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Kunstwerke aus dem Rathaus

Historische Glasmalereien aus Bühl sind bei Ebay wieder aufgetaucht

Die Stadt Bühl ist wieder im Besitz von vier historischen Glasmalereien aus dem Ratssaal. Bei Umbauarbeiten waren sie vor vier Jahren in einem Bauschuttcontainer gelandet. Ein Passant hatte sie dort entdeckt und jetzt auf Ebay verkauft.

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Im Stadtgeschichtlichen Institut präsentieren Michael Rumpf (links) und Rüdiger Schmitt die Glasmalereien, die jetzt wieder im Eigentum der Stadt sind. Foto: Lienhard

Es ist gerade noch mal gut gegangen. Viel hätte nicht gefehlt, und ein Teil des historischen Erbes der Stadt wäre für sie verloren gewesen. Dass es anders kam, verdankt die Stadt aufmerksamen und an der städtischen Geschichte interessierten Beobachtern und deren Verzicht, selbst zuzugreifen.

Die Rede ist von vier Bleiverglasungen aus dem historischen Bühler Rathaus. Gemeinsam mit zehn anderen solcher Fensterkunstwerke zierten sie über Jahrzehnte den alten Ratssaal. Dieser befand sich im ersten Obergeschoss des Rathauses I, dort wo heute das Vorzimmer von Oberbürgermeister und Bürgermeister liegt.

Die Bleivergasungen sind laut Michael Rumpf, dem Leiter des Stadtgeschichtlichen Instituts, 1934 eingesetzt worden, 14 an der Zahl. Als in den 1980er Jahren die Decke abgehängt wurde, seien zehn dieser Kunstwerke ausgebaut worden. Ihr Platz ist heute im Stadtmuseum in der Schwanenstraße.

Die vier verbliebenen Bleiverglasungen verschwanden hinter der Zwischendecke, „geschützt, aber nicht sichtbar“, so Rumpf, und deshalb waren sie auch bald vergessen. „Niemand ahnte was von ihnen.“ Die Frage, warum ausgerechnet diese vier Fenster nicht ausgebaut wurden, sei berechtigt, beantworten könne er sie aber nicht.

Bleiverglasungen landeten im Schuttcontainer und dann bei Ebay

Ans Licht kamen sie wieder, als das Rathaus vor vier Jahren grundlegend saniert wurde. Doch die historischen Stücke wurden aus nicht mehr nachvollziehbaren Gründen nicht gesichert, sondern landeten im Bauschuttcontainer. Dort entdeckte sie ein Passant und nahm sie an sich.

Jetzt wollte der Mann sich wieder davon trennen und stellte sie auf Ebay ein. Als die Zwischendecke abgenommen wurde, seien die Oberlichter hervorgekommen, „die in der Fassade nach vorne verbaut waren“, heißt es in der Verkaufsbeschreibung.

„Sicherlich ist dies noch auf alten Bildern des Rathauses zu erkennen. Die Bleiverglasungen sind von großem historischen Wert. Bei der Sanierung wurden die Fenster ausgebaut und sollten entsorgt werden. Ich habe die Bleiverglasungen aus der Abfallmulde gerettet und legal als Müll erworben und biete sie hiermit zum Verkauf an.“

Interessierte Bürger schlagen Alarm

Diese Anzeige fiel interessierten Bühlern auf, die es erst nicht glauben konnten, dass historisches Gut so gedankenlos wegkommen kann. Christian Klinger wies Mario Ibach, der auf Facebook eine „Historische Gruppe Bühl“ betreut und sich im Urlaub befand, auf die Versteigerung hin. Ibach alarmierte Rüdiger Schmitt vom Historischen Verein.

Und dann ging glücklicherweise alles sehr schnell. „Ich habe am Montag um 14.25 Uhr eine WhatsApp von Mario Ibach erhalten und fünf Minuten später Michael Rumpf angerufen“, sagt Schmitt.

