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Problematik erreicht die Region

Acherner Imker: Asiatische Hornisse gefährdet Bienen in der Ortenau

Die invasive Art stellt nicht nur Imker vor weitere Herausforderungen. Ernst Kafka erklärt, warum dringender Handlungsbedarf besteht.

Ernst Kafka ist Imker und Vorsitzender des Imkervereins Achern. Mit Sorge beobachtet er das Vordringen der Asiatischen Hornisse in die Ortenau.
Ernst Kafka ist Imker und Vorsitzender des Imkervereins Achern. Mit Sorge beobachtet er das Vordringen der Asiatischen Hornisse in die Ortenau. Foto: Katrin König-Derki

Honigbienen sind keine Nahrungskonkurrenten der Wildbienen. Das ist ein Fazit eines Gesprächs mit Imker Ernst Kafka, in Personalunion Vorsitzender des Imkervereins Achern.

Im BNN-Interview erklärt er, wie die Fehleinschätzung einer Konkurrenz beider Insektenarten entstand. Und warum die Aufmerksamkeit vielmehr der Ausbreitung der Asiatischen Hornisse gelten sollte, die auch in der Ortenau immer häufiger anzutreffen ist.

Wie lässt sich das Miteinander von Wild- und Honigbiene beschreiben?
Kafka
In Europa haben sich die als Wildbienen bezeichneten Insekten und die Honigbienen vor über 50 Millionen Jahren gemeinsam entwickelt. Wir Imker sind eigentlich alle erpicht darauf, beide Arten zu schützen. Es gab und gibt keine Nahrungskonkurrenz, denn: Etwa 75 Prozent der Wildbienenarten sind Spezialisten und fliegen nur ganz bestimmte Pflanzenarten an, ihre Nahrungsnische sozusagen. Die Honigbienen sind hingegen Generalisten und bevorzugen Massentrachten und ein vielfältiges Pollenangebot. Während die Wildbiene einen sehr kleinen Flugradius hat, bewegt sich die Honigbiene in einem bis zu sieben Kilometer großen Radius. Insofern ist es nicht zielführend, grundsätzlich das Aufstellen von Bienenvölkern in Naturschutzgebieten wie dem Waldhägenich zu untersagen, um vorgeblich den Bestand der Wildbienenarten zu schützen oder zu erhöhen.
Welche Argumente liegen einem solchen Vorgehen zugrunde?
Kafka
Es gibt tatsächlich Studien, die auf eine Konkurrenz von Honig- und Wildbienen schließen lassen. Keine davon ist jedoch auf Europa bezogen, sondern auf Amerika, Australien oder Neuseeland, wo die Ausgangssituation eine ganz andere ist. Dort wurde die westliche Honigbiene erst ab dem 17. Jahrhundert eingeführt; die Natur hatte also keine Zeit, sich auf diese für die dortige Vegetation invasive Art einzustellen. Zudem ist deren Imkerei vollerwerbsorientiert. Bei uns hingegen stellen vorwiegend Nebenerwerbs- und Hobbyimker Honig her. Dass die Zahl der Wildbienen zurückgeht, ist richtig, aber auch die Honigbienen sind gefährdet. Das hat ganz andere Gründe.
Die da wären?
Kafka
Gerade hier in der Ortenau stellen die leer geräumten Feldfluren mit einem einseitigen Pollenangebot ein großes Problem dar. Große Rapsschläge und Obstplantagen werden nur von Honigbienen und wenigen Spezialisten der Wildbienen angeflogen. Tatsächlich ist das Nahrungsangebot für Bienen inzwischen in großen Städten, aber auch in anderen Regionen deutlich besser. Vorbildcharakter hat Bayern: Dort lebt mehr als ein Viertel der deutschen Bienenvölker. Der Landesregierung sind die Förderung der Imkerei, der Schutz von Honig- wie Wildbienen und die ökologische Landwirtschaft wichtige Anliegen. Davon ist man in Baden-Württemberg weit entfernt. Dabei bestäuben Honigbienen rund 80 Prozent aller heimischen Nutz- und viele Wildpflanzen und sichern so auch die Erträge der Landwirtschaft. Eine weitere Herausforderung in der Imkerei ist die Varroatose, ein Konglomerat verschiedener Viruserkrankungen. Diese werden hervorgerufen durch die Varroamilbe. Sie befällt die Bienen und muss von uns Imkern aktiv bekämpft werden. Die Klimaerwärmung wiederum zeigt Gewinner und Verlierer bei den Wildbienenarten, die überwiegend solitär leben. Eine gewaltige Gefahr für den Fortbestand all unserer Bienen ist die invasive Art der Asiatischen Hornisse.

