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Befragung zur Vorbereitung

Wie man in Gaggenau Wohnquartiere mit Nahwärme versorgen will

In Gaggenau will man beim Klimaschutz neue Wege gehen. Nahwärme heißt das Konzept. Dabei sollen Gebäude eines Quartiers gemeinsam beheizt werden. Wie das geht.

Klinkenputzen: Ramona Seilnacht und Kevin Schad von der Energieagentur Mittelbaden erfassen die Daten der Häuser im Quartier Helmut-Dahringer-Haus.
Klinkenputzen: Ramona Seilnacht und Kevin Schad von der Energieagentur Mittelbaden erfassen die Daten der Häuser im Quartier Helmut-Dahringer-Haus. Foto: Stephan Juch

Letzter Begehungstag: Ramona Seilnacht und Kevin Schad von der Energieagentur Mittelbaden klingeln am Donnerstagnachmittag in der Waldstraße an den Häusern. In der Hoffnung, jemanden anzutreffen, der ihnen Auskunft geben kann. Gefragt sind Angaben über den energetischen Zustand des jeweiligen Gebäudes, zu den Eigentümer- und Mieterstrukturen, zu Wärmeerzeugern und Energieträgern.

Die Daten, die letztlich dazu beitragen, eine CO2-Bilanz des ganzen Sektors abzubilden, fließen in die Bestandsaufnahme für das Quartierskonzept Helmut-Dahringer-Haus (HDH).

Nahwärmenenetze sollen Quartier in Gaggenau versorgen

„Die Stadt Gaggenau hat die Zeichen der Zeit erkannt“, lobt Schad das Vorhaben, gleich zwei solcher Quartierskonzepte in Angriff zu nehmen. Neben dem HDH, wo die Energieagentur Mittelbaden Projektleiterin ist, arbeitet die Energy Effizienz GmbH im Auftrag der Stadt und der Stadtwerke an der Entwicklung des Quartiers Dachgrub in Bad Rotenfels. Entstehen sollen jeweils Nahwärmenetze.

Bei einem solchen gibt es eine zentrale Heizanlage, mehrere Häuser als Abnahmestellen für die Wärme sowie Leitungen, die die Häuser mit der Heizanlage verbinden. Die Leitungen befinden sich in der Regel unter der Erde und sind wärmegedämmt, damit möglichst viel thermische Energie beim Verbraucher ankommt. Von der zentralen Heizanlage wird die erzeugte Wärme – zumeist heißes Wasser – über das Rohrsystem zu den Verbrauchern geleitet.

Sobald das Wasser angekommen ist, gelangt es in eine Übergabestation mit einem Wärmeüberträger. Die Wärme befindet sich dann im hausinternen Verteilungssystem und wird für Warmwasser und zum Heizen verwendet. „Wir wissen, dass bestimmte Gebiete dafür prädestiniert sind“, sagt Bürgermeister Michael Pfeiffer (parteilos). Sowohl beim HDH als auch in der Dachgrub „haben wir sehr gute Voraussetzungen, die wir jetzt heben wollen“.

Bei den Stadtwerken gibt es schon länger den Betriebszweig Nahwärme, bisher ist das allerdings der kleinste Bereich. „Den wollen wir ausbauen, das ist ein wichtiges Ziel für die Zukunft der Stadtwerke“, betont Pfeiffer im Blick auf den Klimaschutz und die Energiekrise. Zudem sei man als Stadt mit mehr als 20.000 Einwohnern ohnehin dazu verpflichtet, bis ins Jahr 2024 einen Wärmeplan zu erstellen.

Gaggenauer Stadtwerke wollen Verpflichtung vorgreifen

Dieser Pflicht greife man vor, seit die Stadtwerke 2021 den Startschuss für die kommunale Wärmeplanung gegeben haben. Damit nimmt Gaggenau durchaus „eine Vorreiterrolle ein im Murgtal“, lobt die Energieagentur Mittelbaden, die auch das Projekt Dachgrub als Partnerin begleitet.

Über die Quartierskonzepte werden Eigentümern Möglichkeiten und Wege aufgezeigt, ihre Immobilie fit für die Zukunft zu machen. Durch energetische Sanierungsmaßnahmen können Energiekosten erheblich gesenkt, der Wert der Immobilie gesteigert und die Wohnqualität verbessert werden, erklärt Schad.

Schon 2015 hatte sich Oliver Knabe dafür stark gemacht, die Carl-Benz-Schule (CBS) und die Hans-Thomas-Schule sowie die zentrale Feuerwache an das Wärmenetz des HDH anzuschließen. Damals hatte man aber weder bei der Stadt noch beim Schulträger der CBS, dem Landkreis Rastatt, großes Interesse an der Idee des bei den Stadtwerken für die Wärmeversorgung zuständigen Mitarbeiters. Das hat sich nun geändert, betont Knabe: „Jetzt ist ja eine andere Welt!“

Umwelt- und Energiekrise haben vielerorts zum Umdenken geführt, bestätigt Kevin Schad: „Mittlerweile ziehen hier alle an einem Strang: Stadt, Stadtwerke, Landkreis, Gemeinderat, Vertreter der Bürgerschaft“, freut sich der Projektleiter. Im Quartierskonzept gehe es jetzt darum, mit den gesammelten Daten eine Bestandsaufnahme zu erarbeiten und festzustellen, wie der Wärmebedarf aussieht.

Dafür hat die Stadt bereits einen Förderantrag bei der KfW gestellt. In einem zweiten Schritt erfolgt das Sanierungsmanagement, bei dem es um die konkrete Umsetzung geht – in der Hoffnung, dass möglichst viele Bürger sich daran beteiligen. Alleine im Quartier HDH sind es circa 400 Gebäude, die von einem Nahwärmenetz profitieren könnten.

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