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Blick in den alten Sitzungssaal. Im Hintergrund sind die Glasmalereien zu erkennen. Foto: Stadtgeschichtliches Institut Bühl Foto: None

Wie viel genau die Stadt bezahlt hat, bleibt offen

Rumpf klemmte sich sofort dahinter, rief den Anbieter aus dem Raum Rottweil an. Er gab größtes Interesse am Kauf zu Protokoll und bat ihn, die Fenster zurückzuhalten. Rumpf hatte Urlaub und einen Termin, weshalb er sich zunächst erst am nächsten Tag wieder melden wollte. Als der Termin vorbei war, habe er aber gleich wieder angerufen, weil er spürte, dass es drängte.

Tatsächlich habe der Anbieter ihm beim zweiten Gespräch gesagt, dass sich schon mehrere Interessenten gemeldet hätten, die auch einzelne Stücke erwerben wollten. „Die müssen zusammenbleiben“, meinte Rumpf und verhandelte den angegebenen Preis von 1.600 Euro „ein gutes Stück nach unten“.

Wie viel genau die Stadt am Ende für ihr früheres Eigentum bezahlte, mochte Rumpf nicht verraten. Weil er die Stücke erst am nächsten Montag hätte abholen können, bot der Verkäufer an, sie noch am selben Tag selbst zu bringen. „Prima, dann lege ich noch zwei Flaschen Sekt drauf“, sagte Rumpf.

Um 19.30 Uhr, fünf Stunden nach dem Anruf von Rüdiger Schmitt, waren die Bleiverglasungen im Stadtgeschichtlichen Institut. Der Verkäufer habe berichtet, dass er die Kunstwerke im Container habe liegen sehen und sich das Okay der Bauarbeiter geholt habe, sie mitzunehmen. Die Arbeiter hätten dafür noch ein Vesper erhalten. Diese Ausgabe dürfte sich gelohnt haben.

In Bühl herrscht Freude, „dass wir die Bleiverglasungen wieder haben“, sagte Rumpf. Sie werden gesäubert und kommen zunächst in Magazin. Vielleicht finden sie später einen Platz im Stadtmuseum.

Die Bleiverglasungen stammen aus der Offenburger Werkstätte für Glasmosaiken und Glasmalerei Ludwig Vollmer. Im Zuge der Renovierung des Rathaussaales beauftragte die Stadt die von Karl Vollmer geleitete Firma mit den Fenstern. Der Kunsthandwerker versprach im März 1934: „Mit Rücksicht auf den exponierten Platz, welche die Fenster nach Fertigstellung einnehmen werden, will ich schon für die Fertigung der Entwürfe besondere Mühe verwenden.“ Zunächst war an rund 15 „Fenster mit Glasmalereieinlagen“ gedacht, die die verschiedenen Bühler Zünfte symbolisieren sollten. Das änderte sich rasch: Vier Zünfte blieben übrig (Seiler, Hänfer, Stricker und Weber), dazu kamen Bühler und Kappelwindecker Ansichten und Szenen, außerdem Darstellungen historischer Persönlichkeiten wie König Ruprecht von der Pfalz und dem Türkenlouis. Zur Bestellung gehörten auch ein Fenster mit dem Bühler Wappen und eines mit „dem Symbol der nationalen Erhebung“, sprich: Hakenkreuz; Letzteres wurde nach dem Krieg rasch entfernt. Ebenfalls aus der Vollmerschen Werkstätte, aber wohl später, kamen Portraits von Heinrich Tucher, Aloys Schreiber, Alban Stolz und Karl Reinfried (diese sind heute im Treppenhaus des Rathauses I zu sehen). Karl Vollmer bat darum, „nicht auf allzu rasche Behandlung zu drängen“, schließlich sollte ein „Zeitdokument auf viele Jahre entstehen“. Ende Juli schickte er die Rechnung über 895,14 Reichsmark für 14 Fenster. Nicht verwirklicht wurde die Anregung (die möglicherweise von Vollmer kam), in einer der geplanten Glasmalereien auch die Namen von Bürgermeister Philipp Ewald und Stadtbaumeister Richard Klaiber anzubringen. Das war den beiden zu viel der Ehre, wie Klaiber an Vollmer schrieb: „Wir wollen im Rathaussaal nicht verewigt sein.“

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