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Riesenfund im Wald

Pilzreicher Herbst in Gaggenaus Wäldern, aber gesammelte Pilze sind oft zu alt

Die Pilz-Hauptsaison ist zu Ende. Aufgrund bester Witterung hatten die beiden Gaggenauer Pilzsachverständigen reichlich zu tun. Sammler Waldemar Heiduk hatte in dieser Saison besonders Glück.

Im Sammlerglück: Der Steinpilz von Waldemar Heiduk wiegt stolze 604 Gramm.
Im Sammlerglück: Der Steinpilz von Waldemar Heiduk wiegt stolze 604 Gramm. Foto: Hartmut Metz

Waldemar Heiduk geht gerne rund um das Waldseebad in Gaggenau „in die Pilze“, erzählt er bei einem Besuch in der Redaktion. Er staunte nicht schlecht als er in seinem Pilzrevier kürzlich einen Riesenfund machte – ein „kerngesunder“ Steinpilz mit stolzen 604 Gramm. Im Regelfall wiegen diese zwischen 50 und 500 Gramm.

„Ich war echt baff“, freut sich der 59-Jährige, „so ein Riesenexemplar habe ich noch nie gefunden.“ Und dass, obwohl er schon rund ein halbes Jahrhundert sammele. Heiduk war bei seinem Fund gleich klar, dass es sich um einen Steinpilz handelt.

Aber nicht alle Funde lassen sich so leicht erkennen. Wer dabei Hilfe braucht, findet sie unter anderem bei Reinhold Schneider. Der Michelbacher ist Pilzkenner – geprüft von der Deutschen Gesellschaft für Mykologie (DGfM).

Mykologie ist die Wissenschaft von den Pilzen. Als solcher kann er ihm vorgelegte Pilze bestimmen und ihren Speisewert einschätzen. Außerdem kennt er sich mit den ökologischen Zusammenhängen, Schutzbestimmungen und Gesetzesgrundlagen aus.

Gaggenauer Pilzexperte erhält mehr als doppelt so viele Anfragen wie früher

Etwa 30 Beratungen hat Reinhold Schneider in diesem Jahr bereits gemacht. Normalerweise seien es zwischen zehn und 15 Beratungen. „An manchen Tagen waren es gleich zwei oder drei.“ Meistens kämen die Pilzsammler zu ihm nach Hause. Für manche Beratungen werde aber auch die Mittagspause genutzt, erzählt der Betriebswirt.

Pilzsaison zu Ende: Um den Waldseeparkplatz lassen sich noch vereinzelt Pilze zwischen dem Laub entdecken.
Hauptsaison ist zu Ende: Rund um den Wanderparkplatz beim Waldseebad lassen sich noch vereinzelte Pilze zwischen dem Laub entdecken. Foto: Muriel Kern

Warum die hohe Zahl? Ganz einfach, meint Schneider: „Es gab einiges zu holen.“ Im Sommer bestand laut Medienberichten noch die Sorge, dass die in diesem Jahr besondere Trockenheit für einen pilzarmen Herbst sorge. Der einsetzende Regen im September versprach dann aber volle Körbe.

Lange trockene Zeiten und anschließend intensiver Regen. „Für Steinpilze sind das ideale Bedingungen“, weiß Schneider. Der beliebte Speisepilz stehe nach Bundesartenschutzverordnung unter dem „gemilderten Naturschutz“ und dürfe nur in „handelsüblichen Mengen“ gesammelt werden. Der Pilzkenner übersetzt das mit „nicht mehr als zwei Kilo pro Tag und Person.“ Andernfalls droht ein Bußgeld.

Ich bin überhaupt kein Pilz-Esser.
Reinhold Schneider, Pilzsachverständiger

„Ich bin überhaupt kein Pilz-Esser“, sagt der 60-jährige Pilzberater und lacht. Zu Beginn sei das zwar die Motivation für das Sammeln gewesen, inzwischen finde er Pilze ganz einfach als Objekte interessant. Wer selbst schon einmal einen Fruchtkörper sorgsam in der Hand gedreht und von Nahem die feingliedrigen Lamellen betrachtet hat, kann das vielleicht gut nachvollziehen.

Die Beratung ist kostenlos und soll Vergiftungen von Hobbysammlern vorbeugen. „Ich stelle keine Mahlzeiten zusammen“, betont Schneider. Und meint damit, dass er von seinen Kunden eine gewisse Vorkenntnis erwartet. Die meisten Pilzsammler bringen diese auch mit. „Viele lassen sich ihren Verdacht nur noch einmal bestätigen“, sagt der Pilzsachverständige. Oder haben noch zwei, drei interessante Exemplare dabei, die Schneider bestimmen soll.

Anfänger haben oft Gammel-Pilze in den Körben

Nachdem der Regen im September eingesetzt hatte, klingelte auch bei Sven Schnepf „mehrmals am Tag“ das Telefon. Der Gaggenauer ist seit 2021 bei der DGfM als Pilzsachverständiger gelistet. Auch er sieht den Grund für die vielen Beratungsanfragen in den witterungsbedingten regelrechten „Pilzschwemmen“.

Oft prüfen die Pilzkenner das Alter der Fundstücke. Gerade Anfänger hätten oft vergammelte Pilze in ihren Körben. Diese führen dann zu einer sogenannten „unechten“ Pilzvergiftung, also einer Magen-Darm-Verstimmung, weiß Schnepf.

Um die zu vermeiden, gebe es einen einfachen Trick: „Wenn ich mit dem Finger auf den Hut drücke und eine Delle zurückbleibt, ist der Pilz schon zu alt.“ Die Sachverständigen erziehen auch zur Selbstständigkeit. Der Vorteil: „Wenn zum Beispiel das Alter vom Sammler richtig erkannt wird, dann können die überständigen Exemplare gleich im Wald bleiben“, sagt Schnepf.

Bei mir standen schon Sammler von 25 bis 75 Jahren vor der Tür.
Sven Schnepf, Pilzsachverständiger

Der 43-Jährige berate „durch alle Generationen“, verrät er. „Bei mir standen schon Sammler von 25 bis 75 Jahren vor der Tür.“ Oft bekomme er auch Fotos zugesendet. Aber da lasse sich nur schwer eine Aussage treffen. Er rät deshalb auch von der Verwendung von Apps zur Pilzbestimmung ab. „Das sollte man nicht machen. Die liefern keine zuverlässigen Ergebnisse“, warnt er.

„Pilze bestimmt man mit allen Sinnen“, sagt Schnepf. Konsistenz und Geruch seien ebenso relevant wie die Farbe und Form. Pilzkenner Schneider sieht das genauso: „Manchmal muss man auch den Geruchssinn einsetzen. Ein Champignon zum Beispiel riecht nach Anis.“

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