Asiatische Hornisse bedroht auch die Landwirtschaft

Hornisse
Die gefährliche Asiatische Hornisse wurde vor neun Jahren in Deutschland erstmals in Waghäusel nachgewiesen. Inzwischen hat sie auch die Ortenau erreicht. Foto: Gerhard Turznik
Ist sie auch in der Ortenau auf dem Vormarsch?
Kafka
Ja, in unserem Landkreis ist sie fast überall festzustellen. Ich selbst hatte auch massiv mit ihr zu tun. Leider konnte ich das Nest, das in der Regel in hohen Bäumen angelegt wird, noch nicht finden. Eingewandert ist diese Art wohl vor rund zehn Jahren in Tonware aus dem asiatischen Raum; von Frankreich aus hat sie sich ausgebreitet. Mit unseren Europäischen Hornissen ist sie nicht vergleichbar, da sie ein ganz anderes Jagdverhalten hat, um ihren Eiweißbedarf für die Brut zu decken. Sie frisst überwiegend größere Insekten. Während die Europäische Hornisse nur gelegentlich an Bienenstände geht, fliegt die Asiatische Hornisse regelrecht Patrouille, um Honigbienen zu jagen. Sie dringt auch in die Bienenbeuten ein. Außerdem baut sie riesige Nester mit bis zu 5.000 Individuen; diese müssen von Experten in spezieller Schutzausrüstung samt Brille beseitigt werden, weil das Insekt in Nestnähe sehr aggressiv ist und sein Gift sogar in die Augen spritzt. Und: Asiatische Hornissen fliegen bis in den Dezember hinein.
Wer muss informiert werden, wenn man ein Nest findet?
Kafka
Die Obere Naturschutzbehörde beim Regierungspräsidium Freiburg. Diese ist auch für die Entfernung der Nester zuständig. Aus meiner Sicht wird das Thema aber bisher zu zögerlich gehandhabt. Vermutlich hat das mit den hohen Kosten zu tun, welche die professionelle Entfernung verursacht. Die Gefahr, die bereits jetzt von Asiatischen Hornissen ausgeht, wird meines Erachtens von den zuständigen Behörden immer noch unterschätzt. Das gilt auch für die Landwirte. Sie werden enorme Schäden davontragen, wenn es an Bestäubung durch die Honigbienen fehlt und die invasive Art Beerenobst und Äpfel ansticht – und somit auch für die Kirschessigfliege attraktiv macht. 
Zurück zu den Bienen: Kann die breite Bevölkerung etwas für ihren Fortbestand tun?
Kafka
Natürlich. Es ist wünschenswert, dass Gartenbesitzer heimische Blühpflanzen aussäen und permanentes Mulchen vermeiden. Über Blühinseln im Rasen freuen sich auch andere Insekten und viele Käferarten. Und Kommunen sollten mehr Grünflächen so belassen, wie sie sind, ohne sie permanent zu mähen oder zu mulchen. Da ist auch bei den Bürgern ein Umdenken erforderlich; viele fühlen sich ja schon von ein paar Halmen gestört. Insektenhotels beruhigen dagegen eher das eigene Gewissen: Sie erreichen im Grunde nur jene Wildbienenarten, die ohnehin keine großen Probleme haben. Es ist dennoch schön, den Flugbetrieb an den Insektenhotels zu beobachten und Kindern die Natur näherzubringen. Daran sollte aber ein Drahtschutz gegen Vogelfraß angebracht werden. 
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