Marco Borchardt: „Ich kann bei solchen Touren vollkommen abschalten. Das ist Urlaub und kein Rumliegen am Strand.“ Die Frage, warum macht ihr das, ist bei den Borchardts nie aufgekommen.

Das Weitwandern ist ihre Passion. Begonnen habe alles mit dem Wunsch eines Freundes aus Hörden. „Mensch, ich würde gerne mal den Westweg machen!“ Marco Borchardt war dabei, und das Fieber der Strecke von Pforzheim nach Basel infizierte auch seine Frau. Das Paar ist zu Weitwanderern geworden.

45 Kilometer täglich waren kein Problem

Westweg, Ostweg und Mittelweg im Schwarzwald waren der Anfang. Die Murgleiter rauf und runter gehört zum Programm. Die Gernsbacher Runde, der Panoramaweg in Baden-Baden – beide rund 45 Kilometer am Stück an einem Tag – zählen zum Pensum. So nebenher geht´s dann seit zehn Jahren regelmäßig auch mal auf Merkur, Teufelsmühle und Mahlberg. Weitere Ziele waren der Rennsteig in Thüringen, der Frankensteig, oder eine Alpenüberquerung im Jahr 2017. Der Wandermarathon steht ebenfalls im Jahreskalender.

Den Rheinsteig von Wiesbaden nach Bonn über 385 Kilometer absolvierten die Borchardts 2019 als Trainingstour für den Jakobsweg. Es musste ja ausprobiert werden, was auf einer solchen Tour erforderlich und was entbehrlich ist. Am Ende blieb die Erkenntnis: Für Heike reichen zehn Kilogramm im Rucksack, für Marco 13 Kilogramm. Und was ist dann mit dem Wäschewechsel?

Heike Borchardt lacht: „Wir haben jeden Abend gewaschen.“ Moderne Funktionswäsche macht das möglich. Und: Zur Silberhochzeit habe man sich gute Quartiere, abseits der üblichen Pilgerunterkünfte mit schlechtem Essen, Wanzen und Läusen gegönnt. „Einmal hatten wir ein Himmelbett,“ erinnert sich Marco Borchardt. Ideal, um die Wäsche aufzuhängen.

Highlight am Ziel wegen Sanierung ausgefallen

Ausgefallen ist leider der Schlusspunkt der Wanderung in Santiago: der schwingende Weihwasserkessel. Die Kirche war wegen Renovierungsarbeiten in Erwartung von hunderttausenden von Pilgern im Jakobsjahr 2021 geschlossen. Auch der geplante Ausflug an den westlichsten Punkt Europas, das Kap Finisterre, musste ausfallen, weil der Rückflug wegen Corona geändert wurde.

Immer wieder blättert das Ehepaar im Reisetagebuch. Allerdings entstehen da auch Sehnsüchte. Im kommenden Jahr – so es Corona zulässt – wollen sie noch einmal mit dem Wohnmobil nach Norwegen. 2022 steht dann das nächste Projekt auf dem Plan: Die Nordroute des Jakobsweges. 960 Kilometer zum Weihrauchkessel und bis zum Kap Finisterre.

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